DSW-Dividendenuntersuchung 2006

Um insgesamt gut 39 Prozent haben die 950 analysierten Gesellschaften die Gewinnausschüttung an ihre Anteilseigner nach oben geschraubt. Das bedeutet gegenüber den Zahlungen für das Geschäftsjahr 2004 ein Plus von immerhin rund acht Milliarden Euro. Im DAX30 hoben 26 Aktiengesellschaften die Dividende an. Senken musste keines der großen Unternehmen seine Gewinnausschüttung.

Teilnehmer:

Herr Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer

Herr Herbert Hansen, DSW-Dividendenexperte

Herr Jürgen Kurz, Pressesprecher

Es gilt das gesprochene Wort

Für private Anleger, die sich für den Kauf von Aktien als Geldanlage entschieden haben, ist die Zahlung einer dem Gewinn des jeweiligen Unternehmens angemessenen Dividende von großer Bedeutung. Schließlich stellt die Gewinnausschüttung einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Rendite des jeweiligen Papiers dar. Dass diese Erkenntnis sich mittlerweile wieder breiter Zustimmung erfreut, hat unter anderem die Einführung des so genannten „DivDAX“ im vergangenen Jahr durch die Deutsche Börse AG gezeigt.

Grund genug für uns, wie schon in den letzten Jahren, auch in diesem Jahr die Dividendenzahlungen der deutschen Aktiengesellschaften genau unter die Lupe zu nehmen. Und in absoluten Zahlen klingen die Ergebnisse durchaus beeindruckend. Um insgesamt gut 39 Prozent haben die 950 analysierten Gesellschaften die Gewinnausschüttung an ihre Anteilseigner nach oben geschraubt. Das bedeutet gegenüber den Zahlungen für das Geschäftsjahr 2004 ein Plus von immerhin rund acht Milliarden Euro. Im DAX30 hoben 26 Aktiengesellschaften die Dividende an. Senken musste keines der großen Unternehmen seine Gewinnausschüttung. Für Infineon wäre das allerdings auch nicht möglich gewesen. Der Chiphersteller blieb, wie schon im vergangenen Jahr, seinen Anteilseignern eine Dividende erneut schuldig.

Was uns weniger freut ist die Tatsache, dass die Steigerung der Dividendenzahlungen mit den Zuwächsen bei den Gewinnen wieder nicht mithalten konnte. Im Klartext: Statt sich der – aus unserer Sicht gebotenen – Ausschüttungsquote von 50 Prozent des Gewinns zu nähern, entfernen sich die Unternehmen davon. Gaben die 30 DAX-Gesellschaften im letzten Jahr 38 Prozent des erwirtschafteten Gewinns an ihre Anteilseigner weiter, sank die Quote in diesem Jahr, trotz der absoluten Steigerung, auf 37 Prozent.

Gerade einmal sieben der Unternehmen schütteten 50 Prozent oder mehr aus. Spitzenreiter mit 67 Prozent ist der Handelskonzern Metro. Dicht gefolgt von EON, die 65 Prozent an ihre Anteilseigner auskehrten. Immerhin noch 54 Prozent gaben DaimlerChrysler und die Deutsche Telekom weiter. 53 Prozent bekamen die Siemens-Aktionäre, 51 Prozent diejenigen der Lufthansa und 50 Prozent die Investoren, die Aktien der Deutsche Börse AG im Depot haben.

Mit Abstand den höchsten absoluten Betrag schüttete, auch aufgrund einer Sonderausschüttung, der Energiekonzern EON aus. 4,8 Milliarden Euro flossen an die Anteilseigner des Energiekonzerns. Immerhin noch gut 3 Milliarden Euro zahlte die Deutsche Telekom. Dieser Betrag muss, mit Blick auf den mehr als mäßigen Kursverlauf, aber wohl eher als Schmerzensgeld bezeichnet werden.

Vier Gesellschaften gaben nicht einmal 20 Prozent des erwirtschafteten Gewinns an ihre Aktionäre weiter. Mit einer Quote von gerade einmal 14 Prozent mussten sich die Anteilseigner des Sportartikelherstellers Adidas zufrieden geben. Im letzten Jahr wurden noch 18 Prozent an die Investoren ausgekehrt. Wenig besser sah es beim Reifenhersteller Continental aus. Wie schon im Vorjahr flossen wieder magere 16 Prozent des Gewinns an die Aktionäre. Von 18 Prozent konnte die Allianz AG sich trennen. Im Vorjahr hatte der Versicherungskonzern noch 30 Prozent des Gewinns ausgeschüttet. 19 Prozent waren es bei BMW.

Neben der geringen Ausschüttungsquote macht uns auch die viel zu große Zahl an Unternehmen Sorge, die keine Dividende ausschütten. Immerhin 60 Prozent der in Deutschland börsennotierten Gesellschaften bleiben ihren Anteilseignern eine Ausschüttung schuldig. Besonders betroffen sind hiervon kleinere Unternehmen. Hier haben die Anteilseigner oft nur das Kapitalrisiko, ohne dafür eine entsprechende Risikoprämie in Form einer Dividende zu erhalten. Hinzu kommt, dass gerade im General Standard nur mindere Transparenzregeln gelten. Die Anteilseigner haben also nicht einmal die Chance, die Entwicklung ihrer Gesellschaft anhand von Quartalsberichten zu verfolgen. Von Medienberichten ganz zu schweigen.

Die hohe Anzahl dividendenloser Gesellschaften der letzten Jahre ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sich unter den Neuemissionen zahlreiche Unternehmen befanden, die nicht annähernd reif für die Börse waren. Nicht selten kamen Gesellschaften auf das Parkett, deren Geschäftsideen mehr schlecht als recht funktionierten. Für die Anleger heißt es in solchen Fällen, dass sie nicht nur auf eine Dividende verzichten müssen, sondern dass zusätzlich auch noch hohe Kursverluste hinzunehmen sind.

Nun aber zur ausführlichen Analyse der für das Geschäftsjahr 2005 an die Aktionäre überwiesenen Dividendenzahlungen. Hierzu übergebe ich das Wort an Herrn Hansen, der diese Untersuchung durchgeführt hat.

 

Bis Mitte Mai 2006 konnten die Dividendenbeschlüsse bzw. die Dividendenankündigungen von 950 Gesellschaften mit einem Grundkapital von 74,2 Milliarden Euro ausgewertet werden. Je Stückaktie im rechnerischen Nennwert von 1 Euro stieg die Durchschnittsdividende einschließlich der dividendenlosen Aktien seit 1978 von umgerechnet 0,0975 Euro bis zum Jahr 2005 auf 0,3985 Euro um mehr als das Vierfache. Werden nur die Ergebnisse der Dividenden zahlenden Gesellschaften berücksichtigt, erhöhte die Durchschnittsdividende sich von 0,1105 Euro (1978) auf 0,5076 Euro je Stückaktie. Das entspricht einer Steigerung um mehr als das Viereinhalbfache.

Insgesamt schütteten die analysierten Gesellschaften für das Geschäftsjahr 2004/05 bzw. 2005 rund 29,6 Milliarden Euro (Vorjahr 21,2 Milliarden Euro) Dividenden an ihre Aktionäre aus. Die Gewinnausschüttung stieg damit gegenüber dem Vorjahr um 39 Prozent an.

Bei der Gewinnausschüttung besteht zwischen den einzelnen Börsensegmenten ein sehr deutliches Gefälle. Eine herausragende Position nehmen nach wie vor die 30 DAX-Gesellschaften ein. So entfielen im Geschäftsjahr 2005 vom Grundkapital der erfassten 950 Aktiengesellschaften 52 Prozent und von der Dividendensumme sogar 77 Prozent auf die 30 größten Unternehmen.

Über 22,8 Milliarden Euro konnten die Investoren der deutschen Blue-Chips sich freuen. Mit Infineon blieb nur ein Unternehmen aus diesem Börsensegment ihren Anteilseignern die Dividende schuldig. Die sechs größten Dividendenzahler (BASF, DaimlerChrysler, Deutsche Bank, Deutsche Telekom, E.ON und Siemens) schütteten zusammen 13 Milliarden Euro aus. Das entspricht einem Anteil von immerhin 44 Prozent an den Gewinnausschüttungen aller 950 AGs. Erst mit großem Abstand folgen die 50 MDAX-Gesellschaften, die immerhin noch 2,9 Milliarden Euro an ihre Aktionäre weiterreichten.

Insgesamt 89 Prozent oder 26,4 Milliarden Euro der gesamten Dividendensumme flossen an die Anteilseigner der 160 in den vier DAX-Segmenten notierten Gesellschaften.

Doch nicht nur zwischen den einzelnen Börsensegmenten ist das Dividendenaufkommen sehr ungleich verteilt. Auch regional gibt es große Unterschiede. Um dies zu verdeutlichen, haben wir eine Aufgliederung nach den Regionen Nord (Schleswig-Holstein, Bremen, Niedersachsen), Ost (Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg), West (Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland) sowie Süd (Hessen. Baden-Württemberg und Bayern) vorgenommen.

Die Sonderzahlung der E.ON sowie die Dividendenerhöhungen bei den Gesellschaften RWE, Deutsche Telekom, Deutsche Post und anderen westdeutschen Unternehmen führten hier zu einer Verschiebung der Gewichte. 54 Prozent der Gewinnausschüttungen steuerten die westdeutschen Unternehmen für das Geschäftsjahr 2005 bei. Im Süden, der im letzten Jahr noch deutlich vorne lag, gab es zwar auch Dividendenerhöhungen, allerdings fielen diese geringer aus. Noch 39 Prozent der Dividendensumme kommt aus den südlichen Bundesländern. Im Norden und Osten Deutschlands ist das Gewicht der börsennotierten Unternehmen wesentlich geringer als in Westen und Süden der Republik. Gerade vier DAX-Gesellschaften haben dort zurzeit ihren Sitz.

Die erfreuliche Steigerung der Gewinnausschüttungen und der Durchschnittsrendite kann jedoch eine erhebliche Schwachstelle nicht verdecken: So blieben in den Geschäftsjahren 2003, 2004 und 2005 jeweils rund 60 Prozent der erfassten Unternehmen dividendenlos. In früheren Jahren lag der Anteil der dividendenlosen Gesellschaften mit rund 25 Prozent wesentlich niedriger. Wenn mehr als die Hälfte der Aktiengesellschaften ihre Anteilseigner nicht mit einer Dividenden bedienen, muss das als ein Alarmzeichen für einen großen Teil der Unternehmen gesehen werden. Zumal bei den Dividendenzahlern die Ausschüttungsquote, also der Anteil der jeweiligen Dividendensumme am Jahresüberschuss, eine rückläufige Tendenz aufweist.

Dividendentabelle.pdf