Erstattung ausländischer Quellensteuer

Die Dividende hat in den letzten Jahren eine echte Renaissance erlebt. Anleger, deren besonderes Interesse dividendenstarken Unternehmen gilt, kommen dabei nicht um einen Blick über die Landesgrenzen herum. Für echte Dividendenjäger lohnt der Kauf ausländischer Aktien insbesondere dann, wenn die steuerliche Seite berücksichtigt wird.

Teilnehmer:

Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer

Christiane Hölz, DSW-Anwältin

Jürgen Kurz, Pressesprecher

 

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Die Dividende hat in den letzten Jahren eine echte Renaissance erlebt. Der Kurseinbruch des Neuen Marktes war für die Anleger das klare Signal, dass Unternehmen nur dann eine Chance auf eine dauerhaft gute Aktienperformance haben, wenn die Gewinnentwicklung mithalten kann. Bei einer Hausse im luftleeren Raum ist der Absturz vorprogrammiert.

Diese Rückbesinnung auf die Gewinnausschüttung ist vernünftig. Stellt die Dividende doch neben der Kursperformance einen wichtigen Bestandteil der Geldanlage in Aktien dar. Die Anteilseigner haben das Recht, für ihr risikobehaftetes Engagement mit einem angemessenen Anteil des Unternehmensgewinns belohnt zu werden. Angemessen ist grundsätzlich eine Ausschüttung in Höhe von 50 Prozent des Gewinns. In diesem Punkt spricht das Aktiengesetz eine klare Sprache. In Paragraph 58 heißt es dazu, dass die Hauptversammlung „über 50 Prozent des operativen Gewinns“ entscheiden soll.

Trotzdem liegt bei den 30 im DAX notierten Gesellschaften die Ausschüttungsquote für das Geschäftsjahr 2005 gerade mal bei durchschnittlich 37 Prozent. Nur sieben DAXUnternehmen schütten 50 Prozent oder mehr ihres Gewinns an ihre Anteilseigner aus. Besonders knauserig mit seinem Geld ist der Sportartikelhersteller Adidas. Nur 14 Prozent des Gewinns fließen an die Aktionäre der Herzogenauracher. Mit 16 Prozent steht die Commerzbank nicht viel besser da. Die Allianz-Aktionäre werden auch nicht gerade verwöhnt. Sie müssen sich mit einem Anteil von 18 Prozent an dem Gewinn des Versicherungskonzerns zufrieden geben. Dass es auch anders geht zeigen Gesellschaften wie Metro oder EON. Mit Ausschüttungsquoten von 67 Prozent beziehungsweise 65 Prozent belegen der Handelskonzern und das Energieunternehmen die ersten beiden Plätze im DAX.

Erfreulicher ist da schon die Entwicklung in absoluten Zahlen. Aufgrund der im Geschäftsjahr 2005 stark gestiegenen Gewinne gibt es auch bei den Dividenden einen deutlichen Sprung nach oben. Rund 26 Milliarden Euro werden an die Anteilseigner deutscher Aktiengesellschaften fließen. Allein 22 Milliarden Euro überweisen die DAX30-Gesellschaften ihren Eigentümern. Im vergangenen Jahr waren es noch 15 Milliarden Euro. Etwas verzerrt wird das Bild durch eine Sonderdividende des Energiekonzerns EON in Höhe von etwa 4 Milliarden Euro.

Doch trotz der positiven Entwicklung in Deutschland kommen Anleger, deren besonderes Interesse dividendenstarken Unternehmen gilt, nicht um einen Blick über die Landesgrenzen herum. Schließlich liegen die Dividendenrenditen im Ausland meist noch deutlich über denen hierzulande.

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Dividendenrenditen in Prozent
Großbritannien (FTSE 100)3,5
Italien (MIB 30)3,29
Niederlande (AEX)3,12
Spanien (Ibex)2,69
Frankreich (CAC 40)2,04
Deutschland (DAX 30)1,95
USA (S&P 500)1,73
Schweiz (SMI)1,59
Japan (Nikkei 225)0,83

Für echte Dividendenjäger lohnt der Kauf ausländischer Aktien aber nur dann, wenn die steuerliche Seite berücksichtigt wird. Kein Wunder, schließlich ist es in der Regel schon kompliziert genug, wenn nur eine Finanzverwaltung beteiligt ist. Bei Gewinnausschüttungen von Gesellschaften mit Sitz im Ausland sind es in vielen Fällen aber gleich zwei dieser Behörden.

Zunächst behält der Fiskus des jeweiligen Heimatlandes einen Teil der Dividende direkt als Quellensteuer ein. Nur der mehr oder weniger kümmerliche Rest wird an die ausländischen Investoren überwiesen. Daran ändert übrigens auch ein in Deutschland gestellter Freistellungsauftrag nichts.

Für deutsche Anleger ist diese Praxis alles andere als erfreulich, muss doch hierzulande die Gewinnausschüttung nochmals versteuert werden. Hier gilt dann das so genannte „Halbeinkünfteverfahren“. Danach muss die Hälfte der Dividende mit dem persönlichen Steuersatz versteuert werden. Mit dieser Regelung soll die in Deutschland übliche Doppelbesteuerung der Gewinne von Aktiengesellschaften etwas gemildert werden.

Handelt es sich um Dividenden ausländischer Gesellschaften, wird allerdings nicht berücksichtigt, dass ein Teil der Gewinnausschüttung erst gar nicht beim deutschen Aktionär angelangt ist, sondern direkt im Staatssäckel des Landes verschwunden ist, in dem die jeweilige AG ihren Heimatsitz hat. In der Konsequenz greift die deutsche Finanzverwaltung damit also auf Geld zu, das bereits in ausländischen Staatskassen versickert ist.

Im Gegensatz zur doppelten Besteuerung der Gewinne deutscher AGs – einmal greift der Fiskus auf Unternehmensebene, einmal auf Aktionärsebene zu – haben die Anleger bei der Doppelbesteuerung von Dividenden ausländischer Gesellschaften die Möglichkeit, zuviel gezahltes Geld wieder zurückzuholen. Das ist allerdings oft schwierig und langwierig. Daran ändern auch die so genannten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nichts, die Deutschland mit nahezu allen wichtigen Staaten abgeschlossen hat. Diese bilateralen Verträge sollen zwar verhindern, dass ein Steuerbürger für die gleiche Einnahme von mehreren Ländern zur Kasse gebeten wird. Bei den Dividenden klappt das offenbar aber nicht wirklich reibungslos.

Keine Schwierigkeiten gibt es, wenn die erhobene Quellensteuer und der laut DBA auf die deutsche Einkommensteuer anrechenbare Teil gleich hoch sind. So ist es beispielsweise in Spanien. 15 Prozent behält der spanische Staat ein. 15 Prozent sind bei der deutschen Einkommensteuer zu berücksichtigen. Ein aufwändiger Antrag auf Rückerstattung direkt bei der spanischen Finanzverwaltung entfällt damit. Leider halten sich aber die wenigsten Länder an die in den Abkommen vereinbarte Schwelle von 15 Prozent. Die Regel ist vielmehr, dass die Quellensteuer deutlich höher ausfällt. Die einbehaltenen Sätze sind dabei sehr unterschiedlich. Die Schweizer Eidgenossen kassieren 35 Prozent, die Schweden behalten 30 Prozent der Ausschüttung, die Italiener 27 Prozent. 

Für die Anleger bedeutet das, dass sie sich direkt an die Finanzverwaltung der jeweiligen Staaten wenden müssen, um den Teil erstattet zu bekommen, der über die 15 Prozent hinausgeht. Genau hier liegt das Problem. Jedes Land geht mit dem Thema anders um. Während einige sich dabei als sehr anlegerfreundlich und unkompliziert zeigen, werfen andere den betroffenen Aktionären auf ihrem Weg zum Geld so viele Knüppel zwischen die Beine wie möglich. Der Gedanke, dass das Methode sein könnte, liegt nahe. Bleibt doch alles, was nicht erstattet werden muss, im eigenen Staatssäckel.

Die DSW fordert in diesem Zusammenhang die Bundesregierung auf, auf europäischer Ebene aktiv zu werden. Ziel muss es sein, dass die Verfahren für die Quellensteuererstattung vereinheitlicht und deutlich vereinfacht werden. Es kann schließlich nicht sein, dass die hohen bürokratischen Hürden einiger Staaten es deutschen Anlegern fast unmöglich machen, ihnen rechtmäßig zustehendes Geld wieder zurück zu bekommen.

Lag der Anteil ausländischer Aktien am Gesamtumsatz der deutschen Börsen in den 90er Jahre noch bei gut 5 Prozent, stellen solche Werte heute einen Anteil von über 10 Prozent des Umsatzes dar. Tendenz weiter steigend. Die Depots deutscher Anleger werden also internationaler. Viele private Investoren sind sich beim Kauf von Aktien ausländischer Unternehmen der steuerlichen Problematik allerdings nicht bewusst. Das zumindest lässt sich aus der großen Anzahl von DSW-Mitgliedern schließen, die uns wegen der auftretenden Probleme bei der Rückforderung zuviel gezahlter Steuern auf Dividenden ausländischer Gesellschaften um Unterstützung bitten. Die Privatanleger gehen davon aus, dass Doppelbesteuerungsabkommen zuverlässig verhindern, dass sie mehrfach zur Kasse gebeten werden. Erst die Praxis zeigt dann, dass genau das in vielen Fällen nicht reibungslos funktioniert. Und nur die Anleger, die selber aktiv werden, tatsächlich in den Genuss der vollen Dividende kommen.

 Beispielrechnung anhand der Dividendenzahlung eines niederländischen Unternehmens:

 

Dividendenhöhe:10.000 Euro
Quellensteuer (25%):-2.500 Euro
ausgezahlte Dividende:7.500 Euro
steuerliche Behandlung in Deutschland:
Dividendenhöhe:10.000 Euro
zu versteuern*:5.000 Euro
Steuerbelastung**:2.500 Euro
Ergebnis (7.500 Euro-2.500 Euro):5.000 Euro
anrechenbar auf ESt***:1.500 Euro
Ergebnis:6.500 Euro
Erstattung aus dem Ausland:1.000 Euro
Ergebnis:7.500 Euro

* nach Halbeinkünfteverfahren

** angenommener Steuersatz von 50% (in Einzelfällen kann ein Abzug als Werbungskosten die günstigere Variante sein)

*** 15% nach DBA 

Dabei gibt es durchaus eine ganze Reihe von Staaten, bei denen die Rückforderung sehr einfach und unkompliziert funktioniert. Also genau im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen.

Besonders hervorzuheben sind hierbei die Niederlande, die Schweiz und Finnland. In diesen Ländern sind die notwendigen Erstattungsformulare einfach zu bekommen und klar formuliert. Das Ausfüllen macht in der Regel keine großen Probleme. Die Bearbeitung durch die jeweilige Finanzverwaltung erfolgt, genau wie die Erstattung selbst, prompt und ohne unnötigen Aufschub. In der Regel haben die Anleger ihr Geld innerhalb weniger Monate auf dem Konto.

In Finnland reicht sogar die Einsendung eines formlosen Antrages für die Erstattung aus. Das ist allerdings wohl nur für die Anleger eine sinnvolle Variante, die der finnischen Sprache mächtig sind.

Leider funktioniert es nicht mit allen Staaten so reibungslos.

So ist das italienische Erstattungsformular unübersichtlich und sehr kompliziert. Wenn die Ausfüll-Probleme erfolgreich gelöst sind, heißt das aber nicht, dass auch Geld fließt. Stattdessen müssen betroffene Anleger sich lange in Geduld üben. DSW-Mitglieder haben bis zu sieben Jahren auf die Erstattung ihres Geldes gewartet. Ein schöner zinsloser Kredit für den italienischen Finanzminister.

Besonders erfinderischer zeigt sich Frankreich, wenn es darum geht, möglichst wenig der einmal ergatterten Steuern wieder zurückzahlen zu müssen. Der Kniff ist einfach und effektiv. Die Finanzverwaltung unseres Nachbarlandes akzeptiert einfach nur Anträge, die von einer Depotbank kommen. Keine Chance auf Geld aus Paris hat, wer die hohen Bankgebühren sparen will und selber zum Stift greift. Solche Anträge werden unbearbeitet zurückgeschickt. Meist allerdings erst nach mehreren Monaten.

Für die Anleger hat das zur Folge, dass nur die Aktionäre in den Genuss einer Erstattungkommen, die bereit sind, vorher tief in die Tasche zu greifen. Die Banken verlangen für die einfache Versendung von Erstattungsanträgen für ausländische Quellensteuern Gebühren zwischen 50 und 100 Euro je Antrag. Zur Ehrenrettung der Kreditinstitute sei gesagt, dass 50 Euro allein an Clearstream fließen. Wenn der Antrag dort verspätet ankommt, werden sogar 500 Euro fällig.

Ein Sonderfall ist die USA. Den Aktionären von Dividende zahlenden US-Gesellschaften, die nicht im Vorfeld der Gewinnausschüttung einen Antrag auf Ermäßigung der Quellensteuer gestellt haben, wird vom US-Fiskus pauschal 30 Prozent der Ausschüttung abgezogen. Ein formelles Erstattungsverfahren, wie es bei den anderen Ländern in der Regel üblich ist, ist von der US-Verwaltung erst gar nicht vorgesehen. Hier werden stärkere Geschütze aufgefahren: Wer sich die 15 Prozent, die das amerikanische Finanzministerium ihm laut Doppelbesteuerungsabkommen eigentlich schuldet, zurückholen will, muss eine Steuererklärung für „beschränkt Steuerpflichtige“ abgeben. Die für Privatanleger unangenehme Folge ist, dass die Erstattung der zuviel gezahlten Quellensteuer nur ein Jahr rückwirkend geltend gemacht werden kann. Und nicht, wie bei den Staaten, die mit Erstattungsverfahren arbeiten, mehrere Jahre rückwirkend.

Wir haben die vielen Anfragen von DSW-Mitgliedern zum Anlass genommen, auf unserer Internet-Seite ein ausführliches Informationscenter zum Thema Quellensteuererstattung einzurichten. Hier finden Privatanleger die wichtigsten Informationen rund um die Quellensteuer. Zudem können auf unserer Internetseite die notwendigen Erstattungsformulare für die wichtigsten Staaten kostenlos herunter geladen oder bestellt werden.

Damit haben die Anleger erstmals eine zentrale Anlaufstelle, wenn es um die Erstattung ausländischer Quellensteuern geht. Die langwierige Suche auf den Seiten der jeweiligen Finanzministerien entfällt. Die DSW bietet damit den Privatanlegern einen in Deutschland bisher einmaligen Service.

Zusätzlich zu den Informationen und Erstattungsformularen haben wir für die meisten Länder Leitfäden entwickelt, die das Ausfüllen der Anträge deutlich erleichtert. In wirklich komplizierten Fällen kann ein kompletter Erstattungsservice genutzt werden.

Wichtig dabei ist, dass die Ansprüche – bis auf den Sonderfall USA – mehrere Jahre rückwirkend geltend gemacht werden können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.