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DSW zieht Bilanz der Lehman-Pleite
Knapp ein Jahr nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers zieht die DSW Bilanz ihrer Hilfe für die Geschädigten: 6000 Menschen haben sich gemeldet, 800 Einzelfälle hat die DSW geprüft. Fazit: In der Mehrheit der Fälle haben Anleger eine Chance, wegen fehlerhafter Beratung Schadensersatz geltend machen zu können.
Teilnehmer:
Carsten Heise, DSW-Geschäftsführer
Herbert Krumscheid, Meilicke Hoffmann & Partner
Sascha Borowski, Meilicke Hoffmann & Partner
Marco Cabras, DSW-Pressesprecher
Es gilt das gesprochene Wort
(Redner: Carsten Heise)
Meine Damen und Herren,
„Die meisten unserer Produkte sind auf Wunsch unserer Kunden entstanden, um Risiken abzusichern“ – mit diesen Worten wehrte sich Richard Fuld, der CEO der US-Investmentbank Lehman Brothers im August 2007 gegen aufkommende Vorwürfe, dass sein Haus besonders aggressiv mit faulen Krediten gehandelt hat. Nur etwas mehr als zwölf Monate später musste Lehman Brothers Gläubigerschutz beantragen und löste dadurch ein Erdbeben an den globalen Kapitalmärkten aus.
Die Gesamthöhe des Schadens, den die Schockwellen der Pleite ausgelöst haben, lässt sich kaum ermitteln. Die verheerende Wirkung, die diese Pleite in den Depots deutscher Zertifikatebesitzer angerichtet hat, dagegen schon: Bis zu 50.000 Anleger haben auf einen Schlag ihren kompletten Einsatz verloren – mindestens einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Die fast 200 Lehman-Zertifikate, die von der Niederländischen Tochter Lehman Brothers Treasury begeben wurden, sind wertlos.
Schon am Tag der Insolvenz hat die DSW vor einer Schockwelle diesen Ausmaßes gewarnt und allen Betroffenen Hilfe angeboten. Dieses Angebot nahmen in den folgenden Wochen und Monaten fast 6.000 Privatanleger an. Die DSW versorgte sie mit unabhängigen Informationen über den Fortgang des Verfahrens und ihre Möglichkeiten, den erlittenen Schaden geltend zu machen.
Dabei haben wir stets eine dreistufige Eskalationsstrategie empfohlen, zunächst das Gespräch mit der Bank, in einem zweiten Schritt den Gang zum Ombudsmann. Und erst am Ende, wenn weder die direkte Ansprache der Bank noch die Vermittlung durch den Ombudsmann fruchten sollten, haben wir zu einer Klage geraten – immer vorausgesetzt, dass der Anleger gute Argumente auf seiner Seite hat.
Diese herauszufinden, war allerdings eine sehr mühsame Kleinarbeit. Einerseits war die Qualität der Bankberatung und damit auch der vorhandenen Unterlagen jedesmal unterschiedlich. Andererseits differierten auch die Eckdaten jedes betroffenen Anlegers. Mit anderen Worten: Jeder Fall musste für sich genommen betrachtet und geprüft werden.
Für unsere Mitglieder haben wir diesen Service kostenlos angeboten: Insgesamt haben wir mit großer Unterstützung der Fachanwälte der Kanzlei Meilicke Hoffmann & Partner knapp 800 Einzelfälle geprüft und den Betroffenen konkrete Empfehlungen zukommen lassen.
Wie arg und deutlich die Fälle Beratungsfehler zeigen und welche schlimmen Schicksale für die Betroffenen sich daraus ergeben, werden Ihnen die Kollegen Borowski und Krumscheid gleich an ganz konkreten Beispiel deutlich machen. Sie werden Ihnen auch ein statistisches Fazit der Fälle insgesamt geben.
Abschließend wollen wir dann noch einen Blick nach vorn werfen. Denn der Fall Lehman hat ja noch eine zweite Komponente für die Betroffenen – nämlich eine mögliche Forderungsquote in den Insolvenzverfahren in den USA und den Niederlanden. Hier sind bisher die Informationen nur sehr spärlich geflossen. Doch langsam konkretisieren sich Art, Form und Zeitraum, in denen die Gläubiger ihre Forderungen anmelden können. Auch dabei wird die DSW allen Betroffenen Hilfestellung leisten. Doch dazu am Ende mehr.
Zuvor möchte ich noch kurz auf die rechtliche Großwetterlage im Fall Lehman eingehen:
Die juristische Aufarbeitung der Causa Lehman hat begonnen – jedenfalls was die Frage einer möglichen Beratungshaftung durch Banken angeht. Mittlerweile liegen Urteile der Landgerichte Frankfurt am Main, Hamburg und Potsdam vor, die sich alle auf Lehman-Papiere bezogen haben und für die Anleger positiv ausgegangen sind.
Über allem schwebt natürlich der Bundesgerichtshof (BGH), der den Klägern in Prozessen wegen fehlerhafter Wertpapierdienstleistung ein gewichtiges Zusatzargument geliefert hat. In mittlerweile vier Entscheidungen, beginnend im Jahre 2000, hat der BGH klargestellt, dass Finanzdienstleister ihre Kunden darüber informieren müssen, dass und in welcher Höhe sie von einem Dritten für den Vertrieb der jeweiligen Anlageprodukte eine finanzielle Zuwendung erhalten. Diese „Kick-Back“-Rechtsprechung hat der BGH mit der Zeit auf die unterschiedlichen Produktkategorien ausgerollt.
Dabei geht es im Ergebnis immer um das Gleiche: Die Kunden sollen erkennen können, ob ihre Bank oder ihr Finanzdienstleister ein wirtschaftliches Eigeninteresse am Zustandekommen einer bestimmten Anlage haben. Nur dann können sie beurteilen, ob eine konkrete Anlageempfehlung tatsächlich nur im Kundeninteresse erfolgt oder eben auch provisionsmotiviert ist.
Wird gegen diese Verpflichtung, die im übrigen zum ersten Mal in der so genannten Wohlverhaltensrichtlinie der deutschen Finanzaufsicht BAFin aus dem Jahre 1997 (damals noch BAWe) enthalten war, verstoßen, kann der Kunde sich von der Anlage lösen oder eine negative Wertentwicklung als Schadenersatz verlangen.
Erfreulich für die Anleger ist in diesem Zusammenhang, dass für solche Ansprüche § 37 a WpHG nicht gilt, die Ansprüche also nicht bereits innerhalb von drei Jahren seit dem Kauf verjähren, wenn die Bank die Kick Backs bewusst und gewollt (also vorsätzlich) verschwiegen hat.
Insgesamt also eine durchaus erfreuliche Großwetterlage für Anleger, die ihre Bank verklagen müssen. Aber auch kein Anlass, solche Klagen als Selbstläufer zu betrachten. Vielmehr sind immer die Umstände des Einzelfalls zu bewerten und jeder Fall ist anders.
Wie Sie sich vorstellen können, sind wir unmittelbar nach Bekanntwerden der Lehman-Insolvenz von Tausenden von Anfragen überschüttet worden. Zirka 800 DSW-Mitglieder haben uns gebeten, mögliche Ersatzansprüche gegenüber ihrer jeweiligen Bank individuell rechtlich zu überprüfen. In dieser Situation haben wir die Kollegen der Kanzlei Meilicke Hoffmann und Partner aus Bonn um Mithilfe gebeten, da wir mit unserem eigenen Juristenteam an unser Kapazitätslimit gelangt sind. Und das ist der Grund, warum wir hier und heute zusammensitzen und Ihnen die bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse in Sachen Lehman gemeinsam präsentieren.
Ich darf nun meine Kollegen Krumscheid und Borowski bitten, Sie ein wenig näher mit der Analyse der 800 Einzelfälle und deren Besonderheiten bekannt zu haben. Am Ende werde ich dann noch kurz auf das Insolvenzverfahren der Lehman-Mutter in den USA und der Tochter in den Niederlanden eingehen.
Vorträge über die Auswirkungen der „Lehman-Urteile“, Fallbeispiele aus den 800 geprüften Fällen von DSW-Mitgliedern und Ausblick auf Insolvenzverfahren erfolgen mündlich.