- Startseite
- Presse
- Archiv Pressekonferenzen
- Pressekonferenzen 2010
- DSW-FOMdips-Studie:...
DSW-FOMdips: Dividendenstudie 2010
Der Stellenwert der Dividende ist heute größer denn je – bei Unternehmen wie auch bei Anteilseignern. Grund genug für die DSW, genau zu untersuchen, wie es in der Praxis um die Dividendenpolitik deutscher Unternehmen bestellt ist.
Teilnehmer:
Prof. Dr. Eric Frère, Direktor FOMdips
Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der DSW
Marco Cabras, Pressesprecher der DSW
Es gilt das gesprochene Wort
(Redner: Ulrich Hocker)
Meine Damen und Herren,das Jahr zwei nach dem Ausbruch der Finanzkrise geht langsam zu Ende. Und man sollte eigentlich meinen, dass die größten Schockwellen inzwischen überstanden sein müssten. Doch von einer nachhaltigen Beruhigung der Märkte oder gar einem langsamen Übergang zum normalen Alltag kann bedauerlicherweise überhaupt nicht die Rede sein.
Stattdessen sorgen die Schlagzeilen der vergangenen Wochen dafür, dass vor allem private Investoren erneut in Unruhe versetzt werden. Man hat das mulmige Gefühl, kurz vor dem nächsten Finanzgau zu stehen.
Eurokrise, Überschuldung oder Inflationsszenarien – solche Horror-Begriffe, die wir momentan täglich lesen können, machen den Menschen Angst. Angst vor allem davor, dass sie ihre Ersparnisse ohne eigenes Verschulden verlieren könnten.
Selten zuvor war der Drang nach Sicherheit, nach dem so genannten „Safe Harbour“ so ausgeprägt wie im Moment. Ablesbar ist das unter anderem am enormen und anhaltenden Run auf die so genannten „Bundesschätzchen“ und auf die Tagesgeldanleihen des Bundes. Und obwohl Bundeswertpapiere mit sieben Jahren Laufzeit insgesamt nur magere 1,88 Prozent Rendite abwerfen und die Tagesgeldanleihe sogar nur ein mickriges halbes Prozent, ist die Nachfrage so groß, dass Sparer auf die Zuteilung teilweise länger warten mussten.
Ähnlich verhält es sich beim Gold. Das Edelmetall ist momentan wieder in aller Munde. Die Preise klettern auf immer neue Rekordstände. 1200 Dollar für eine Feinunze sind inzwischen aufgerufen. Keine Frage: Gold ist mit Blick auf mögliche Inflationsszenarien und als klassische Krisenwährung sicher eine bewährte Wahl. Aber die allein-wirksame Krisenarznei ist das Edelmetall eben doch nicht. Auch deshalb, weil die Risiken steigen. Denn die enormen Kurssteigerungen beim Gold haben nur noch wenig mit der natürlichen Knappheit des Rohstoffes und einer steigenden industriellen Nachfrage zu tun. Die Hausse ist zu großen Teilen auf die oben beschriebenen schutzsuchenden Anleger zurückzuführen. Mit anderen Worten: Plötzliche Rückschläge sind nicht ausgeschlossen, wenn sich die Lage an den Kapitalmärkten wieder beruhigt.
Meine Damen und Herren,
ohnehin sieht die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz es nicht als den richtigen Weg an, sein Glück allein bei solchen vermeintlich risikolosen Anlagen zu suchen. Dabei fehlt eine vernünftige Diversifikation, um das Risiko zu streuen und den Ertrag zu steigern.
Unsere Untersuchung zur privaten Altersvorsorge, die wir vor einigen Wochen vorgestellt haben, zeigt ganz eindeutig, dass solche „sicheren“ Produkte das Risiko von Vermögensverlusten auf Dauer erhöhen statt es zu senken. Inflation, Steuern und Kosten verzehren den mageren Gewinn und nagen am Eingemachten. Die Strategie der Risikovermeidung durch Sichteinlagen oder Ähnliches funktioniert allenfalls auf kurzen Strecken. Für den eigenen Vermögensaufbau und die private Altersvorsorge reicht das nicht aus.
Stattdessen sollte der Blick der Anleger viel eher auf einen klassischen und erprobten Risikopuffer gelenkt werden, den die Börse zu bieten hat – die Dividende. Die Zeiten des Neuen Marktes, in denen Dividendentitel noch als langweilig galten, sind längst vorbei. Diese Gewinnbeteiligung erlebt gerade in den letzten Jahren eine enorme Renaissance. Die Zahlungen erreichten in den Jahren 2007 und 2008 Rekordhöhen.
Vor allem für Privatanleger hat sich die Dividende inzwischen als eines der Kaufargumente für Aktien schlechthin etabliert. Und das aus gutem Grund. Denn zum Gesamtgewinn eines Investments steuern die Dividenden über die Jahre einen enormen Anteil bei. Ein Drittel des Gesamtertrags wird mit dieser jährlichen Abschlagszahlung erzielt. Die beruhigende Wirkung, die dies gerade in so unsicheren Zeiten hat, kann man gar nicht genug beachten.
Der Stellenwert der Dividende ist heute größer denn je – bei Unternehmen wie auch bei Anteilseignern. Durch die anhaltende Verunsicherung an den Märkten rückt dieser Risikopuffer tendenziell noch stärker in den Fokus der eigenen Anlagephilosophie.
Dies ist Grund genug für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, genau zu untersuchen, wie es in der Praxis um die Dividendenpolitik deutscher Unternehmen bestellt ist. Seit einem Jahrzehnt analysieren wir, wie gut und wie kontinuierlich die AGs ihre Anteilseigner entlohnen? Wie hoch sind die Ausschüttungen für das abgelaufene Geschäftsjahr? Und wurde die Dividende verdient? Welches Bild zeigt quer durch die Indizes im Prime Standard?
Erstmals sind wir dieser Frage in diesem Jahr gemeinsam mit dem dips (Deutschen Institut für Portfoliostrategien) der Fachhochschule für Ökonomie und Management (FOM) auf den Grund gegangen. Das Ergebnis ist unsere „Dividendenuntersuchung 2010“. Insgesamt haben wir darin die Ausschüttungspolitik von 332 Emittenten des so genannten Prime Standards, also des Qualitätssegmentes der Deutschen Börse hier in Frankfurt, eingehend analysiert.
Die Ergebnisse unserer gemeinsamen Analyse wird Ihnen mein Tischnachbar, Professor Dr. Eric Frère, Direktor an der FOM, gleich „en detail“ vorstellen. Ich begrüße ihn an dieser Stelle schon einmal ganz herzlich.
Die erfreuliche Grundrichtung, in die die Ergebnisse gehen, werden Sie schnell erkennen: Deutsche Unternehmen haben den hohen Stellenwert der Dividende längst verinnerlicht und beteiligen ihre Anteilseigner überwiegend angemessen und vor allem nachhaltig am Ergebnis. Insgesamt schütten trotz der Wirtschaftskrise in diesem Jahr 50 Prozent aller Werte aus dem Prime Standard eine Gewinnbeteiligung aus. Im DAX sind es sogar fast 87 Prozent aller Unternehmen. Lediglich die Aktionäre von Lufthansa und Daimler und wie im Vorjahr auch von Infineon und Commerzbank müssen auf eine Ausschüttung verzichten.
Unterm Strich aber werden in diesem Jahr 23,344 Milliarden Euro an die Aktionäre der Prime-Unternehmen überwiesen. Das entspricht gegenüber dem Vorjahr einem Rückgang um 12,1 Prozent. Den Großteil der Gesamtsumme steuern naturgemäß die DAX-Tanker mit 20,246 Milliarden Euro bei. Auch hier ist gegenüber der Ausschüttungssumme 2009 ein Rückgang um 12,0 Prozent zu verzeichnen.
Besonders spendabel waren erneut die Unternehmen aus defensiven Branchen. Größte Zahlmeister in Deutschland sind aktuell die Deutsche Telekom (3,402 Milliarden Euro), E.ON (2,858 Milliarden Euro), RWE (1,968 Milliarden Euro), Allianz (1,852 Milliarden Euro) und BASF (1,561 Milliarden Euro).
Meine Damen und Herren,
der bloße Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Dividende als Risikopuffer weiter an Attraktivität gewonnen hat. Entscheidend für uns als Deutschlands größte Aktionärsvereinigung ist aber nicht nur die absolute Höhe der Auszahlung, sondern vor allem deren Nachhaltigkeit und Kontinuität.
Es ist seit vielen Jahren eine Kernforderung der DSW, dass die Unternehmen rund 50 Prozent ihres Überschusses an ihre Aktionäre weiterreichen sollen. Zugleich gilt aber, dass die Dividende ertragsorientiert sein sollte und atmen soll – sie also geglättet werden kann. In Zeiten mit stürmischem Wachstum und exorbitant hohen Gewinnen ist es durchaus vorstellbar, dass Unternehmen die Dividende nach oben hin kappen und den überschüssigen Teil als „Notgroschen“ für schlechte Zeiten zurücklegen oder in das eigene Wachstum investieren. Im Umkehrschluss dürfen Aktionäre in mageren und wachstumsarmen Jahren wie diesen eben nicht ganz leer ausgehen. Eine derart geglättete Gewinnbeteiligung ist durchaus im Sinne der Aktionäre und als Zeichen unternehmerischer Weitsicht zu werten.
Kritischer wird es, wenn Unternehmen ohne eine solche „Dividenden-Policy“ einen Betrag ausschütten, der entweder größer als der jeweilige Jahresgewinn ist oder sogar trotz Verlust gezahlt wird. Solche Zahlungen verstellen den Blick auf die Realität im Unternehmen. Schlimmer noch: Sie greifen die Substanz an und sind schlichtweg abzulehnen.
Die Dividende kann ihre positive Wirkung nur dann entfalten, wenn sie real erwirtschaftet worden ist und kontinuierlich gezahlt wird.
Diese Zuverlässigkeit, mit der Emittenten Dividenden zahlen, ist ein enorm wichtiger Faktor. Wenn es einem Unternehmen gelingt, auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten so viel Gewinn zu erzielen, dass man eine Dividende zahlen kann, ohne die Substanz des Unternehmens anzuknabbern, dann ist das ein hoher Vertrauensbeweis, der von Aktionären sicher entsprechend gewürdigt wird. Im DAX ist es insgesamt 16 Unternehmen gelungen, die Dividende stabil zu halten oder sogar zu erhöhen.
Besonders positiv sind in diesem Zusammenhang auch die Signale zu werten, die viele Unternehmen auf den Hauptversammlungen 2010 an ihre Aktionäre aussenden. Unsere DSW-Sprecher beobachten in diesem Jahr verstärkte Bemühungen der Emittenten, nicht nur wieder sichere Prognosen für die eigenen Geschäftserwartungen abzugeben. Vielerorts werden stabile oder steigende Dividenden für die nächsten Jahre in Aussicht gestellt. Und das nicht nur im DAX, sondern auch in den kleineren Indizes. Ich möchte hier beispielhaft RWE (aus dem DAX) und den Pharmagroßhändler Celesio aus dem M-DAX nennen.
Solche Prognosen haben zusammen mit den kontinuierlich gezahlten Dividenden der Vergangenheit eine hohe Strahlkraft. Sie sind genau die Dosis zusätzliche Sicherheit, die Anleger dringend benötigen.
Insgesamt werden von deutschen Emittenten 56,0 Prozent der erzielten Überschüsse weitergereicht. Damit sind die hiesigen Unternehmen deutlich sparsamer als andere europäische AGs. Im EuroStoxx gab es im Vergleichszeitraum eine Ausschüttungsquote von fast 62 Prozent. Eine Erklärung für diesen Unterschied ist die Zusammensetzung des jeweiligen Index. Im europäischen Barometer finden sich vergleichsweise viele große und sehr ausschüttungsstarke Rohstoff- und Energiewerte.
Der Vergleich der Dividendenrenditen fällt ähnlich aus. Im EuroStoxx-Mittel liegt diese bei etwa 2,8 Prozent vom gleitenden Durchschnittskurs (30 Tage); im Prime Standard beträgt die Rendite 1,5 Prozent, im DAX 2,4 Prozent.
Meine Damen und Herren,
bevor ich nun an Professor Frère weiterleite, der Sie mit den Details der Studie vertraut machen wird, lassen Sie mich bitte noch ein kurzes Fazit ziehen: Unsere Untersuchung zeigt deutlich, dass die Unternehmen den hohen Wert der Dividende erkannt haben und dem auch Rechnung tragen. Diese Bemühungen um eine nachhaltige Dividendenpolitik bei vielen Unternehmen werden von der DSW positiv honoriert.
Die Dosis an zusätzlicher Sicherheit, die die Dividende bieten kann, könnte aber noch größer sein. Und zwar dann, wenn die Bundesregierung endlich Schluss machen würde mit der Doppelbesteuerung der Dividende, die mit der Abgeltungssteuer Einzug gehalten hat.
Knappe Kassen hin oder her: Wenn Gewinne, die bereits auf Unternehmensebene versteuert wurden, als Dividende erneut der vollen Abgeltungssteuer beim Anleger unterliegen, dann verstößt das gegen alle fiskalischen Grundprinzipien unserer Republik. Die DSW fordert die Bundesregierung daher auf, bei der Besteuerung der Dividende zurück zum Halbeinkünfteverfahren zu kommen.
Dies gilt umso mehr, als Privatanleger in den krisenhaften Marktphasen, über die wir wie besprochen seit zwei Jahren reden, als „Shock Absorber“ herhalten müssen. Die massiven Verwerfungen an den Kapitalmärkten werden in den vielen Millionen Einzeldepots von Sparern mit ihrem hart verdienten Vermögen abgefedert. Hier laufen die Verluste auf und hier müssen sie verschmerzt werden. Daher ist es nur gerecht, die Privatanleger im Gegenzug nicht auch noch steuerlich schlechter zu stellen als beispielsweise Zinssparer.
Über Jahre hat die Bundesregierung die Bürger zur privaten Altersvorsorge angehalten. Insofern ist es nicht nachvollziehbar, dass diejenigen, die dem Rat gefolgt sind und privat vorsorgen, dafür die volle Steuerlast tragen sollen. Die DSW fordert daher die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist für langfristig orientierte Investoren. Nach dieser Phase müssen Kursgewinne, auf die Privatanleger mit Blick auf die Altersvorsorge dringend angewiesen sind, steuerfrei bleiben.
Es ist höchste Zeit, die Abgeltungssteuer zu überdenken und einen positiven Impuls an den Markt zu senden. Damit würde auch die Dividende als Risikopuffer noch einmal aufgewertet.
Nun aber zu den versprochenen Einzelergebnissen unserer Untersuchung. Ich übergebe hierfür das Wort an Professor Eric Frère, dessen Team am Institut für Portfoliostrategien an der FOM diese Untersuchung in Zusammenarbeit mit der DSW durchgeführt hat.