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DSW-Watchlist 2011: Die größten Kapitalvernichter & Ausblick: HV-Saison 2011
Die DSW stellt die Watchlist 2011 vor. Dese Watchlist umfasst traditionell die Namen der 50 größten Kapitalvernichter unter den börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften im Qualitätssegment Prime Standard.
Neben den größten Wertevernichtern stellt die DSW die Schwerpunkt-Themen der HV-Saison 2011 vor.
Teilnehmer:
Ulrich Hocker, DSW-Hauptgeschäftsführer
Marc Tüngler, DSW-Geschäftsführer
Marco Cabras, DSW-Pressesprecher
Es gilt das gesprochene Wort
(Redner: Ulrich Hocker)
Meine Damen und Herren,
selten war der deutsche Aktienmarkt so interessant, spannend und einladend, wie aktuell genau jetzt. Die wichtigsten Indizes konnten im vergangenen Jahr ganz außergewöhnliche Kurssteigerungen verbuchen. DAX plus 16 Prozent, MDAX plus 35 Prozent, SDAX plus 46 Prozent und selbst der solarlastige TecDAX schaffte ein Plus von 4 Prozent. Dies ist selbst im internationalen Vergleich mit vielen Schwellenlandmärkten eine ganz beachtliche Kursentwicklung.
Besonders erfreulich daran ist zum einen, dass die Hausse auf eine breite Erholung der deutschen Wirtschaft und damit auf enorme Gewinnsteigerungen zurückgeht. Daran werden die Aktionäre durch kräftige Dividendenzuwächse partizipieren.
Zugleich zeigen die Analysen der Experten aber auch, dass trotz der massiven Kursgewinne die Aktien guter deutscher Unternehmen noch nicht zu teuer sind, sondern im Gegenteil gemessen am KGV sogar noch sehr günstig. Ablesbar wird dies unter anderem an der breit ansteigenden M&A-Aktivität. Hochtief oder Tognum waren nur der Anfang. In den großen Kanzleien liegen nach unserem Kenntnisstand mehrere Dutzend Übernahmeanfragen auf dem Tisch.
Zusammenfassend könnte man meinen, dass es den Aktiengesellschaften gelungen ist, nach der Finanzkrise wieder kräftig durchzustarten. Aber eben nicht allen. Selbst in diesem wirklich sehr positiven Gesamtumfeld gibt es Unternehmen, die negativ herausragen.
Diese schwarzen Schafe haben nicht nur unter den Belastungen von außen zu leiden. Vielmehr treffen die Manager dieser Firmen offensichtlich häufiger die falschen Entscheidungen. Ergebnis dieser Misswirtschaft: Die für Aktionäre so entscheidende Bilanz an der Börse ist schlicht und ergreifend ein „Desaster“.
Nur zur Erinnerung: Was unsere Watchlist abbildet, ist alles andere als eine Momentaufnahme. Damit kleine Kurskapriolen möglichst ausnivelliert werden, ist unsere Berechnung langfristig angelegt. Sie läuft über einen Zeitraum von insgesamt fünf Jahren. Am 1. Januar 2006, als die Analyse startete, stand der DAX bei genau 5410 Zählern. Fünf Jahre später, also am 31. Dezember 2010, notierte der deutsche Leitindex bei rund 7000 Zählern.
Mit anderen Worten: Trotz Finanzkrise, trotz der Probleme Griechenlands und der Unsicherheiten um den Euro und trotz des immensen Konjunkturlochs in 2009 hat der DAX in diesen fünf Jahren fast 30 Prozent zugelegt. Die meisten Unternehmen konnten ihren Aktionären damit in dieser schwierigen Zeit eine wirklich beachtliche Rendite vorzeigen.
Anders die Unternehmen, die es auf unsere Liste „geschafft“ haben. Die AGs und ihre Vorstände haben das ihnen anvertraute Kapital der Aktionäre zum größten Teil ausradiert. Dicke Minuszeichen sind hier auch über den Fünf-Jahres-Zeitraum die Regel.
Meine Damen und Herren,
Die DSW stellt Ihnen heute die „Watchlist 2011“ vor, die wir in Zusammenarbeit mit unserer Mitgliederzeitschrift Focus-Money erstellt haben. Diese Liste umfasst traditionell die Namen der 50 größten Kapitalvernichter unter den börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften im Qualitätssegment Prime Standard. Zumindest, soweit sie im laufenden Jahr noch eine Hauptversammlung abhalten und damit noch am Leben sind. Denn viele der Unternehmen, in die in der Vergangenheit weit oben auf der Watchlist zu finden waren, sind inzwischen insolvent und existieren nur noch auf dem Papier. Man kann nur hoffen, dass das Alarmsignal, das wir mit unserer Watchlist regelmäßig aussenden, bei den Anlegern auch aufgenommen wird und sie rechtzeitig die Notbremse gezogen haben.
Entstanden ist die Liste in den 90er Jahren als Hilfestellung für unsere Hauptversammlungssprecher. Die DSW-Sprecher besuchen mehr als 650 Aktionärstreffen deutscher Gesellschaften pro Jahr. Für sie wollten wir ein Instrument entwickeln, mit dem sie Problemfälle schnell erkennen können. Wir machen diese Negativliste seit einigen Jahren aber auch öffentlich zugänglich, weil wir der Meinung sind, dass jeder Anleger das Recht auf unabhängige Informationen hat, die Risiken sichtbar machen können.
Dass solche unabhängigen Informatioen gerade für Privatanleger unverzichtbar sind, zeigen die tiefen Wunden, die die Finanzkrise bei den Anlegern hinterlassen haben.
In diesem Zusammenhang möchte ich ganz kurz auf die politischen und gesetzgeberischen Initiativen für mehr Anlegerschutz eingehen. Die DSW begrüßt die zahlreichen Initiativen in diesem Bereich grundsätzlich. Denn in vielen Punkten ist das Schutzniveau, gerade für Privatanleger, leider immer noch sehr mangelhaft.
Wir sehen aber weiterhin Schwachstellen unter anderem bei der Regulierung des Grauen Kapitalmarktes. Entscheidend wird sein, dass der gesamte Markt unter die Aufsicht der BaFin gestellt wird. Denn nur die Allfinanzaufsicht verfügt über das nötige breite Fachwissen, um rechtzeitig eingreifen zu können.
Dringend notwendig wäre es außerdem, eine europaweite Möglichkeit der Sammelklage zu entwickeln, um Massenschadensfällen einheitlich, schnell und im Sinne der Anleger gerichtlich aufzuarbeiten. Die Diskussion darüber, eine solche Lage nach dem Vorbild des niederländischen Stiftungsmodells zu ermöglichen, läuft auf europäischer Ebene. Bis dieser Weg jedoch Anlegern offensteht, dürften noch Jahre vergehen.
Aus diesem Grund wäre es schon ein erster entscheidender Schritt, wenn in Deutschland ein so genanntes Klageregister, zum Beispiel beim Bundesanzeiger, eingerichtet wird. Dadurch hätten Anleger eine kostengünstige aber sehr wirksame Möglichkeit, die drohende Verjährung auszuschalten und sich die Option für eine spätere Klage zu dem Zeitpunkt offenzuhalten, wenn genügend Informationen vorliegen.
Wichtig ist jedoch aus unserer Sicht außerdem, dass nicht zu viele Aktivitäten nebeneinanderherlaufen. Denn da neben Berlin nun auch aus Brüssel immer mehr neue Regulierungen kommen, sollte jeder weitere Schritt genau durchdacht und vor allem abgestimmt werden. Nur so schaffen wir es, dass neue Gesetze nicht nur für mehr Bürokratie sorgen, sondern tatsächlich für das, was sie eigentlich erreichen sollen – mehr Anlegerschutz.
Meine Damen und Herren,
nach diesem Exkurs komme ich nun wieder zurück auf das, was uns hier eigentlich zusammengeführt hat, die Watchlist 2011. Analysiert wurden die im Prime Standard der Deutschen Börse notierten Unternehmen, die dort seit mindestens fünf Jahren gelistet sind. Aktiengesellschaften, die lediglich im unteren Segment, dem General Standard oder gar im Freiverkehr des Entry Standard aktiv sind, wurden nicht in die Analyse einbezogen. Diese Firmen erfüllen die erhöhten Transparenzanforderungen nicht und sind damit gerade für Privatanleger aus unserer Sicht nicht geeignet.
Insgesamt kommt unsere Untersuchung damit auf eine Grundgesamtheit von 285 Unternehmen. Analysiert wurde die reine Kursperformance dieser Aktien. Dividenden und andere Sonderzahlungen wurden nicht in die Berechnung mit einbezogen. Die Kursentwicklung der Unternehmen wurde in drei Zeiträumen beobachtet, über ein Jahr, über drei Jahre und über fünf Jahre. Basis für die Bewertung waren jeweils die Schlusskurse des letzten Handelstages im Jahr. Die Kursgewinne oder -verluste flossen mit festgelegten Gewichten in die Gesamtnote ein.
Da private Aktionäre grundsätzlich in längeren Zeiträumen denken sollten und wir jedem Privatanleger einen Zeithorizont von mehreren Jahren als Erfolgsrezept anraten können, haben wir natürlich auch in unserer Untersuchung die längeren Zeiträume höher gewichtet. In unserer Punkteskala können Unternehmen im schlimmsten Fall eine Gesamtbewertung von minus 1000 Punkten erreichen. Diese setzt sich aus minus 500 Punkten für den Schlechtesten im Fünfjahreszeitraum zusammen. Dazu kommen minus 300 Punkte für das schlechteste Abschneiden im Dreijahresdurchschnitt und noch einmal maximal minus 200 Punkte für den Verlierer im Einjahresvergleich.
Durch diese stärkere Gewichtung der längeren Zeiträume können Unternehmen einen einmaligen Ausrutscher bei ansonsten intakten Geschäftsmodellen durchaus schnell ausgleichen. Andersherum sind langfristig schlechte Performancedaten aber ein guter Hinweis auf Probleme und werden dementsprechend in der Watchlist 2011 bestraft.
Meine Damen und Herren,
ich komme nun zu den Ergebnissen unserer Analyse: Den unrühmlichen ersten Platz in unserer Liste nimmt der Berliner Solarspezialist Solon ein. Das Unternehmen verfügt nach eigenen Angaben über „umfassendes Know-how und Erfahrung in den Bereichen Kraftwerksbau und Modulproduktion“. Tatsächlich gehört die Solon SE, die 1997 gegründet wurde, zu den Pionieren der deutschen Solarindustrie. Nur: Genutzt hat es den Aktionären in den vergangenen Jahren nichts, ganz im Gegenteil. Solon hat es geschafft, das Kapital seiner Aktionäre fast vollständig zu pulverisieren. Wer vor fünf Jahren 1000 Euro auf die Aktie setzte, besitzt heute noch 90 Euro. Mit anderen Worten wurden 91 Prozent des Kapitals vernichtet.
Dieser Niedergang ist nicht allein Ausdruck einer falschen Strategie und falscher Managemententscheidungen. Vielmehr zeigt die Tatsache, dass unter den schlechtesten 50 Unternehmen der aktuellen Watchlist mehr als ein halbes Dutzend Solarwerte sind, auch eindeutig, dass wir es hier mit einer blasenartigen Entwicklung in dieser Branche zu tun haben. Aus dieser Blase scheint angesichts der Diskussion um ein Ende der Subventionen in Deutschland und in anderen EU-Ländern nun die Luft zu entweichen. Solon ist hier nicht das einzige Opfer, sondern nur das für Aktionäre schmerzhafteste.
Platz zwei nimmt ein „alter Bekannter“ ein, die in der Schweiz beheimatete Corporate Equity Partners (CEP). Das Unternehmen ist aus dem Neuen-Markt-Wert Fantastic hervorgegangen und sieht sich als Europas erster börsennotierter Private-Equity-Spezialist. CEP ködert Interessierte auf der eigenen Internet-Seite mit „qualifiziertem Management“, „einzigartigen Fondskonzepten“ und dem „Potenzial zur Marktführerschaft“.
Ich habe selten einen Fall erlebt, in dem Anspruch und Wirklichkeit so krass auseinanderlaufen. Das Unternehmen findet sich mit unschöner Regelmäßigkeit auf unserer Wertvernichterliste weit vorne wieder. 2008 und 2010 sogar als negativer Spitzenreiter.
Auf dem dritten Platz der Watchlist 2011 landet ein zweites Unternehmen aus der Solarbranche. Die in Bitterfeld beheimatete Q-Cells AG gehört mit einem Jahresumsatz von mehr als 1,3 Milliarden Euro zu den größten Unternehmen der Branche weltweit. Doch geholfen hat es nicht. Die Überkapazitäten der Branche, die harte globale Billigkonkurrenz und der massive Preisverfall, dazu die hausgemachten Probleme haben das Unternehmen in eine schwierige Schräglage manövriert.
Mit 36 Vertretern stellt das Prime-Segment den Großteil der Mitglieder unserer Negativliste. Aber auch einige Mitglieder von großen Indizes haben es 2011 wieder zu zweifelhaftem Ruhm gebracht und landeten unter den Top50-Kapitalvernichtern. Zwei DAX-Tanker (Commerzbank und Deutsche Bank) finden sich darunter, ebenso vier MDAX-Unternehmen, fünf TecDAX-Vertreter und drei SDAX-Werte. Insgesamt sind die Wertvernichter gemessen anhand unseres Punktesystems mit 55,8 Prozent immer noch in der Überzahl – gemessen an der Gesamtzahl der analysierten Unternehmen.
Damit, meine Damen und Herren, bin ich beinahe am Ende meiner Ausführungen angekommen. Bei der Durchsicht der Unterlagen werden Sie sehen, dass viele der Unternehmen, die es auf unsere Liste „geschafft“ und damit ein negatives Ausrufezeichen gesetzt haben, nicht mit akuten Problemen kämpfen, sondern vor allem auf lange Sicht sehr schlecht mit dem ihnen anvertrauten Geld der Aktionäre umgegangen sind.
Denn genau um solche kurzfristigen Verwerfungen, die es in jedem Unternehmensleben geben kann, richtig einzuordnen, haben wir die Performance-Zeiträume und Gewichtungen unserer Watchlist ja bewußt langfristig angelegt. Mit anderen Worten: Einmal straucheln kann jeder, entscheidend ist, dass die langfristige Wertentwicklung stimmt.
Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Wenn sich ein Unternehmen in einem Jahr auf der unserer Negativliste wiederfindet, dann muss dies für Aktionäre noch kein schwerwiegendes Alarmsignal sein. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass viele AGs durchaus im nächsten Jahr die Chance nutzen konnten, den Turnaround zu schaffen.
Bestes Beispiel hierfür ist der im DAX notierte Chiphersteller Infineon. Das Unternehmen landete im Jahr 2006 erstmals auf der Liste (Platz 47) und hatte 2009 sogar die zweifelhafte Ehre, Platz neun auf unserer Watchlist einzunehmen und damit zu den zehn größten Wertvernichtern Deutschland zu zählen.
Knapp zwei Jahre später ist diese Schmach getilgt. Heute beeindruckt das Unternehmen wieder durch positive Nachrichten. Infineon hat unter neuer Leitung seine Problemsparten verkauft, schreibt Gewinne, zahlt in diesem Jahr erstmals in der Geschichte eine Dividende und gehört aktuell zu den besten Unternehmen im gesamten Prime-Segment.
Meine Damen und Herren,
es ist schon ganz besonders betrüblich, diese Wertvernichterliste in einem Börsenjahr vorzustellen, in dem eigentlich alle Ampeln auf Grün stehen. Keine Frage, dass bei den Hauptversammlungen dieser Unternehmen für immensen Diskussionsstoff gesorgt ist.
Aber nicht nur da. Denn eines ist klar: Obwohl in der Hauptversammlungssaison 2011 Bericht über ein mehr als ausgezeichnetes Geschäftsjahr gehalten werden wird, sieht die DSW viele Themen, die den Anlegern gerade bei den diesjährigen Aktionärstreffen unter den Nägeln brennen werden.
Frauenquote, der Schutz vor feindlichen Übernahmen und natürlich die Dividende rücken in den Mittelpunkt. Beispiel Dividendenpolitik: Im Schnitt dürften die meisten Unternehmen mehr Dividende zahlen als im Vorjahr. Das ist erfreulich, reicht aber nicht aus. Vielmehr wollen die Anleger eine verläßliche Dividendenstrategie, um ihre Investments gut informiert planen zu können.
Damit übergebe ich nun das Wort an meinen Kollegen Marc Tüngler, der Ihnen die Schwerpunkte der HV-Saison 2011 näher vorstellen wird und ihnen einige aus unserer Sicht besonders spannende Hauptversammlungen ankündigen wird.
(Redner: Marc Tüngler)
Vielen Dank, Herr Hocker,
meine Damen und Herren,
nachdem wir Ihnen die größten Wertvernichter der letzten Jahre vorgestellt haben, möchte ich Ihren Blick nun ein wenig in die Zukunft richten. Es geht um die Hauptversammlungssaison 2011, die mit den Aktionärstreffen von ThyssenKrupp, Siemens oder Infineon bereits begonnen hat. Auch in diesem Jahr wird die DSW wieder rund 700 Hauptversammlungen besuchen, 650 davon in Deutschland und rund 50 Hauptversammlungen der großen europäischen Aktiengesellschaften.
Und um es gleich ganz klar zu sagen: Dass den Aktionären dabei die Themen ausgehen und die AGs sich auf den Lorbeeren eines guten Geschäftsjahres ausruhen können, ist überhaupt nicht zu sehen. Vielmehr sind jetzt schon einige Schwerpunkt-Themen sichtbar, die wir und alle Aktionäre kritisch beleuchten werden. Es sind dies:
1. Prognose/Dividende
2. … nach der Finanzkrise
3. Vorstandvergütung
4. Diversity inkl. Frauenquote
5. Kapitalmaßnahmen
6. Übernahmeszenarien
Prognose/Dividende: Im Bereich Prognose und Dividende möchten wir klare Aussagen zu den zukünftigen Entwicklungen erhalten. Das „Fahren auf Sicht“, was uns die Unternehmen nach der Finanzkrise vielerorts zugemutet haben, ist heute tabu. Gleiches gilt für die weitere Entwicklung der Dividendenausschüttung. Es ist kein Zufall, dass Unternehmen wie die Deutsche Telekom klare Aussagen zu ihren zukünftigen Dividendenzahlungen für die nächsten drei Jahre machen. Dahinter steckt die Forderung der Aktionäre nach mehr Sicherheit. Und die wird auch durch eine klare Dividendenstrategie erfüllt.
Die Zeit der Zurückhaltung in diesem Punkt ist ebenfalls vorüber. Daher werden wir nicht nur nach der Höhe, sondern auch nach der Dividendenpolitik fragen. Wir wollen wissen, welche Ausschüttungen Aktionäre 2012 und 2013 erwarten können.
Generell gilt, dass die DSW eine ertragsorientierte Ausschüttung in Höhe von rund 50% des Konzernergebnisses als gerechtfertigt ansieht. Dass wir diese Forderungen in der Finanzkrise nicht aufrecht erhalten konnten, war auch uns klar. Doch nun, nach der Finanzkrise, gilt es wieder auf Normalmodus umzuschalten.
…nach der Finanzkrise: Es wird aber auch noch Nachbeben der Krise geben. Als Restant der Finanzkrise können noch einzelne Goodwill-Positionen oder aber Ausleihungen an Tochterunternehmen gesehen werden, sofern sich diese z.B. in Spanien, Griechenland oder in Nordafrika befinden.
Vorstandsvergütung: Ein Thema, das auch in dieser Hauptversammlungssaison – und auch in den nächsten – eine wesentliche Rolle spielt, wird die Vorstandsvergütung und wohl auch tendenziell die Aufsichtsratsvergütung sein. Wir sind sehr glücklich darüber, dass bereits im letzten Jahr 27 der 30 DAX-Werte unserer Forderung gefolgt sind und das Vergütungssystem ihrer Vorstände durch die Hauptversammlung haben beschließen lassen. Dass dieser Tagesordnungspunkt dabei kein Selbstläufer ist, hat die Beschlussfassung auf der Hauptversammlung der HeidelbergCement gezeigt. So wurde das Vergütungssystem dort von den Aktionären schlichtweg als zu intransparent abgelehnt.
Mit den 27 DAX-Werten hat sich eine Marktpraxis etabliert und wir erwarten, dass diese Marktüblichkeit auch bei allen anderen Unternehmen nunmehr gesetzt wird. Wir haben daher die Unternehmen der DAX-Familie angeschrieben und auf die Notwendigkeit eines solchen Vergütungsbeschlusses hingewiesen.
Wichtig ist zu betonen, dass es nach der Idee des Gesetzes – wie auch nach unseren Vorstellungen – dabei nicht um die Höhe der Vergütung geht, sondern vielmehr um deren Systematik. Steigen die Gewinne des Unternehmens, so soll auch der Vorstand daran partizipieren. Gleiches muss jedoch auch gelten, wenn Gewinne einbrechen.
Dabei geht es aber nicht um eine 1:1 Umsetzung, was der Gesetzgeber durch eine mehrjährige Bemessungsgrundlage bei der variablen Vergütung vorgesehen hat. Vielmehr geht es darum, Ausreißer nach oben wie nach unten zu vermeiden. Gerade daher ist es wichtig, dass das Vergütungssystem auch den Aktionären transparent gemacht wird.
Diversity: Ein weiteres Megatopic der HV-Saison 2011 ist das Thema Diversity und dort insbesondere die viel diskutierte Frauenquote. Fakt ist: Erstmals müssen sich die Unternehmen in ihrer Corporate Governance-Erklärung über ihre Vorstellung zu einer sachgerechten Zusammensetzung des Aufsichtsrates, des Vorstandes und den Führungsebenen erklären.
Wir sind der Ansicht, dass die Unternehmen jetzt konkrete Ziele und Strategien formulieren sollten und dass man ihnen Zeit geben muss, diese Ziele auch tatsächlich umzusetzen. Wichtig ist, dass dabei die Diversity-Anforderung nicht nur auf die Frauenquote reduziert wird. Dies ist sicherlich ein wichtiger Teil von Diversity, würde der Idee des Corporate Governance-Kodex aber mit Sicherheit nicht gerecht werden. Vielmehr geht es um den Aufbau eines nachvollziehbaren Kompetenzprofils für den Aufsichtsrat und die weiteren Gremien in den Führungspositionen, das es anzustreben gilt und das vor allem auch erreichbar ist.
Daher werden sich die DSW-Vertreter zunächst den Corporate-Governance-Bericht anschauen und danach ggf. Fragen zu der angestrebten Beteiligung von Frauen und der Internationalisierung des Aufsichtsgremiums stellen.
Übernahmeszenarien: Wenn man sich fragt, ob der DAX am Jahresende noch so aussieht wie jetzt, dann wird man höchstwahrscheinlich „Nein“ antworten. Einerseits drängen Werte wie Lanxess oder Continental aus der zweiten Reihe nach, andererseits ist die Wahrscheinlichkeit großer Übernahmen und Fusionen so hoch wie lange nicht. Es ist bekannt, dass derzeit mehrere Dutzend Übernahmen in Vorbereitung sind bzw. durchgespielt werden. Hochtief, Demag Cranes und Tognum waren nur Anfang. Auch DAX-Werte sind dabei nicht außen vor.
Daher werden wir auf den Hauptversammlungen fragen, ob entsprechende Absichten an die Verwaltung der jeweiligen Unternehmen herangetragen wurden und wie auf diese reagiert wurde. Auch wollen wir wissen, ob Großaktionäre sich in irgendeiner Weise zu ihrer Strategie geäußert haben und wenn ja, wie diese aussieht.
Kapitalmaßnahmen: Strategischer Natur ist der letzte Punkt, den ich heute ansprechen möchte. So war es bisher üblich, dass die Unternehmen sich für alle Eventualitäten bewaffnen und ihre Satzungen mit genehmigtem Kapital, bedingtem Kapital und anderen gesetzlich zulässigen Maßnahmen bevorraten. Seit zwei Jahren tickt die Uhr ein wenig anders. Aktionäre sind nicht mehr bereit, den Vorständen und Aufsichtsräten blind zu vertrauen und sie in vollem Umfang zu legitimieren, das Kapital im Wege einer Barkapitalerhöhung oder aber einer Sachkapitalerhöhung, wie z. B. durch eine Akquisition, zu erhöhen, ohne dass die Eigentümer und damit die Aktionäre vorher nicht nochmals gefragt werden müssen.
Dieses neue Selbstbewusstsein der Aktionäre mussten so manche Unternehmen bereits im letzten Geschäftsjahr schmerzlich spüren. Unternehmen wie Infineon, Praktiker, Volkswagen, Aixtron oder die Commerzbank verpflichteten sich auf Druck der Investoren, die Ermächtigung zur Erhöhung des Grundkapitals auf nur bis zu 20% - und damit deutlich unter dem zunächst von der Verwaltung geplanten Rahmen – auszuüben. Damit wird den Verwaltungen der Gesellschaften sicherlich zunächst eine gewisse Flexibilität genommen. Zugleich bedeuten diese Beschränkungen jedoch, dass die Vorstände und Aufsichtsräte noch mehr im Einklang mit ihrem Aktionariat Entscheidungen über die Erhöhung des Grundkapitals oder über die Akquisitionen von Unternehmen treffen. Es ist Zeit umzudenken: Wer vorher einen Blick auf die Abstimmungsgrundsätze der professionellen Stimmrechtsvertreter wirft, der kann sich dadurch nachher eine Menge Ärger ersparen. Dies wird langfristig sicherlich den Vorteil aller Beteiligten dienen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
DSW-Watchlist_2011_-_Die_Liste_der_Kapitalvernichter.pdf
DSW-Watchlist_2011_-_Infografik_1.pdf