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Bankenfairness im Kundenurteil
Gemeinsam mit dem Analyse- und Beratungsunternehmen ServiceValue GmbH hat die DSW untersucht, wie Kunden die Fairness von Banken beurteilen. Dabei hat sich gezeigt, dass es aus Sicht der Kunden insbesondere Nachholbedarf bei der Belohnung von Kundentreue und bei der Angemessenheit der Zinsen gibt.
Teilnehmer:
Marc Tüngler, DSW-Hauptgeschäftsführer
Stefan Heinisch, Senior Manager ServiceValue GmbH
Jürgen Kurz, DSW-Pressesprecher
Es gilt das gesprochene Wort
Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW
(Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz)
Meine Damen und Herren,
kaum eine Branche hat in den vergangenen Jahrzehnten einen derartigen Imagewandel durchgemacht wie die Finanzinstitute. Galten sie vor Jahren noch als Hort der – wenn auch etwas angestaubten – Rechtschaffenheit, sind sie heute teilweise das Synonym für skrupellose Gier.
Und davon sind nicht nur die viel gescholtenen Investmentbanken betroffen, die mit ihrem Handeln die Welt an den Rand der wirtschaftlichen Katastrophe gedrängt haben. Auch ganz normale Privatkundenbanken haben nicht gerade den besten Leumund. Ihnen wird in der Regel vorgeworfen, dass ihr Interesse in erster Linie der Optimierung der eigenen Provisionseinnahmen gilt. An einer bedarfsgerechten Beratung für den jeweiligen Kunden liege ihnen dagegen eher weniger.
Aus dem einst honorigen und hochangesehenen Bankberater (oder besser Bankbeamten) wurde im Laufe der Zeit immer mehr ein reinrassiger Verkäufer, dem es oft nicht nur am Willen zur bedarfsorientierten Beratung fehlt, sondern schlicht auch an der notwendigen Sachkenntnis. Eine katastrophale Entwicklung, die einen ihrer Höhepunkte in dem massenhaften Verkauf der im Jahre 2008 implodierten Lehman-Zertifikate fand.
Die Zahlen scheinen diesen Eindruck zu bestätigen. So beläuft sich nach Schätzungen der EU-Kommission der Schaden durch Falschberatungen von Bank- und anderen Finanzberatern allein in Deutschland jährlich auf bis zu 30 Milliarden Euro. Die Kommission will nun diese Mängel beobachten und prüfen, ob sie einschreiten muss. Die DSW begrüßt dies.
Wir kritisieren seit Langem die oft mangelhafte Qualität der Bankberatung in Deutschland. Ein entscheidender Schritt in Richtung Optimierung des Anlegerschutzes wäre hier die Umkehr der Beweislast im Falle einer möglichen Falschberatung. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Kunde seiner Bank die Fehler nachweisen muss. Stattdessen sollte das Finanzinstitut die Korrektheit der Beratung belegen müssen. Leider ist die Politik nach wie vor nicht bereit, dieses Thema aktiv anzugehen.
Sogar das Gegenteil ist der Fall. Mit der Einführung von Beratungsprotokollen und Produktinformationsblättern, den sogenannten PIBs, zieht die Politik zwar zunächst die richtigen Konsequenz, setzt die guten Ideen dann aber wenig anleger- und damit zielorientiert um. Am Ende erschwert der Gesetzgeber mit seinen Maßnahmen sogar die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen, da sie den Banken einen rechtlichen Vorteil verschaffen, der nicht durch ein Plus an verarbeitbaren Informationen beim Kunden kompensiert wird.
Im Ergebnis wird statt einer Stärkung des Anlegerschutzes seitens der Politik zusehends der Verbraucherschutz in den Vordergrund geschoben. Der Anleger soll durch Verbote vor sich selbst geschützt werden. Dabei sollte es eigentlich das Ziel sein, die nutzbaren Informationen und das Wissen über die Zusammenhänge zu verbessern. Die Privatanleger sollten in die Lage versetzt werden, ihre Entscheidungen auf der Grundlage frei und unkompliziert zugänglicher, fundierter Fakten und Daten zu treffen. Mit der Betonung des Verbraucherschutzes ist das nicht zu erreichen. Sie führt zu einer grundlegenden Richtungsänderung des Kapitalmarktrechts weg vom Recht eines selbstverantwortlichen Anlegers hin zu einem stark fürsorgenden Recht des mit der Selbstverantwortung tendenziell überforderten Verbrauchers.
Eins ist aus unserer Sicht klar: Wenn die Politik auf diesem Weg weitergeht, wird die Konsequenz die Entmündigung des Anlegers sein. Was das für Blüten treiben kann, ist in Ansätzen bereits heute zu besichtigen. So darf sich eine Beratung nur noch auf solche Produkte beziehen, für die Produktinformationsblätter vorhanden sind. Für welche Produkte aber PIBs vorliegen, bestimmt ausschließlich die Risikoabteilung der Bank und nicht die Vermögenssituation, das Risikoprofil oder die Renditewünsche des Kunden, so wie es das Wertpapierhandelsgesetz zum Schutz des Anlegers und Kunden eigentlich vorsieht.
Das bedeutet, dass ein Berater, der seinem Kunden beispielsweise die Aktie des Chemiekonzerns BASF empfehlen will, dies nur kann, wenn ihm seitens der Bank ein entsprechendes PIB zur Verfügung gestellt wurde. Da die Bank mit dem Verkauf von direkten Investments wie in Aktien aber keine Provision verdienen kann, liegen solche PIBs in den Banken in der Regel nicht aus. In der aktuellen Realzinsfalle ist das für die Kunden ein schmerzlicher, weil teurer Nachteil.
Daher appellieren wir an die Politik, sich wieder mehr dem Anlegerschutz zu widmen. Wir wollen nicht, dass Privatanlegern aufgrund einer falsch verstandenen staatlichen Fürsorgepflicht der Weg zu bestimmten Anlageformen versperrt wird. Und das unabhängig von der wirtschaftlichen Vorbildung. Auch diejenigen, die nicht in der Lage sind, Bilanzen zu lesen, oder sich eine dezidierte Meinung über die konjunkturelle Entwicklung der Weltwirtschaft in den kommenden Monaten zu bilden, müssen die Chance haben, ihr Kapital bedarfsgerecht und renditeoptimiert anzulegen. Hier steht aber nicht nur die Politik, hier stehen auch die Banken in der Verantwortung. Es ist eben doch etwas anderes, ob einem von einem Autoverkäufer ein unnötiges Extra aufgeschwätzt wird, oder ob man von seinem Bankberater ein Anlageprodukt verkauft bekommt, das den Großteil des Vermögens vernichtet und wohl eher allein der Gewinn- und Verlustrechnung des Bankinstitutes Gutes tut als dem Portemonnaie des Kunden.
Damit so etwas nicht passiert, ist der faire, partnerschaftliche Umgang mit dem Kunden unabdingbar. Das sollte daher ein zentrales Thema bei Filialbanken sein. Schließlich werden auf diesem Feld die Grundlagen für nachhaltige Kundenbindung gelegt – oder vielleicht manchmal auch zerstört. Gerade in Zeiten, in denen das Privatkundengeschäft eine echte Renaissance als Renditebringer erlebt, sollte das Kundenvertrauen ein entscheidender Faktor sein. Dies auch mit Blick auf den Referentenentwurf des Finanzministeriums zum Thema Honorarberatung. Hier stehen die auf Basis oft intransparenter Provisionen abrechnenden Banken vor einer echten Herausforderung. Diese sollte, neben anderen Dingen, über den fairen Umgang mit Kunden und darauf aufbauend, über eine Stärkung des Kundenvertrauens angegangen werden.
Vor diesem Hintergrund haben wir gemeinsam mit dem Analysehaus ServiceValue untersucht, welche Noten die Kunden ihren Banken in den einzelnen Ausprägungen dieser Kategorie geben. Erstaunlich dabei ist, dass die Gesamtzufriedenheit aus Kundensicht – im Vergleich zum allgemeinen Bild, das die Banken in der Öffentlichkeit abgeben – relativ hoch ist. Fragt man die Kunden also direkt nach „ihrem“ Institut, ergibt sich ein anderes Bild als allgemein zu vermuten ist.
Das erinnert einen auch daran, dass es einige wenige Banken waren, die den Ruf der gesamten Branche angegriffen und in Misskredit gebracht haben. Nicht jeder Berater ist gleich ein schlechter Berater, nur weil er bei einer Bank arbeitet. Hier gilt es, genau zu unterscheiden und auch genauer hinzuschauen.
Und genau das haben wir getan:
Dabei hat sich gezeigt, dass es aus Sicht der Kunden insbesondere Nachholbedarf bei der Belohnung von Kundentreue und bei der Angemessenheit der Zinsen gibt. Am besten bewerten die Kunden das Online-Banking-Angebot der Banken.
Bevor ich das Wort an Herrn Heinisch übergebe, der Ihnen die Ergebnisse der Kundenbefragung im Einzelnen vorstellen wird, möchte ich betonen, dass es sich bei den Ergebnissen allein um die Meinung der befragten Kunden handelt. Softe Faktoren oder auch Gewichtungen durch die DSW, die das Bild nachträglich verändern, sind nicht eingeflossen. Allerdings lässt sich sagen – auch mit Blick auf die rund 30.000 Anfragen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DSW jährlich bearbeiten -, dass das durchaus überraschende Ergebnis, welches Ihnen nun präsentiert wird, mit unseren Erfahrungen korrespondiert.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.