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Vorstandsvergütungsstudie 2012
Die DSW veröffentlicht in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München ihre Vorstandsvergütungsstudie 2012. Im 10-Jahresvergleich ist die Vergütung der DAX-Vorstände um 126 Prozent gestiegen, im gleichen Zeitraum stiegen die Dividendenausschüttungen im DAX um 170 Prozent.
Teilnehmer:
Professor Dr. Gunther Friedl, Technische Universität München, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Controlling
Ulrich Hocker, DSW-Präsident
Christiane Hölz, DSW-Landesgeschäftsführerin für NRW
Jürgen Kurz, DSW-Pressesprecher
Es gilt das gesprochene Wort
(Redner: Ulrich Hocker)
Meine Damen und Herren,
die Vergütung der Vorstände deutscher Aktiengesellschaften erhitzt jedes Jahr aufs Neue die Gemüter der Öffentlichkeit. Vor zehn Jahren, als die DSW zum ersten Mal die Vorstandsvergütungsstudie veröffentlichte – und damit den Transparenzdruck auf die Unternehmen massiv erhöhte – lag die Deutsche Bank mit einer durchschnittlichen Vergütung von 5,3 Millionen Euro pro Vorstand mit großem Abstand an erster Stelle im DAX. An Position zwei lag damals mit knapp 2,2 Millionen Euro die Deutsche Telekom, gefolgt von Volkswagen, deren Manager im Schnitt etwas über 2,1 Millionen Euro erhielten. Der Gesamtdurchschnitt der Vergütung pro Vorstand betrug bei den 30 Gesellschaften 1,39 Millionen Euro. Bei neun Unternehmen erhielten die Vorstände im Schnitt weniger als eine Million Euro. Aktuell liegen mit Beiersdorf und der Commerzbank noch zwei DAX-Gesellschaften unter dieser Marke.
Da nur die wenigsten Unternehmen in ihren Geschäftsberichten die Gehälter ihrer obersten Manager individualisiert auswiesen, war eine Unterscheidung nach Vorstandsvorsitzenden und normalen Vorstandsmitgliedern damals schlicht nicht möglich – entsprechend waren die in der Regel höheren Gehälter der Vorstandsvorsitzenden in den genannten Zahlen enthalten.
In der diesjährigen Studie, die die DSW wieder in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Controlling der Technischen Universität München erstellt hat, zahlte der Spitzenreiter Volkswagen für das Geschäftsjahr 2011 pro Vorstand im Schnitt 8,4 Millionen Euro. Die Deutsche Bank kommt als Zweitplatzierter auf einen Durchschnittswert von knapp 5,9 Millionen Euro. Der Softwarekonzern SAP überwies seinen Vorständen jeweils rund 4,7 Millionen Euro. Wie schon für das Geschäftsjahr 2001 sind die Gehälter der Vorstandsvorsitzenden in diese Zahlen eingerechnet. Die 30 DAX-Gesellschaften überwiesen ihrem Spitzenpersonal pro Kopf durchschnittlich gut 3,14 Millionen Euro. Das entspricht gegenüber den Zahlen für das Geschäftsjahr 2001 einem Plus von 126 Prozent.
Im gleichen Zeitraum stiegen allerdings auch die Dividenden der DAX-Unternehmen deutlich an. Die Gewinnausschüttung der 30 größten deutschen Aktiengesellschaften lag bei rund 10,4 Milliarden Euro. Für das Geschäftsjahr 2011 flossen den Aktionären gut 28 Milliarden Euro zu. Das macht ein Plus von fast 170 Prozent. Deutlich weniger Freude machte den Anteilseignern dagegen der Kursverlauf. Der DAX legte von Anfang 2002 bis Ende 2011 gerade einmal um magere 14 Prozent von 5155 auf 5900 Punkte zu.
Die Zahlen belegen, dass den Steigerungen der Gehälter insgesamt durchaus auch ein Gewinnwachstum gegenübersteht. Gerade im vergangenen Jahr waren die Bilanzen vieler deutscher Unternehmen geradezu „goldgerändert“. Das teilweise deutliche Gehaltsplus einzelner Gesellschaften verwundert da aufgrund der variablen Vergütungsbestandteile nicht. Dass die Vorstände sich über ein Plus von fast 8 Prozent freuen konnten, während die Aktionäre sich mit 5,1 Prozent bei den Dividenden begnügen mussten, ist allerdings durchaus ein Wermutstropfen.
Doch lassen Sie mich, bevor Herr Professor Friedl und Frau Hölz die Ergebnisse der Studie im Einzelnen vorstellen, noch einige grundsätzliche Themen ansprechen:
Immer wieder ist in der Debatte um die Höhe der Vorstandsgehälter zu hören, dass es nicht nachvollziehbar sei, wenn Vorstände gewaltige Gehaltssprünge machen, während die Einkommen der restlichen Angestellten – wenn überhaupt – nur im unteren einstelligen Bereich zulegen. Aber Vorstände sind eben nicht nur Angestellte einer AG. Sie sind zudem Sachwalter des Aktionärsvermögens. In dieser Position ist es aus Sicht der Anteilseigner überhaupt keine Frage, dass die Gehälter einen variablen Anteil haben sollten, dessen Höhe am Unternehmenserfolg ausgerichtet ist. Entscheidend dabei sind die zugrundeliegenden Kennzahlen und die Beweglichkeit in beide Richtungen. Ob die Kennzahlen richtig gewählt wurden, wird meist erst in Krisenzeiten wirklich deutlich. Dann zeigt sich, ob die Vorstandsgehälter bei Gewinnrückgängen oder gar Verlusten, entsprechend sinken. Im schlimmsten Fall, sollte ein Rückgang bis auf das vertraglich vereinbarte Fixum die Regel sein. Hier liegt sicher noch einiges im Argen. So greifen leider einige Gesellschaften nach wie vor auf eher kurzfristig orientierte Kennzahlen zurück.
Auch weiche Faktoren wie Mitarbeiter- oder Kundenzufriedenheit in die Gehaltsentwicklung einfließen zu lassen, ist aus Sicht der DSW wegen des großen Ermessensspielraums nicht begrüßenswert. Um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich sind auch Aktionäre an der Zufriedenheit von Mitarbeitern und Kunden interessiert. Aber es sollte für Vorstände, die am nachhaltigen Erfolg des von ihnen geleiteten Unternehmens interessiert sind, schlicht eine Selbstverständlichkeit sein, diese Werte im Blick zu haben. Ein zusätzlicher Bonus ist hierfür aus unserer Sicht kaum angebracht.
Damit bin ich auch schon bei der absoluten Höhe der Gehälter angelangt. Ein Thema, das in der Diskussion rund um die Vergütung von Vorständen regelmäßig den Spitzenplatz einnimmt. Das war in diesem Jahr nicht anders. Aus Sicht der DSW sollten die Unternehmen diese gesellschaftliche Diskussion ernst nehmen und angemessen darauf reagieren. Es kann nicht im Sinne der Vorstände sein, wenn ihnen Selbstbedienungsmentalität unterstellt wird. Und es kann nicht im Sinne der Aufsichtsräte sein, die ja für die Festlegung der Gehälter zuständig sind, wenn der Eindruck entsteht, sie würden das Geld der Aktionäre mit vollen Händen in die Taschen der Top-Manager stopfen. Insbesondere, weil dieser Eindruck objektiv betrachtet, falsch ist.
Als Fazit lässt sich sagen, dass in den letzten zehn Jahren einiges deutlich besser geworden ist. Dazu hat neben gesetzlichen Bestimmungen auch der Corporate Governance Kodex beigetragen. Klar ist allerdings auch: Es gibt noch immer etliche Baustellen. Deshalb fordert die DSW eine Standardisierung der Darstellung sowohl der gesamten Vorstandsvergütung als auch der Pensionszusagen, die ebenfalls einen wichtigen Gehaltsbestandteil darstellen. Hier bietet sich eine tabellarische Form an. Damit könnten die Aktionäre nicht nur schnell und auf einen Blick erkennen, wie hoch die Gehälter waren und in welchem Verhältnis fixe und variable Bestandteile zu einander standen. Endlich wäre auch die Vergleichbarkeit zwischen den Gesellschaften gegeben, die jetzt nur mit großem Aufwand und wissenschaftlicher Unterstützung herzustellen ist.
Die DSW fordert zudem von den Aufsichtsräten der Unternehmen, die dies bisher noch nicht umgesetzt haben, die Einführung eines Caps für die Vorstandsvergütung. Hier gilt es, Werte festzulegen die auf die jeweilige Gesellschaft zugeschnitten sind. Ein gesetzlich festgelegter, einheitlicher Cap ist weder sinnvoll noch begrüßenswert. Der Aufsichtsrat ist in der Pflicht, die Grenze in einer Höhe zu setzen, die einerseits dem Unternehmen angemessenen ist und andererseits den sozialen Frieden in Deutschland nicht stört.
Wie das Gros der DAX-Gesellschaften zeigt, ist die Einführung einer Obergrenze für die Vorstandsvergütung allerdings nur dann etwas wert, wenn sie auch transparent dargestellt wird. Das war lediglich bei vier Unternehmen der Fall. Nur wenn die Anteilseigner, um deren Geld es ja geht, auf einen Blick erkennen können, in welche Höhen die Vorstandsgehälter im besten Fall steigen können und welche Erfolge das Management für dieses Best-Case-Gehalt vorweisen müssen, ist das Ziel erreicht. Doch davon sind wir noch meilenweit entfernt.
Bevor ich zum Ende komme, noch ein kurzer Exkurs zur aktuellen Diskussion rund um das Thema Say on Pay –also zur Abstimmung über das jeweilige Vergütungssystem auf den Hauptversammlungen. Aus Sicht der DSW ist es vor dem Hintergrund des deutschen two-tier-Systems, also der Trennung von Vorstand und kontrollierendem Aufsichtsrat, nicht zwingend notwendig, die „Say on Pay“-Abstimmung für den Aufsichtsrat bindend zu gestalten. Stimmen die diese Forderung erheben, kommen nicht zufällig in erster Linie aus Staaten, die ein einstufiges System haben, wie etwa Großbritannien oder der Schweiz. Dort wird in einem Gremium entschieden und kontrolliert. Die Nähe zwischen Vorständen und Aufsichtsräten ist entsprechend groß. In Deutschland könnte eine solche Gesetzesänderung die Rolle des Aufsichtsrats aushöhlen.
Dass „Say-on-Pay“ auch in der aktuellen Ausprägung in Deutschland funktioniert, hat etwa das Beispiel HeidelbergCement gezeigt. Über 54 Prozent der Aktionäre votierten auf der Hauptversammlung 2010 gegen das Vergütungssystem des Unternehmens. Als Reaktion überarbeitete der Aufsichtsrat das System komplett.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich übergebe jetzt das Wort an Herrn Professor Friedl, der die Untersuchungsergebnisse zur Vorstandsvergütung der 30 DAX Unternehmen vorstellen wird.
(Redner: Professor Dr. Gunther Friedl)
Meine Damen und Herren,
im DAX 30 haben wir im vergangenen Jahr wieder einen starken Anstieg der Vorstandsgehälter beobachtet. Mit 7,9 Prozent ist das Wachstum zwar gegenüber der letztjährigen Steigerung von 22 Prozent erheblich niedriger. Insgesamt zeigt der Trend bei den Vorstandsgehältern nach wie vor aber deutlich nach oben. Der Anstieg ist umso bemerkenswerter, als im letzten Jahr die Aktienkurse mit einem Rückgang von etwa 15 Prozent empfindlich eingebrochen sind. Mit 3,14 Millionen Euro Gesamtvergütung verdient ein DAX-Vorstand inzwischen das 54-fache dessen, was ein durchschnittlicher Angestellter eines DAX-Unternehmens verdient.
Interessant ist eine Entwicklung, die der Gesetzgeber vor einigen Jahren aufgegriffen, und die nun in den DAX-Unternehmen angekommen ist. Der Anteil der langfristigen Vergütungskomponenten nimmt spürbar zu. Wenn man auf die Struktur der Vergütung blickt, zeigt sich, dass nur 28 Prozent der Vergütung fix sind. Die Hälfte der Vergütung wird als Bonus gewährt, der inzwischen häufig auf einer mehrjährigen Bemessungsgrundlage beruht und damit langfristig orientiert ist. Erfreulich ist, dass die aktienkursbasierten Vergütungsbestandteile zunehmen, weil diese die langfristigen Perspektiven der Unternehmen am besten wiederspiegeln. Dieser Teil der Vergütung ist am stärksten angestiegen und macht nun fast 22 Prozent der Gesamtvergütung aus.
Die Transparenz bei der Vorstandsvergütung in den DAX-Unternehmen ist gut. Mit HeidelbergCement legt nun auch das letzte Unternehmen seine Vergütung individualisiert, also für jedes Vorstandsmitglied einzeln offen. Die Vergütungsberichte werden zunehmend ausführlicher und verständlicher.
Einzelne Unternehmen, wie beispielsweise MAN, beschreiben ihre Bonussysteme so ausführlich, dass Aktionäre und Öffentlichkeit die Funktionsweise gut nachvollziehen können. Die Vergütungskomponenten werden verstärkt in übersichtlichen Tabellen dargestellt. Hier möchte ich ausdrücklich die Deutsche Bank loben, die damit ihrem Vergütungsbericht einen weiteren
Transparenzschub gegeben hat. Viele Unternehmen können aber gerade bei diesen beiden Punkten noch nachlegen.
Nachlegen können die Unternehmen auch bei den Zahlungen, die nach dem Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern geleistet werden. Hier haben wir manchmal den Eindruck gewonnen, dass Unternehmen auf eine ausführliche Erläuterung dieser Zahlen bewusst verzichten.
Eine wichtige Verbesserungsmaßnahme betrifft die mehrjährigen Boni. Hier zeigt sich, dass sich zwei völlig unterschiedliche Darstellungsweisen herausgebildet haben. Ein Teil der Unternehmen weist die tatsächlichen Zahlungen an ihre Vorstände aus. Ein anderer Teil dagegen stellt die Rückstellungen für diese Zahlungen dar, auch wenn sie im aktuellen Jahr noch gar nicht zur Auszahlung kommen. Damit ergibt sich ein uneinheitliches Bild, und die Boni lassen sich damit kaum vergleichen. Wir plädieren für eine einheitliche Darstellung.
Eine weitere Verbesserung ist bei den Angaben zu den Ruhegehältern notwendig. Inzwischen kann man sich zwar ein ungefähres Bild von den tatsächlichen Pensionszusagen machen, allerdings wäre auch hier eine einheitliche Darstellung hilfreich. Auf Basis der Angaben in den Berichten haben wir für die Vorstandsvorsitzenden im DAX eine jährliche Pension in Höhe von 638 Tausend Euro ermittelt, allerdings bei beträchtlichen Abweichungen nach oben und unten.
Lassen Sie mich nun zu einigen interessanten Einzelergebnissen unserer Studie kommen. Der Bestverdiener unter den Vorstandsvorsitzenden im DAX war wie schon im Vorjahr Martin Winterkorn von Volkswagen mit einer Gesamtvergütung von immerhin 16,6 Millionen Euro. Auch auf Platz zwei gibt es keine Veränderung. Diesen belegt Josef Ackermann von der Deutschen Bank mit 9,5 Millionen Euro. Auf Platz 3 konnte sich mit Dieter Zetsche von Daimler ein weiterer Automobilmanager vorschieben, der auf 8,8 Millionen Euro Gehalt kam. Schlusslicht ist wie schon in den Vorjahren Martin Blessing von der Commerzbank, der als einziger unter der Millionengrenze bleibt. Im Schnitt erhielten die Vorstandsvorsitzenden der DAX-Unternehmen 5,1 Millionen Euro.
Interessant ist auch ein Blick auf das Wachstum der Vergütung gegenüber dem Vorjahr. So haben sich die Bezüge bei Infineon und K+S mehr als verdoppelt. Dagegen gingen die Gehälter für die Vorstände bei Metro und MAN um jeweils ein knappes Drittel zurück. Das zeigt, dass Vorstandsgehälter im Einzelfall erheblich schwanken können.
Interessant ist die Entwicklung bei einzelnen Unternehmen. So sticht die Deutsche Lufthansa mit einem Anstieg der fixen Vergütung um über 40 Prozent heraus, der höchste Wert im DAX. Dieser Anstieg kompensiert damit zum Teil die erheblichen Rückgänge bei den variablen Vergütungskomponenten, die auf die schwache Performance des Unternehmens zurückzuführen sind. Auch wenn es im Einzelfall für den Anstieg des Festgehalts einen guten Grund geben mag, wird damit die Anreizwirkung der Vergütung ausgehebelt. Nach außen sendet das Unternehmen dadurch jedenfalls kein gutes Signal.
Meine Damen und Herren,
die Höhe der Vorstandsvergütung wird seit vielen Jahren nicht nur in Deutschland kontrovers diskutiert. Die Intensität dieser Debatte ist zumindest in Deutschland nicht über die wirtschaftliche Bedeutung der Gehälter zu rechtfertigen. Denn sowohl im Vergleich zu den Gewinnen als auch im Vergleich zu den gesamten Personalaufwendungen spielen die Vorstandsgehälter eine fast verschwindende Rolle. Im DAX machen sie beispielsweise nur 0,33 Prozent der gesamten Personalaufwendungen aus.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass Aufsichtsräte diese Debatte ernst nehmen und daraus die richtigen Schlüsse ziehen müssen. Die Vergütung muss wettbewerbsfähig sein und die richtigen Anreize setzen, darf aber auch das Gerechtigkeitsgefühl der Öffentlichkeit nicht verletzen. Freiwillige Obergrenzen bei der Vergütung genauso wie die Begrenzung von Einmalzahlungen beim Ausscheiden können dazu meines Erachtens einen wichtigen Beitrag leisten. Die Verantwortung dafür muss allerdings weiterhin bei den Aufsichtsräten liegen. Der Gesetzgeber wäre schlecht beraten, den gewählten Aufsichtsratsmitgliedern diese Verantwortung durch ein Übermaß an Regulierung aus der Hand zu nehmen.
(Rednerin: Christiane Hölz)
Vielen Dank, Herr Professor Friedl,
nachdem wir nun gehört haben, wie die Vorstände der dreißig deutschen Topunternehmen vergütet werden, lassen Sie uns noch einen Blick auf das Standing der Top-Manager im internationalen Vergleich werfen. Eins kann ich schon vorwegnehmen: Schlecht schneiden die deutschen Vorstandsvorsitzenden dabei nicht ab. Ihre Vergütung liegt mit den 5,1 Millionen Euro im oberen Bereich. Die im französischen CAC40-Index enthaltenen Konzerne zahlten ihren Chefs im Schnitt 3,4 Millionen Euro. In der Schweiz erhielten die Vorstandsvorsitzenden der 20 im SMI zusammengefassten Unternehmen knapp 4,9 Millionen Euro.
Von US-amerikanischen Verhältnissen sind aber auch die Deutschen noch weit entfernt. Hier lag die durchschnittliche Vergütung der Vorsitzenden der im Dow Jones Industrial Average (DJIA) zusammengefassten Gesellschaften bei 12,1 Millionen Euro pro Kopf und Jahr. Die Einkommen der Chefs von im NASDAQ notierten Gesellschaften sind in diesem Wert nicht einmal enthalten. So etwa Apple-Chef Tim Cook, der rund 271,5 Millionen Euro erhalten hat, oder Lawrence Ellison von Oracle mit 55,7 Millionen Euro, um nur zwei zu nennen.
Bei dem Vergleich sollte aber nicht unerwähnt bleiben, dass die Vergütungssysteme sehr unterschiedlich sind. So hat die Barvergütung in Deutschland einen deutlich höheren Stellenwert. Hierzulande werden etwa 53 Prozent der Gesamtvergütung als Barvergütung gewährt. In Frankreich sind es rund 39 Prozent, in den USA liegt die Barquote bei 26 Prozent und in der Schweiz gar nur bei 19 Prozent.
Betrachtet man ausschließlich die Barkomponenten, und damit nur die Komponenten, die der Vorstand tatsächlich ausgezahlt bekommt, zeigt sich, dass amerikanische Unternehmenslenker ungefähr auf Höhe des deutschen Niveaus liegen. Denn der Großteil der Vergütung in den USA – immerhin rund 7,7 Millionen Euro – besteht aus aktienbasierten Vergütungselementen. Die Höhe der Barvergütung beträgt in den USA im Schnitt 4,5 Millionen Euro. In Deutschland liegt dieser Wert bereits bei 4,1 Millionen Euro.
Auch wenn die deutschen Gesellschaften bei der Vergütung in der europäischen Spitzengruppe sind, ist das bei der Transparenz noch lange nicht der Fall. Mit den Berichten US-amerikanischer oder französischer Unternehmen können die deutschen AGs nicht mithalten. Dort haben die Börsenaufsichten SEC und AMF konkrete Vorgaben zur Darstellung der Vergütung gemacht. In der Schweiz hat die Aufsichtsbehörde SIX Exchange Regulation erst kürzlich mitgeteilt, dass sie bei den Geschäftsberichten 2012 insbesondere darauf achten wird, ob die Vergütungselemente in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden.
Ganz ähnlich sieht es beim Thema Cap aus, also der Begrenzung der Managergehälter nach oben. Auch hier sind andere Länder ein gutes Stück weiter. So wird in Großbritannien die potenzielle maximale variable Vergütung in der Regel im Verhältnis zum veröffentlichten Grundgehalt angegeben und oftmals auch grafisch unterlegt. Diskutiert wird dort, ob nicht zwingend die Veröffentlichung der potenziellen Maximalvergütung in einer einzigen Zahl erfolgen sollte.
In diesem Jahr haben wir – zunächst für die DAX30-Unternehmen – erstmalig die Geschäftsberichte mit Blick auf die potenzielle Maximalvergütung der Vorstandsvorsitzenden untersucht. Ohne diese Information ist es faktisch unmöglich, die Angemessenheit der vom Aufsichtsrat gewährten Vergütung vollständig zu beurteilen. Bei 28 der 30 Dax-Unternehmen wird ein solcher Cap im Geschäftsbericht erwähnt. Lediglich Merck und Volkswagen machen dazu keine Angaben. Merck hat aber mittlerweile einen Cap eingeführt.
Die Berechnung der Gehaltsgrenze ist in vielen Fällen trotz der gemachten Angaben nicht oder nur sehr schwer möglich. Lediglich Allianz, Deutsche Post, Münchener Rück und Siemens können wir hier eine gute Transparenz bei den Angaben bescheinigen. Bei 19 Gesellschaften war es dagegen unmöglich, die potenzielle Maximalvergütung der Vorsitzenden zu berechnen. Bei sechs Unternehmen konnten mithilfe verschiedener Annahmen Näherungswerte ermittelt werden. Die Commerzbank haben wir – wegen des SoFFin-Caps – bei der Analyse außen vor gelassen. Bei den 10 Unternehmen, bei denen eine Berechnung möglich war, 11 zeigt sich, dass die Grenze für die einzelnen Vergütungskomponenten in der Regel zwischen 150 Prozent und 250 Prozent der jeweils vereinbarten Zielvergütung liegt.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass noch immenser Nachholbedarf in der Darstellung besteht.
Lassen Sie mich nun zu den MDAX-Unternehmen kommen. Insgesamt wird die Vorstandsvergütung hier wie auch im Vorjahr weniger transparent dargestellt als im DAX. Die Anzahl der Unternehmen, die ihre Vorstandsvergütung nicht individualisiert offenlegen, hat sich auf 11 (Vorjahr: 13 Unternehmen) verringert. Zum einen weisen Celesio, die Hannover Rückversicherung und Kabel Deutschland ihre Vergütung in 2011 nun individualisiert aus. Zum anderen hat sich aber GSW Immobilien, einer der MDAX-Neulinge, durch Opting Out vom individualisierten Ausweis befreit.
Die durchschnittliche Gesamtvergütung eines Vorstandsmitglieds (inkl. Vorsitzende) lag im MDAX bei 1,617 Millionen Euro und damit deutlich niedriger als bei den DAX-Unternehmen. Die Bandbreite reicht von knapp 4,3 Millionen Euro bei Axel Springer bis zu 0,6 Millionen Euro bei der Deutsche Euro Shop AG. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Vorstandsvergütung um durchschnittlich 1,74 Prozent gesunken. Dennoch vergüten nur noch 10 Unternehmen im MDAX ihre Vorstände im Schnitt mit weniger als 1,0 Millionen Euro.
Mit rund 410 Prozent legte die durchschnittliche Gesamtvergütung der Aareal Bank besonders deutlich zu. Hier schlägt das Ende des SoFFin-Cap voll durch. Auch der MDAX-Neuling Dürr konnte mit 108 Prozent einen starken Anstieg verzeichnen, der in erster Linie auf die aktienkursbasierte Vergütung zurückzuführen ist.
Die Vorsitzenden der MDAX-Vorstände verdienten im Durchschnitt gut 2,3 Millionen Euro. Spitzenreiter der Gehaltstabelle ist mit einem geschätzten Jahressalär von 6,3 Millionen Euro erneut der Springer-Chef Mathias Döpfner. Im DAX hätte er damit immerhin Platz 8 belegt. Da die Axel Springer AG zu den Unternehmen gehört, die die Vorstandsvergütung nicht individualisiert offenlegen, sind wir von einem Verhältnis der Vergütung des Vorstandsvorsitzenden zu den restlichen Vorstandsmitgliedern von 1,74 zu 1 ausgegangen. Das 12 entspricht der im MDAX üblichen Spreizung der Gehälter. Den zweiten Rang nimmt Louis Gallois, Ex-Chef von EADS, mit einem Gehalt von knapp 4,2 Millionen Euro ein. Platz drei belegt Gerry Weber-Chef Gerhard Weber mit einem Gehalt von ebenfalls knapp 4,2 Millionen Euro.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.