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DSW-Aufsichtsratsstudie 2014
Seit mehr als zehn Jahren analysiert die DSW die Machtverhältnisse und die Vergütungsstrukturen in den Kontrollgremien der deutschen Aktiengesellschaften und veröffentlicht die Ergebnisse in ihrer Aufsichtsratsstudie.
Teilnehmer seitens der DSW:
Jella Benner-Heinacher, Hauptgeschäftsführerin (stv.)
Christiane Hölz, Landesgeschäftsführerin NRW
Jürgen Kurz, Pressesprecher
Es gilt das gesprochene Wort
Jella Benner-Heinacher, Hauptgeschäftsführerin (stv.) der DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz)
Meine Damen und Herren,
zunächst darf ich Sie herzlich zu unserer Pressekonferenz zur Vorstellung der diesjährigen DSW-Aufsichtsratsstudie begrüßen. Bevor meine Kollegin Frau Hölz Ihnen die Ergebnisse im Detail vorstellt, lassen Sie mich ein paar einleitende Sätze zur Systematik der Untersuchung sagen.
Die DSW-Aufsichtsratsstudie gehört ja schon zum festen Bestandteil der Studien, die die DSW jährlich veröffentlicht. Seit mehr als zehn Jahren analysieren wir nun bereits die Machtverhältnisse und die Vergütungsstrukturen in den Kontrollgremien der deutschen Aktiengesellschaften.
In dieser Zeit hat die Bedeutung des Aufsichtsrats und die Bedeutung einzelner Ausschüsse deutlich zugenommen. Entsprechend haben wir den Analyserahmen immer wieder nachjustiert.
Analysiert wurden in erster Linie die Anteilseignerseiten der Aufsichtsräte, da nur diese von Aktionären gewählt werden. Beim Blick auf das Thema Diversity und bei der Vergütung haben wir aber zusätzlich die Arbeitnehmerseite in die Analyse mit einbezogen, um zu einer ganzheitlichen Betrachtung zu kommen. Beim Thema Gender Diversity entspricht das nun auch den neuen Vorgaben, die die Quote auf beiden Seiten zusammenrechnet.
Eines der Hauptthemen war – wie bereits in den Vorjahren – die Frage, wer in den Aufsichtsräten der großen deutschen Aktiengesellschaften sitzt und welcher der Kontrolleure durch seine Mandate eine besonders einflussreiche Position einnimmt. Hierbei haben wir uns auf die Kontrollgremien der DAX30-Gesellschaften und auf deren wichtigste Ausschüsse (Präsidium, Prüfungsausschuss, Personal- sowie Nominierungsausschuss) beschränkt.
Bei der Vergütung ging es uns zum einen um die absolute Höhe, aber auch darum, welche Vergütungssysteme die einzelnen Unternehmen für die Bezahlung ihrer Aufsichtsräte nutzen.
Damit übergebe ich das Wort an meine Kollegin Frau Hölz, die Ihnen nun die Rangliste der einflussreichsten Aufsichtsräte sowie die Vergütungshöhen und -systeme vorstellen wird.
Es gilt das gesprochene Wort
Christiane Hölz, Landesgeschäftsführerin NRW der DSW
Meine Damen und Herren,
wie schon in den vergangenen Jahren haben wir, um herauszufinden, wer der einflussreichste Aufsichtsrat in Deutschland ist, auf eine Punktematrix zurückgegriffen. Wichtig war uns hierbei, die einzelnen Funktionen innerhalb des Aufsichtsrats (Vorsitz, Stellvertretung, Ausschussmitgliedschaft/-vorsitz) unterschiedlich zu gewichten, da an diese Positionen erhöhte Anforderungen gestellt werden.
2014 wurden auf der Anteilseignerseite der DAX30-Unternehmen mehr als 60 der derzeit 251 Mandate neu besetzt. Auf die Spitze des DSW-Rankings der einflussreichsten Aufsichtsräte in Deutschland hatte dies, anders als noch 2013, allerdings nur geringe Auswirkungen. Nachdem sich im letzten Jahr Werner Wenning und Ulrich Lehner den ersten Platz noch teilen mussten, ist Herr Wenning jetzt alleiniger Spitzenreiter. Ulrich Lehner folgt auf Rang 2.
Werner Wenning sitzt den Aufsichtsräten von Bayer und E.ON vor und ist darüber hinaus im Aufsichtsgremium von Siemens vertreten. Ulrich Lehner sitzt ebenfalls zwei Aufsichtsräten vor, nämlich denen der Deutschen Telekom und ThyssenKrupp, und ist zusätzlich ordentliches Mitglied im Aufsichtsrat von E.ON. Allerdings sitzt Herr Lehner in seinen Gremien in weniger Ausschüssen.
Wolfgang Mayrhuber hat zwar ein DAX-Aufsichtsratsmandat mehr als Lehner und Wenning. Trotzdem bleibt er wie im Vorjahr auf Platz 3 des Rankings. Dies liegt ebenfalls daran, dass er Mitglied in weniger Ausschüssen als die beiden vor ihm Platzierten ist. Mayrhuber leitet die Aufsichtsräte von Infineon Technologies und Deutscher Lufthansa und ist zudem Mitglied der Aufsichtsräte von BMW und der Münchener Rück.
Eine Frau findet sich unter den Führenden des Rankings nach wie vor nicht. Daran hat auch die Diskussion über die Frauenquote für Kontrollgremien von Aktiengesellschaften nichts geändert. Die erste Aufsichtsrätin in unserem Ranking ist – wie schon im Vorjahr – Renate Köcher. Die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach ist auf Rang 17 zu finden. Im Vorjahr hatte Frau Köcher Rang 16 inne. Frau Köcher sitzt bei der Allianz, bei BMW und Infineon Technologies im Aufsichtsrat.
Die TOP 11 Aufsichtsräte der DSW-Untersuchung halten insgesamt 30 Mandate bei 18 der 30 DAX-Unternehmen. Diese Zahlen sind im Vergleich zum Vorjahr praktisch unverändert (30 Mandate bei 19 DAX-Unternehmen). Eine Unterbrechung des langfristigen Trends der Mandatsreduzierung unter den TOP-Aufsichtsräten ist damit noch nicht ersichtlich: Im Jahr 2007 hielten die TOP 11 Aufsichtsräte noch 41 Aufsichtsratsmandate bei 24 der 30 DAX-Unternehmen.
Neben der Frage nach der Stellung der Aufsichtsräte wurden im Rahmen der Studie natürlich auch wieder die Vergütung und die der Bezahlung zugrunde liegenden Vergütungssysteme analysiert.
Insgesamt überwiesen die DAX30-Unternehmen für das Geschäftsjahr 2013 rund 77,3 Millionen Euro an ihre Aufsichtsräte. Das entspricht einem Plus von 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Vergütungen sind damit zum vierten Mal in Folge angestiegen. Der Anstieg in 2013 fiel jedoch geringer aus als in den Jahren zuvor.
Mit großem Abstand die höchste Vergütung überwies in 2013 erneut die Volkswagen AG: Insgesamt knapp 9,8 Millionen Euro erhielt das 20-köpfige Kontrollgremiums des Autobauers (2012: 8,8 Millionen Euro). Zweitgrößter Zahler im DAX war erneut die Siemens AG. Die Gesellschaft überwies rund 4,9 Millionen Euro an die Mitglieder ihres Aufsichtsrates (plus 1,6 Prozent ggü. Vorjahr). Platz drei belegt die BMW AG, die ihren Aufsichtsräten für 2013 insgesamt etwa 4,6 Millionen Euro überwies. Das sind 1,8 Prozent mehr als für 2012.
Besonders stark gestiegen ist die Gesamtvergütung mit 65 Prozent bei der Deutschen Bank. Bedingt ist dies durch eine von der Hauptversammlung 2013 beschlossene Umstellung der Vergütung auf eine reine Festvergütung mit stärkerer Betonung der funktionsbezogenen Vergütung. Aber auch bei der Deutschen Telekom (+ 28 Prozent) und Merck (+ 22 Prozent) sind die Aufsichtsratsbezüge deutlich gestiegen.
Bei Deutscher Telekom (ab 1.1.2013) und Merck (ab 27.4.2013) wirken sich ebenfalls Umstellungen auf neue Vergütungssysteme aus, die eine erhöhte Festvergütung bei Abschaffung der variablen Vergütungskomponente vorsehen.
Einen deutlichen Rückgang der Vergütung um immerhin 31 Prozent war bei dem Energieversorger E.ON zu beobachten, der im Vorjahr noch die dritthöchste Gesamtvergütung gezahlt hatte. Zurückzuführen ist das Minus allerdings ganz wesentlich auf eine Reduzierung der Aufsichtsratsmitglieder im Zuge der Umwandlung der Gesellschaftsform in eine SE von 20 auf 12 Mitglieder.
Bei FMC sorgte der Ausfall der variablen Vergütungskomponente für einen Rückgang der Gesamtvergütung um 30 Prozent.
Die Bezüge eines Aufsichtsratsvorsitzenden betrugen im DAX30 durchschnittlich knapp 340.000 Euro, was einem Zuwachs von 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Insgesamt werden 13 Aufsichtsratsvorsitzende über dem DAX-Schnitt vergütet. Die höchste Vergütung zahlte Volkswagen: Der Vorsitz im Aufsichtsrat des Autobauers wurde 2013 mit insgesamt 1.189.300 Euro vergütet und blieb damit weiterhin oberhalb der 1-Millionen-Euro-Grenze, die im letzten Jahr erstmalig überschritten worden war.
Am zweithöchsten wurde mit rund 646.000 Euro der Aufsichtsratsvorsitz bei der Deutschen Bank vergütet, der mit einem Zuwachs von 155 Prozent den höchsten Anstieg verzeichnen konnte.
Den dritten Platz in der Vergütungsrangliste belegt mit 617.000 Euro der Aufsichtsratsvorsitzende von Siemens.
Den stärksten Rückgang in der Vergütung musste in 2013 der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Deutschen Lufthansa hinnehmen. Seine Vergütung sank im Vergleich zum Vorjahr um 21 Prozent auf knapp 300.000 Euro, da im Gegensatz zu 2012 keine ergebnisabhängige variable Vergütung gezahlt wurde.
Insgesamt nach oben ging es bei der Vergütung für die Ausschussmitglieder. Mit durchschnittlich gut 149.000 Euro und damit 6,3 Prozent mehr als 2012 wurde ein AR-Ausschussmitglied eines DAX30-Unternehmens in 2013 vergütet.
Die durchschnittlich höchste Vergütung leistete sich auch hier die Volkswagen AG. Gut 495.000 Euro erhielt ein Ausschussmitglied im Aufsichtsgremium des Autobauers im Schnitt in 2013. Auch auf dieser Position zeigt sich damit eine deutliche Spreizung der geleisteten Vergütungen. Die geringste Vergütung erhielten erneut die Ausschussmitglieder bei HeidelbergCement (je 56.500 EURO).
Ein einfaches Aufsichtsratsmitglied im DAX30 erhielt durchschnittlich gut 107.000 Euro und damit 4,4 Prozent mehr als 2012. Auch hier liegt Volkswagen mit knapp 332.000 Euro im Durchschnitt vorn. Dieser Betrag bedeutet einen Zuwachs um 15,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zweitstärkster Zahler war mit durchschnittlich 180.000 Euro BASF (unverändert ggü. Vorjahr).
Die durchschnittlich geringste Vergütung erhielten die Aufsichtsratsmitglieder von FMC (30.000 Euro), die für 2013 auf eine erfolgsbezogene Vergütung verzichten mussten.
Blickt man auf die Struktur der Vergütung so zeigt sich, dass das Grundgehalt zuzüglich Sitzungsgeld und sonstiger Vergütung einen großen Anteil an der gesamten im DAX30 gezahlten Vergütung ausmacht. Insgesamt 56 Prozent der Gesamtvergütung 2013 (2012: 54 Prozent) erzielten die Aufsichtsräte der DAX30-Unternehmen aus solchen festen Vergütungsbestandteilen. Dabei entfielen 50 Prozent der Gesamtvergütung (2012: 47 Prozent) auf die Grundvergütung, 4 Prozent (2012: 5 Prozent) auf das Sitzungsgeld und 2 Prozent (2012: 2 Prozent) auf die sonstige Vergütung. Der Anteil der langfristigen Vergütungskomponente ist von 0,3 Prozent auf 5 Prozent gestiegen – dies jedoch ganz wesentlich durch die Umstellung der variablen Vergütung bei BMW von kurz- auf langfristig sowie der Einführung einer langfristigen Vergütungskomponente bei der Deutschen Bank.
Die Analyse der Vergütungsstrukturen der DAX30-Aufsichtsräte zeigt, dass die variable Vergütung, im Einklang mit der geänderten Empfehlung des Deutschen Corporate Governance Kodex, auf dem Rückzug ist. Lediglich sieben Unternehmen verwenden noch eine ausschließlich kurzfristige variable Vergütung, wobei als Kennziffern die Dividende oder das EPS gewählt werden. Ein Unternehmen vergütet in einer Kombination von kurzfristiger und langfristiger variabler Komponente und weitere fünf Unternehmen bemessen die variable Komponente an ausschließlich langfristigen Faktoren.
Wie die Daten zeigen, ist der Trend zur reinen Festvergütung von Aufsichtsräten also weiter intakt. Grundsätzlich befürwortet die DSW diese Entwicklung. Es darf allerdings nicht sein, dass dies zu einer Konservierung der Vergütung auf besonders hohem Niveau genutzt wird. Vielmehr sollte sich in der Höhe das Ergebnis einer langfristigen, rückwirkenden Betrachtung der bisherigen Vergütung widerspiegeln.
Wenn variable Vergütungsbestandteile genutzt werden sollen, dann bitte langfristig orientierte, so wie dies bei Continental oder FMC der Fall ist.
Die Unternehmen im DAX, die ausschließlich kurzfristig vergüten (dies sind BASF, Commerzbank, Fresenius, H.Cement, Infineon, SAP und VW) fordern wir auf, ihre Vergütung zu überprüfen und anzupassen. Insbesondere ist das bei Commerzbank, Fresenius, SAP und VW angeraten, die sich immer noch eine dividendengekoppelte Vergütung an ihre Aufsichtsräte leisten. Gleiches gilt für Beiersdorf, auch wenn diese die Dividende nicht nur als kurz-, sondern auch als langfristige Benchmark nutzen.
Die Zahlen zu den Vergütungen in MDAX, TecDax und SDAX finden Sie in den Unterlagen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es gilt das gesprochene Wort
Jella Benner-Heinacher, Hauptgeschäftsführerin (stv.) der DSW
Meine Damen und Herren,
erlauben Sie mir noch eine Anmerkung zur Transparenz der Vergütung der Aufsichtsräte. Die Studie hat uns gezeigt, dass es immer noch Schwachstellen in der Berichterstattung durch die Unternehmen gibt – und das erstaunt. Die Vergütung für das Kontrollorgan ist i. d. R. nicht sonderlich komplex und das sollte auch für deren Darstellung gelten. Hier wäre eine Tabelle wünschenswert, in der alle Vergütungsbestandteile je Mitglied aufgeführt werden. Leider ist das nicht immer der Fall: Wenn man sich etwa die vielen Fußnoten bei Beiersdorf, Daimler, E.ON oder Siemens ansieht, die die Unternehmen zur Aufschlüsselung des Sitzungsgeldes oder der Ausschussvergütung nutzen, wird klar, dass es eindeutig noch Verbesserungsbedarf gibt.
Soweit zur Vergütung, lassen Sie mich jetzt noch zu einem Randaspekt unserer DSW Studie kommen, dem Thema „Diversity“, bevor ich zum Schluss noch einen kurzen Blick auf die anstehenden Aufsichtsratswahlen im kommenden Jahr werfe.
Zwei Kriterien der Diversity haben wir im Rahmen der Aufsichtsratsstudie genauer unter die Lupe genommen: Zum einen die Altersstruktur der Gremien, zum anderen den Frauenanteil.
Nachdem der Deutsche Corporate Governance Kodex bereits im Jahr 2009 die Empfehlung aufgenommen hat, bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrats auch auf Vielfalt zu achten, wurde diese Empfehlung in 2010 insoweit konkretisiert, dass dabei insbesondere eine angemessene Berücksichtigung von Frauen angestrebt werden soll.
Im DAX30 sieht das folgendermaßen aus:
Von den 251 Anteilseignermandaten werden 2014 insgesamt 53 Mandate (2013: 45 Mandate) von Frauen gehalten. Somit liegt der Anteil auf der Anteilseignerseite 2014 bei 21 Prozent im Vergleich zu 18 Prozent 2013. Dies zeigt, dass zumindest ein kleiner Schritt in die richtige Richtung bei den deutschen Aufsichtsräten feststellbar ist.
Ein Blick auf die Arbeitnehmerseite macht deutlich, dass hier bereits historisch deutlich mehr für eine angemessene Beteiligung von Frauen getan wurde: Hier sind im DAX30 immerhin 68 Mandate bzw. 28,5 Prozent der insgesamt 239 Mandate (2013: 26,1 Prozent) mit weiblichen Mandatsträgern besetzt.
Wird die Entwicklung der letzten Jahre berücksichtigt, zeigt sich, dass der Anstieg auf der Anteilseignerseite auf niedrigem Niveau deutlich stärker ausgefallen ist als auf der Arbeitnehmerseite. Der Anteil der Frauen auf der Anteilseignerseite stieg seit 2006 um gut 16 Prozentpunkte, wohingegen der Anstieg auf der Arbeitnehmerseite bei rund 10 Prozentpunkten lag.
Im Durchschnitt sind die größten deutschen Aktiengesellschaften somit nicht nur von dem auf EU-Ebene diskutierten 40-Prozent-Anteil weit entfernt, sondern auch von dem in Deutschland gerade in einem Gesetzentwurf festgezurrten 30 Prozent-Anteil. Bezogen auf die Gesamtheit der im DAX30 vorhandenen 490 Aufsichtsratsmandate lag der Anteil der Frauen 2014 bei 24,7 Prozent, wovon 13,9 Prozent durch die Arbeitnehmerseite und gerade einmal 10,8 Prozent durch die Anteilseignerseite gestellt wurden.
Doch es ist nicht nur die Mitgliedschaft in den Aufsichtsgremien selbst, die von Bedeutung ist. Entscheidender ist, wer den Gremien vorsitzt bzw. in den wichtigen Ausschüssen vertreten ist und damit an den Schaltstellen der Macht sitzt. Im Rahmen dieser Studie wurde daher auch die Zusammensetzung der nach unserer Einschätzung entscheidenden Ausschüsse, namentlich Prüfungsausschuss, Präsidial-/ bzw. Personalausschuss, Nominierungsausschuss sowie, sofern vorhanden, Vergütungsausschuss, untersucht.
Der Blick auf die Zusammensetzung zeigt, dass in deutschen Aufsichtsräten immer noch deutlicher Nachholbedarf besteht: Bei der Besetzung von Schlüsselpositionen innerhalb der Aufsichtsräte, wie z.B. dem Vorsitz des Gremiums, dem Vorsitz des Prüfungsausschusses sowie der Mitgliedschaft bzw. dem Vorsitz in anderen entscheidenden Ausschüssen spielen Frauen auch 2014 eine untergeordnete Rolle. 2014 wurden 83,7 Prozent der Positionen in den wichtigsten Ausschüssen von Männern besetzt, lediglich 16,3 Prozent wurden von Frauen wahrgenommen. Ganze fünf der wichtigsten Ausschüsse werden von Frauen geleitet.
Henkel gehört, neben der Münchener Rück und Merck, insgesamt zu den Gesellschaften mit den höchsten Frauenanteilen in ihren Aufsichtsgremien.
Rang | Unternehmen | Frauenanteil 2014 |
---|---|---|
1 | Henkel | 43,8% |
2 | Münchener Rück | 40,0% |
3 | Merck | 37,5% |
Auch 2014 sind keine Frauen in den Aufsichtsräten von Fresenius und Fresenius Medical Care vertreten. Beide Unternehmen lehnen in ihrer Corporate Governance Erklärung im Übrigen auch die Einführung fester Quoten ab.
Im Rahmen der Studie wurde aber nicht nur der Frauenanteil sondern auch die Altersstruktur der DAX30 Aufsichtsräte analysiert. Hierbei haben wir uns auf die Anteilseignermandate konzentriert.
Das durchschnittliche Alter eines DAX30-Aufsichtsrats beträgt 61 Jahre. Die jüngste Aktionärsseite stellt mit durchschnittlich 53 Jahren die Henkel KGaA. Den durchschnittlich ältesten Aufsichtsrat weisen mit 70 bzw. 69 Jahren Fresenius Medical Care und Fresenius auf.
Das durchschnittliche Alter der weiblichen Mandatsträger liegt auf Anteilseignerseite mit 55 Jahren deutlich unter dem Durchschnittsalter ihrer männlichen Kollegen (63 Jahre).
Im kommenden Jahr könnte sich sowohl an der Altersstruktur als auch an dem Frauenanteil wieder einiges ändern. Immerhin stehen gut 40 Mandate zur Neuwahl an. Für uns als Aktionärsvertreter ist dabei natürlich insbesondere das Auswahlverfahren von entscheidender Bedeutung. Im Mittelpunkt steht die Arbeit des Nominierungsausschusses. Dieser entwickelt meist zunächst ein Anforderungsprofil für den künftigen Aufsichtsrat und zwar auf Basis der strategischen Ziele der Gesellschaft. Idealerweise sollte dann das Gesamtgremium die geforderten Kompetenzen und Kenntnisse sowie die Erfahrung und Diversityaspekte widerspiegeln. Dabei empfiehlt sich grundsätzlich ein transparenter Umgang mit diesem Anforderungsprofil. Beispielsweise könnte das Anforderungsprofil für den Gesamtaufsichtsrat auf der Webseite des Unternehmens eingestellt werden.
Bei der Auswahl von Kandidaten zunächst durch den Nominierungsausschuss und dann durch den Aufsichtsrat sollte neben der möglichst großen Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil auch sichergestellt sein, dass die Kandidatin oder der Kandidat die nötige Zeit mitbringt, das Mandat mit der notwendigen Sorgfalt wahrzunehmen. So kann auch das möglicherweise später auftretende Problem des sogenannten „Overboarding“, also der zu vielen anderen Mandate, vermieden werden.
Sobald die Entscheidungen über die der Hauptversammlung vorzuschlagenden Kandidaten für den Aufsichtsrat gefallen sind, sollten deren Lebensläufe, Qualifikationen, Erfahrungen und Expertise im Hinblick auf das Unternehmensanforderungsprofil veröffentlicht werden. Wichtig ist, dass diese Informationen sowohl auf der Homepage des Unternehmens als auch in den zu veröffentlichenden HV-Unterlagen zugänglich gemacht werden. Nur so ist sichergestellt, dass neben den inländischen Aktionären auch Investoren aus dem Ausland eine ausgewogene Entscheidung in Kenntnis aller erforderlichen Informationen fällen können.
Es verspricht also eine spannende HV-Saison 2015 zu werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.