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DSW-Watchlist 2014
Das Börsenjahr 2013 war deutlich besser als die meisten Experten erwartet hatten. Doch nicht alle Anleger hatten Grund zur Freude. Etliche AGs haben ihren Anteilseignern massive Verluste beschert – welche hier besonders schlecht abschnitten zeigt die aktuelle DSW-Watchlist.
Teilnehmer:
Marc Tüngler, DSW-Hauptgeschäftsführer
Klaus Nieding, DSW-Vizepräsident
Jürgen Kurz, Pressesprecher
Es gilt das gesprochene Wort
Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW
(Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz)
Meine Damen und Herren,
das Börsenjahr 2013 war deutlich besser als die meisten Experten erwartet hatten – kein Wunder, war doch die Zurückhaltung groß nach dem Kursfeuerwerk des Jahres 2012. Am optimistischsten aus der Deckung hatte sich übrigens die japanische Großbank Nomura gewagt. Sie sagte für Ende 2013 einen DAX-Stand von 8890 Punkten voraus. Das hätte einem Plus von knapp 16 Prozent entsprochen.
Im Schnitt lagen die Erwartungen der Bankvolkswirte mit einem Plus von 5 Prozent respektive einem DAX-Schlussstand von 8000 Punkten deutlich niedriger. Manche Pessimisten warnten gar vor einem Absturz bis auf 6200 Zähler. Wie wir alle wissen, ist es anders gekommen. Der Deutsche Aktienindex ging Ende 2013 mit 9.552 Punkten aus dem Handel. Das entsprach im Jahresvergleich einem Plus von knapp 25 Prozent. Damit blieben die 30 größten deutschen Aktiengesellschaften noch hinter den kleinen und mittleren Unternehmen zurück. Der MDAX stieg um gut 36 Prozent auf fast 16.400 Punkte, der TecDAX legte sogar um 40,9 Prozent auf 1.166 Zähler zu. Und der SDAX konnte einen Zuwachs von 29 Prozent auf 6.1814 Punkte vorweisen.
Wird der Betrachtungszeitraum vergrößert, liegt der MDAX deutlich vorne. Der Index, in dem überdurchschnittlich viele exportorientierte Maschinenbauunternehmen gelistet sind, konnte im Fünfjahresvergleich um 197 Prozent zulegen. Der SDAX wuchs über fünf Jahre um 143 Prozent und der TecDAX immer noch um knapp 130 Prozent. Da muten die 99 Prozent, die der DAX in diesem Zeitraum zulegen konnte, schon fast bescheiden an. Auch im Dreijahresvergleich hat der MDAX die Nase mit Plus 62 Prozent klar vorne. Die drei anderen Indices hinken da mit Werten zwischen 32 und 38 Prozent schon deutlich hinterher.
Sicher hat die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken einen nicht unerheblichen Teil zu der positiven Entwicklung beigetragen – und zwar stärker als die meisten Experten angenommen hatten. Zudem beruhigte sich die Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone, was den Kursen zusätzlich Auftrieb gab. Als erstes der vier gestützten Krisenländer verzichtete Irland zum Jahresende 2013 auf den Schutz durch den Euro-Rettungsschirm.
Das alles zusammen hat ein Klima geschaffen, in dem die Aktienanlage unschlagbar wurde. Zugleich aber sollte uns das alles auch daran erinnern, dass es genau die Änderung dieser externen Faktoren sein wird, die die Kursrallye beenden könnte. Aktienanleger müssen also auch die Großwetterlage besonders im Auge behalten.
Doch die Kursrally wurde eben nicht nur von solchen externen Treibern befördert. Hinzu kamen bei etlichen Gesellschaften eine bemerkenswerte Gewinnentwicklung und ansehnliche Dividenden.
Was die Kursentwicklung im Jahr 2013 angeht, lag bei den 30 im DAX gelisteten Gesellschaften die Continental-Aktie mit einem Plus von rund 82 Prozent an der Spitze, gefolgt von der Deutschen Post (knapp 60 Prozent) und Daimler (gut 52 Prozent). Bei den Aktien aus dem MDAX belegte der Bezahlsender Sky mit fast 97 Prozent den Spitzenplatz. Absoluter Gewinner unter den 100 wichtigsten deutschen Aktien war der im TecDAX gelistete Windanlagenbauer Nordex mit einem Zuwachs von rund 220 Prozent.
Der „Watchlist-Index“ lag im Einjahres-Zeitraum mit einem Plus von 2,9 Prozent immerhin nicht im Minus. Damit weist unsere Watchlist erstmals in einem der analysierten Zeiträume ein Durchschnittsplus aus. In der Liste des Vorjahres hatten die 50 Gesellschaft im Einjahresvergleich im Durchschnitt noch ein Minus von 20,9 Prozent vorzuweisen.
Im Dreijahresvergleich liegen die Watchlist-Gesellschaften im Durchschnitt allerdings schon deutlich unter Wasser. Das über alle nicht insolventen Unternehmen kumulierte Kursminus lag bei 53 Prozent. Im Fünfjahresvergleich lag der durchschnittliche Kursrückgang bei Minus 47 Prozent, was – unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Indices – eine wahrlich erschreckende Zahl ist.
Gesellschaft | 1 Jahr | 3 Jahre | 5 Jahre |
DAX30 | 25 Prozent | 38 Prozent | 99 Prozent |
MDAX | 37 Prozent | 62 Prozent | 197 Prozent |
SDAX | 30 Prozent | 32 Prozent | 143 Prozent |
TecDAX | 41 Prozent | 37 Prozent | 130 Prozent |
DSW-Watchlist | 2,9 Prozent | -53 Prozent | -47 Prozent |
Bevor ich nun zu den Einzelergebnissen der Watchlist komme, die wir auch in diesem Jahr wieder in Zusammenarbeit mit unserer Mitgliederzeitschrift Focus Money erstellt haben, noch ein paar einordnende Worte zu Historie und Systematik:
Entwickelt wurde die Liste bereits in den 90iger Jahren. Anfangs war sie eine Hilfestellung für die DSW-Hauptversammlungssprecher. Es ging darum, schnell erkennen zu können, bei welchen Gesellschaften insbesondere die langfristige Kursentwicklung im Argen lag. 2001 entschlossen wir uns dann, die Watchlist zu veröffentlichen. Bewusst beschränkten wir uns von Beginn an auf die im Prime Standard notierten Werte, da das die Gesellschaften sind, in die Privatanleger in der Regel ihr Geld investieren – oder besser: investieren sollten.
Der erste Träger der roten Watchlist-Laterne hieß 2001 übrigens Stolberg Telecom. Das Unternehmen meldete 2002 Insolvenz an.
Maximal kann sich das Minuskonto eines Unternehmens auf 1000 Punkte summieren. Der Punktestand setzt sich zusammen aus den Ergebnissen der betrachteten Zeiträume, also der Entwicklung über ein, drei und fünf Jahre. Die Entwicklung im Fünfjahres-Zeitraum wird am stärksten gewichtet. Die Gesellschaft mit der prozentual höchsten Kapitalvernichtung in dieser Zeit erhält einen Malus von 500 Punkten. Das Dreijahres-Intervall bringt maximal minus 300 Punkte, das Einjahres-Ergebnis kann mit einem Minus von bis zu 200 Punkten zu Buche schlagen. Damit soll verhindert werden, dass kurzfristige Ausrutscher das Gesamtergebnis beeinflussen.
Dividenden und Sonderzahlungen bleiben bei der Betrachtung, die ein reiner Kursvergleich ist, außen vor. Unternehmen, die noch keine fünf Jahre am Markt sind, werden nicht berücksichtigt. Gleiches galt bis zum Jahr 2011 auch für Gesellschaften, die Insolvenz angemeldet haben. Da es seit der Änderung des Insolvenzrechtes aber die Möglichkeit der „Insolvenz in Eigenverwaltung“ und das „Insolvenzplanverfahren“ gibt, belassen wir diese Werte in der Liste, allerdings ohne ihre Kursentwicklungen in den Durchschnitt einzurechnen.
Kurz noch ein Wort zu den farblichen Markierungen in der Ihnen vorliegenden Liste:
Minuskurse sind rot, Pluskurse schwarz markiert.
Mit grau haben wir DAX-Werte gekennzeichnet. Gelb hinterlegt sind die in Insolvenz befindlichen Gesellschaften.
Nun aber zu den Ergebnissen:
Nachdem sowohl IVG als auch Centrosolar und Loewe insolvent sind, liegt nun der Vorjahreszweite Solarworld an der Spitze der DSW-Watchlist. Ein Unternehmen, das eine Insolvenz gerade noch verhindern konnte, allerdings auf dem Rücken der Altaktionäre. Solarworld bescherte seinen Anteilseigner in allen drei betrachteten Zeiträumen massive Verluste. Im Fünfjahresvergleich ist die Solarworld AG mit einem Minus von 97 Prozent die schlechteste aller Gesellschaften, wenn man mal von den beiden insolventen Unternehmen IVG Immobilien und Centrosolar Group absieht.
Auf Platz zwei folgt mit der 3W Power Holding / AEG Power ein weiteres Krisenunternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien. Power Solutions ist nach eigenen Angaben ein Hersteller leistungselektronischer Systeme und Lösungen für die industrielle Stromversorgung und erneuerbare Energieanwendungen. Der anfängliche Investorenkreis war dabei mehr als illuster. Gemeinsam mit Ex-Banker Florian Lahnstein hatten Unternehmensberater Roland Berger und Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff das Investment-Vehikel Germany1 (später 3W Power) gegründet und über einen Börsengang rund 250 Millionen Euro eingesammelt. Mit dem Geld wurde 2008 die Übernahme der AEG Power Solutions finanziert. Den Wert taxierten die Top-Manager damals auf rund 530 Millionen Euro. Mittlerweile bewertet die Börse das Unternehmen noch mit rund 16 Millionen Euro.
Auf Rang drei der „bereinigten“ Liste folgt mit der YOC AG ein Watchlist-Neuling. Die YOC-Gruppe ist Vermarkter von mobilen Internetseiten und Applikationen. Was die schlechte Performance betrifft, muss die Gesellschaft aus dem trendigen Bereich Internetmarketing sich allerdings nicht hinter den Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energie verstecken. Im Ein- und Dreijahresbereich liegt sie sogar noch schlechter als Solarworld und 3W Power.
Dass auch Investitionen in große Gesellschaften mit vermeintlich erprobten und erfolgreichen Geschäftsmodellen nicht zwingend ein sicheres Investment sind, ist spätestens seit der Finanzkrise mit ihren bis heute spürbaren Auswirkungen auf einige Bankhäuser bekannt. Auch der vorgezogene Atomausstieg hat gezeigt, wie schnell erfolgreiche Unternehmen in eine echte Gewinnkrise stürzen können. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass diesmal gleich fünf DAX-Gesellschaften in der Watchlist vertreten sind. Im Vorjahr waren es noch vier.
Neben der Commerzbank und den beiden Energieversorgern RWE und E.ON, die bereits in der Liste des vergangenen Jahres vertreten waren, haben sich die ThyssenKrupp AG sowie die K+S AG in die Phalanx der Kapitalvernichter eingereiht. Nicht mehr dabei ist dagegen die Metro AG, die in der letztjährigen Liste auf Rang 38 lag.
In der aktuellen Watchlist liegt die Commerzbank auf Platz 9 nach Rang 20 im Vorjahr. Die RWE AG reiht sich auf Platz 13 ein, nach Rang 43 im vergangenen Jahr. Nur einen Platz dahinter ist der „Neueinsteiger“ K+S AG zu finden. E.ON belegt den 21. Platz nach Rang 35 im Vorjahr. Der zweite Neueinsteiger, ThyssenKrupp, liegt auf Platz 46.
Grundsätzlich sei noch betont, dass es nicht zwingend ein Verkaufssignal sein muss, wenn eine Gesellschaft auf der Liste auftaucht. Ein funktionierendes Geschäftsmodell vorausgesetzt, ist es manchmal sogar genau das Gegenteil. Aber es ist auf jeden Fall ein Warnsignal, das man als Aktionär ernst nehmen sollte. Bei diesen 50 Gesellschaften lohnt es sich, genauer hinzusehen.
Wer jetzt - trotz Hausse - noch auf der Liste steht, hat mehr als nur kleine operative Probleme und es gilt als Anleger, ernsthaft die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle zu prüfen. Schließlich ist es nahezu unmöglich, Verluste von 70, 80 oder 90 Prozent aufzuholen. So sehr es also schmerzt, ist es dann vielleicht doch das Beste, sich von solchen Verlustbringern zu trennen und das verbliebene Kapital sinnvoll und damit gewinnbringend in andere Anlagen zu investieren.
Ganz kurz wollen wir noch mit Ihnen einen Blick in die Zukunft wagen, der allerdings ein wenig besorgt:
Seit nun rund 25 Jahren erstellen wir unsere Watchlist, seit 14 Jahren veröffentlichen wir sie. Bei den Recherchen stellen wir gerade in den letzten Jahren verstärkt fest, dass es immer weniger Unternehmen gibt, die sich in Deutschland an den Börsen listen lassen. Osram, Evonik, die Deutsche Annington und einige wenige andere sind da klar die Ausnahme. Wir haben keinen IPO-Stau, sondern vielmehr gähnende Leere in der Pipeline. Als würde das nicht schon bedenklich genug sein, wird sich die Situation aufgrund der Delisting-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) noch weiter verschlechtern. Die Liste der zu checkenden Unternehmen wird zukünftig wohl immer kürzer werden.
Der BGH hat entscheiden, dass sich Unternehmen von der Börse verabschieden können, ohne die Hauptversammlung und damit die Aktionäre zu fragen und ohne ein Abfindungsangebot zu bieten. Hier hat der BGH schlichtweg übersehen, was das in der Konsequenz bedeutet. Damit untergräbt der BGH den Schutz der Privataktionäre in einem wichtigen Punkt.
Für den Finanzplatz Deutschland ist das eine ausgesprochen ungute Entwicklung. Viele Investoren werden hier besondere Sorgfalt walten lassen und genau hinschauen, wem sie ihr Geld anvertrauen. Für kleinere Unternehmen mit einem starken Großaktionär wird es daher in Zukunft sehr viel schwerer werden, die Börse als Finanzierungsplattform zu nutzen.
Hier ist der Gesetzgeber aufgefordert, zügig aktiv zu werden und die BGH-Entscheidung zum Nutzen des Finanzplatzes Deutschland zurechtzurücken. Falls das nicht passiert, sollten die Börsen aktiv werden, da sie über ihre Börsenordnungen die Spielregeln festlegen können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Hauptversammlungsthemen 2014
Klaus Nieding, Vizepräsident der DSW
(Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz)
Sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem Herr Tüngler Ihnen die Watchlist vorgestellt hat, werde ich kurz auf die wichtigsten Themen der anstehenden Hauptversammlungssaison eingehen.
Traditionell stehen zu Beginn die Aktionärstreffen der ThyssenKrupp AG in Bochum und die der Siemens AG in München im Fokus. Meist vermitteln diese beiden großen Auftaktveranstaltungen bereits ein gutes Bild von den Themen, Fragen und vor allen Dingen auch Turbulenzen, mit denen in den kommenden Monaten bei vielen anderen Hauptversammlungen zu rechnen sein wird. Obwohl diese alte Regel in den letzten Jahren aufgrund der vielen unternehmensspezifischen Probleme bei den beiden Gesellschaften etwas aufgeweicht wurde, lassen sich immer noch einige Indikatoren für die nächsten Jahrestreffen der deutschen Aktiengesellschaften herausfiltern.
Schließlich wird es neben den Skandalen und Skandälchen vor allen Dingen wieder viele operative Themen geben, die auf den Versammlungen intensiv erörtert und hinterfragt werden. Denn obwohl sich für viele Anleger ein erfreuliches Bild in den Depots abzeichnet, steigen die operativen Herausforderungen für die Unternehmen enorm an.
Viele Aktionäre werden jetzt also ganz besonders genau hinschauen, ob die operative Performance der jeweiligen Unternehmen tatsächlich noch mit der Kursentwicklung korrespondiert. Da dies nicht immer der Fall sein wird, gilt es, das Rückschlagspotenzial genau zu analysieren. Hierfür wird die operative Stärke das zentrale Schlüsselelement sein. Dabei wird es für die Unternehmen nicht ausreichen, auf der EBITDA-Ebene befriedigende Zahlen auszuweisen. Wir werden auch noch in die letzte Zeile der Gewinn- und Verlustrechnung schauen und zusätzlich im Blick haben, wie sich das Eigenkapital der Gesellschaft verändert hat, und wie der Free Cash Flow sich entwickelt.
Wenig freundlich ist dabei, dass die Unternehmen die Ergebnisse in unterschiedlichster Art und Weise bereinigen und ausweisen. Wir fordern hier eine einheitliche Sprache und Transparenz ohne Schnörkel. Ein positives Beispiel ist hier die Deutsche Post AG, die es in den letzten Jahren geschafft hat, in ihrer Finanzkommunikation nur noch mit dem wahren Zahlenwerk zu arbeiten. Auf Bereinigungen in den ausgewiesenen Zahlen wird komplett verzichtet.
Die hohen Dividendenversprechungen und auch Auszahlungen in den letzten Jahren haben die Aktionäre definitiv verwöhnt. Entsprechend hoch ist die Erwartungshaltung für das aktuelle Jahr. Allerdings ist den Aktionären klar, wie groß die operativen Herausforderungen sind, denen sich die Unternehmen auf den Weltmärkten stellen müssen. Sie wissen, dass ein Euro in der Gewinn- und Verlustrechnung derzeit schwerer erarbeitet werden muss, als dies an der Börse der Fall ist.
Diese Erkenntnis führt dazu, dass das Gros der Aktionäre sehr ausgewogen an das Thema Dividenden herangehen wird. Entsprechend zurückhaltend werden die Forderungen ausfallen. Es wird eine Dividende erwartet, die den operativen Erfolg angemessen widerspiegelt und es dem Unternehmen zugleich ermöglicht, ausreichend Kapital zur Verfügung zu haben, um Chancen zu nutzen, das operative Geschäft für die Zukunft auszubauen. Eine Dividendenzahlung aus der Substanz, wie wir dies in den letzten Jahren bei vielen Gesellschaften auch aus dem DAX sehen mussten, ist aus unserer Sicht ein No-Go.
Nachdem der Corporate Governance-Kodex gerade bei dem Thema Vergütung neue Weichen gestellt hat, wird das Thema auch die Hauptversammlungen weiter beschäftigen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass verschiedene Vergütungssysteme angepasst wurden. Diese Anpassungen werden selbstverständlich mit Argusaugen betrachtet.
Hier erwarten wir eine ausgewogene Mischung von fixer und variabler Vergütung, die mit dem operativen Ergebnis angemessen atmet. Auch werden wir, falls notwendig, eine nachvollziehbare Darstellung einfordern.
Die Aufsichtsratsvergütung wird deutlich an Aufmerksamkeit gewinnen, nachdem es in den letzten zwei Jahren durch die Umstellung auf eine meist fixe Vergütung zu einer deutlichen Erhöhung der Vergütung der Kontrolleure gekommen ist. Hier gilt es, Maß zu halten und darauf zu achten, dass die Vergütung dem Aufwand der Aufsichtsratsmitglieder entspricht. Forderungen nach einer deutlichen Erhöhung der Aufsichtsratsvergütung gerade für den Aufsichtsratsvorsitzenden, wie sie etwa von Herrn Professor Lehner zu hören sind, werden bei den Unternehmen, bei denen eine Vergütung des Aufsichtsrates neu vorgeschlagen wird, sicherlich für größeren Diskussionsbedarf sorgen.
In diesem Jahr werden die Aktionäre erstmalig in den „Genuss“ des neuen Rechnungslegungsstandards DRS 20 kommen. Dabei wird interessant sein, wie sie auf die Berichterstattung in der geänderten Art und Form reagieren werden. Zwar gewährt der neue Standard eine verbesserte Informationsdichte sowie -tiefe. Doch der DRS 20 ist auch mit erheblichen Nachteilen verbunden.
Besonderes Augenmerk wird sicher darauf gelegt werden, wie die Gesellschaften mit den Vorgaben zur Prognoseberichterstattung umgehen. War es bisher notwendig, hier mit einem Zweijahreshorizont zu arbeiten, ist dies nunmehr nur noch für das laufende Jahr verpflichtend. Es ist sehr spannend, wie die einzelnen Unternehmen damit umgehen werden. Jeder Vorstand sollte sich darüber im Klaren sein, dass eine Verkürzung des Prognosehorizontes bei den Aktionären auf teilweise allergische Reaktionen stoßen wird. Dies insbesondere dann, wenn in den letzten Jahren sowohl qualitative als auch quantitative Angaben für einen Zweijahreszeitraum oder sogar darüber hinaus gemacht wurden. Auch wird von Interesse sein, wie die Erläuterungen der Unternehmen aussehen, wenn Prognosen nicht eingehalten werden konnten.
Allein der letztgenannte Aspekt wird die Hauptversammlung in vielen Fällen lange beschäftigen. Dies wird aller Voraussicht nach dazu führen, dass wir im Jahre 2014 nicht kürzere und knackigere Hauptversammlungen sehen werden, sondern dass sich erneut eine Verlängerung der Versammlungen einstellen wird. Im Jahre 2013 wurde auf einer durchschnittlichen Hauptversammlung genau 3,5 Stunden lang diskutiert. Bezogen auf den DAX mussten die Aktionäre und auch die Verwaltungsmitglieder besonderes Sitzfleisch beweisen: Hier dauerte eine Hauptversammlung im Schnitt sogar 5,57 Stunden. Die Anzahl der Redner hat sich in 2013 gegenüber 2012 ausnahmslos erhöht. Auch hier ist der DAX Spitzenreiter mit einer durchschnittlichen Rednerzahl von 18 Aktionären oder Aktionärsvertretern.
Meine Damen und Herren,
bevor ich zum Ende komme, lassen Sie mich den Bereich der Aktien noch einmal kurz verlassen.
In den vergangenen Jahren sind Unternehmensanleihen immer stärker in den Fokus auch der Privatanleger gerückt. Gerade im Bereich der erneuerbaren Energien sind es oftmals nicht Kreditinstitute, die den Unternehmen die finanzielle Grundlage für ihr Geschäftsmodell zur Verfügung stellen. Stattdessen wird das benötigte Kapital direkt bei den Anlegern etwa durch die Ausgabe von Teilschuldverschreibungen eingesammelt.
In Zeiten, in denen Kreditinstitute die Anforderung im Kreditvergabegeschäft erhöhen und zudem Unternehmensmodelle sehr kritisch durchleuchten, haben die Unternehmen also den Anleger, insbesondere den Kleinanleger, als Geldgeber entdeckt. Diese Investorengruppe spricht aufgrund ihrer Anzahl und unterschiedlichen Intentionen nicht mit einer Stimme, so dass hier keine lästigen Nachverhandlungen drohen. Diese Investorengruppe ist eine bequeme Investorengruppe.
Für die Anleger führte dies in der Vergangenheit oft zu einem bösen Erwachen. Es sind prominente Insolvenzen, bei denen Anleihegläubiger vor den Scherben ihrer Investments stehen. Es sind Namen wie Solar Millennium im Jahr 2012 mit einem Anleihevolumen in Höhe von ca. 234 Millionen Euro, Windreich im Jahr 2013 mit einem Anleihevolumen in Höhe von ca. 128 Millionen Euro und zuletzt Prokon, die sich für die Anleger als Desaster entpuppt haben. Allein das ausgegebene Genussrechtskapital im Fall Prokon beläuft sich auf ca. 1,4 Milliarden Euro.
Die Möglichkeit der Einflussnahme der Anleger auf solche Insolvenzverfahren durch die Wahl eines gemeinsamen Vertreters wird von den Anlegern oftmals unterschätzt. Die Anleihegläubiger sind nicht selten die größte Gläubigergruppe eines Unternehmens und können im Falle der Interessenbündelung in erheblichem Umfang Einfluss auf den Verlauf des Insolvenzverfahrens und eine mögliche Sanierung nehmen. Dies kann jedoch nur erfolgen, wenn zuvor eine Interessenbündelung in Form der Wahl eines gemeinsamen Vertreters erfolgt ist, welcher die Anleihegläubiger wirksam vertreten kann. Was viele Anleihegläubiger dabei nicht wissen: der gemeinsame Vertreter löst für die Anleihegläubiger persönlich keine unmittelbaren Kosten aus, da diese von der Gesellschaft bzw. aus der Insolvenzmasse bezahlt werden.
Ich selbst bekleide das Amt des gemeinsamen Vertreters bei der Solar Millennium AG und der Windreich GmbH und vertrete die Interessen der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren. Darüber hinaus vertrete ich die Anleger auch im Gläubigerausschuss der Solar Millennium AG, der Windreich GmbH und der Prokon Regenerative Energien GmbH mit der Maßgabe, dass die Unternehmensentscheidungen zu höheren Rückflüssen an die Anleger führen bzw. ein entsprechendes tragfähiges Sanierungskonzept erarbeitet wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.