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DSW-Dividendenstudie 2016
Die DSW stellt ihre diesjährige Dividendenuntersuchung vor, die gemeinsam mit der Research Plattform DividendenAdel und deren Forschungspartner FOM Hochschule durchgeführt wurde. Analysiert wurden erneut die Gewinnausschüttungen aller im regulierten deutschen Aktienmarkt – bestehend aus Prime-, General- und Entry-Standard – notierten Gesellschaften.
Teilnehmer:
Marc Tüngler, DSW-Hauptgeschäftsführer
Christian W. Röhl, Research Plattform DividendenAdel, Autor der Studie
Jürgen Kurz, Pressesprecher der DSW
Es gilt das gesprochene Wort
Redner: Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz)
Meine Damen und Herren,
auch ich darf Sie herzlich zu unserer heutigen Pressekonferenz zur Vorstellung der diesjährigen Dividendenuntersuchung begrüßen, die wir gemeinsam mit der Research Plattform DividendenAdel und deren Forschungspartner FOM Hochschule durchgeführt haben.
Trotz des neuen Namens hat sich an der bewährten Besetzung nichts geändert. Deshalb begrüße ich besonders Herrn Röhl, der Ihnen die Studie im Anschluss im Detail vorstellen wird.
Analysiert wurden erneut die Gewinnausschüttungen aller im regulierten deutschen Aktienmarkt – bestehend aus Prime-, General- und Entry-Standard – notierten Gesellschaften. Damit legen wir sicher auch in diesem Jahr eine der umfassendsten Dividendenanalysen vor.
Dividenden lassen vor allem Ausländer jubeln
Die Ergebnisse der Studie zeigen erneut, dass die Gewinnausschüttungen der Aktiengesellschaften nicht umsonst in den vergangenen Monaten und Jahren verstärkt in den Fokus der Anleger gerückt sind. Das hat zum einen mit der absoluten Höhe zu tun, die erneut die 40-Milliarden-Euro-Grenze überschritten hat. Ein wahrer Dividendenregen, den aber sehr viele deutsche Anleger – ganz im Gegensatz zu ausländischen Investoren, denen rund 64 Prozent der DAX-Gesellschaften gehören – aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen an sich vorbeiziehen lassen. In der Konsequenz bedeutet das beispielsweise für den DAX, dass von den rund 30,1 Milliarden Euro, die die 30 größten deutschen AGs an ihre Anteilseigner ausschütten, im Durchschnitt über 19 Milliarden Euro nicht in den Portemonnaies deutscher Anleger landen.
Augenscheinlich haben die deutschen Anleger kein Vertrauen in unsere Wirtschaft. Anders ist nicht zu erklären, dass zwar Anleger aus der ganzen Welt die Stärke unserer Unternehmen erkennen, wir Deutschen an das Thema Unternehmensbeteiligung und damit Aktie aber nur mit sehr langen Fingern herangehen.
Niedrigzins wichtiger Katalysator für steigende Aktionärszahlen
Neben der absoluten Steigerung der Dividendenzahlungen ist natürlich auch die Niedrigzinsphase in der wir uns gegenwärtig befinden und aller Voraussicht nach noch eine sehr lange Zeit befinden werden, ein wichtiger Grund für die verstärkte Aufmerksamkeit, die Anleger der Dividende schenken.
Dabei greift der in diesem Zusammenhang gern genutzte und oft gehörte Satz „Dividenden sind der neue Zins“ sicher zu kurz. Aktien und verzinsliche Anlagen sind völlig unterschiedliche Investmentformen. Beide gehören in ein gut aufgestelltes Portfolio. Wobei den Anlegern insbesondere im Marktsegment der Mittelstandsanleihen in den letzten Jahren deutlich vor Augen geführt wurde, dass verzinsliche Anlageprodukte mitnichten immer risikolos sind.
Klar ist, der niedrige Zins hat bei den deutschen Anlegern zu einer – zumindest kleinen – Renaissance der Aktie geführt. Laut Deutschem Aktieninstitut DAI besaßen im vergangenen Jahr gut 9 Millionen Menschen in Deutschland Aktien und/oder Anteile an Aktienfonds – das waren immerhin 560.000 mehr als 2014 und zudem der höchste Stand seit 2012, als die Zahl der Aktionäre hierzulande bei knapp 9,5 Millionen lag.
2001 – zur Hochzeit des Neuen Marktes – waren es fast 13 Millionen Aktionäre. Davon sind wir nach wie vor weit entfernt. Was unter anderem sicher nicht zuletzt mit den schlechten Erfahrungen zu tun hat, die viele Anleger im Rahmen dieser völlig überhitzten Börsenphase machen mussten. Nach dem oft steilen Aufstieg einzelner Werte, folgte der meist noch steilere Abstieg.
Interessant ist, dass damals die Ausschüttung einer Dividende nicht als Qualitätskriterium galt, sondern vielmehr als Malus. Gekauft wurden vermeintliche Wachstumswerte, alles andere wurde als Vertreter der sogenannten „Old Economy“ links liegen gelassen.
Insofern ist die aktuelle Zunahme der Aktionärszahler wohl leider ebenfalls nicht zwingend ein Zeichen für eine nachhaltig sich verbessernde Aktienkultur in Deutschland, die sich durch informierte und kritische Anleger auszeichnen würde, sondern eher eines dafür, dass sich etliche Anleger erneut einem Trendthema anschließen. Zum Glück aber laufen sie dabei in der Regel nicht Gefahr, wie dies zu Zeiten der Dot-Com-Unternehmen oder zuletzt bei den Solar- und Windwerten der Fall war, auf Geschäftsmodelle hereinzufallen, die selbst bei freundlichster Betrachtung keinen wirtschaftlichen Sinn ergeben.
Deshalb sind wir guter Hoffnung, dass die Anleger, die sich aufgrund der aktuellen Niedrigzinsphase erstmals zum Aktienkauf entschieden haben, dem Aktienmarkt treu bleiben und nicht später enttäuscht wieder den Rücken zuwenden.
Aktieninvestment leider noch immer nicht Normalität
Die Crux ist also, dass etliche private Investoren in Deutschland dazu neigen, Aktien erst dann als mögliche Investmentalternative ins Kalkül ziehen, wenn sie von externen Faktoren dazu gedrängt werden – sei es nun eine ausufernd euphorische Berichterstattung über Kurschancen oder auch eine dramatische Niedrigzinsphase kombiniert mit der in der Öffentlichkeit immer wiederkehrenden Formel: die Dividende sei der neue Zins.
Uns als DSW wäre es sehr viel lieber, die Anleger würden die Aktie als ganz normales, vor allem für Langfristziele geeignetes Investment akzeptieren, das in keinem Portfolio fehlen darf – als ein Investment für jedermann und eben nicht als Domäne der Vermögenden. Schließlich rentieren Aktien nicht nur in Zeiten extrem niedriger Zinsen im Schnitt besser als verzinsliche Anlagen. Sie tun dies auch – gerade im Langfristvergleich – in Normalzinszeiten. Es ist schade, dass hierzulande nicht mehr Anleger diese Chance nutzen, langfristig und nachhaltig an den Erfolgen der deutschen Wirtschaftsunternehmen zu partizipieren.
Ein Blick auf die Aufteilung des Vermögens privater Haushalte in Deutschland zeigt, wie dramatisch die Situation ist. Trotz der leichten Steigerung der Aktionärszahlen verharrt das Gros des Kapitals in wenig rentierliche Anlageformen. Was die Geldanlage angeht, hegen die Deutschen nach wie vor eine Vorliebe für Lebensversicherungen und klassische Spareinlagen. Nur gut 13 Prozent des Vermögens investieren sie in Aktien oder Investmentfonds. Würde hier zusätzlich nach Vermögensgröße der einzelnen Haushalte unterschieden, wäre ein Ergebnis mit Sicherheit, dass es vor allem die großen Vermögen sind, die ihr Geld an der Börse anlegen und damit überproportional von Kurssteigerungen und natürlich auch von Dividendenausschüttungen profitieren.
Verteilung des Geldvermögens in Deutschland
1050,1 Mrd. Sichteinlagen |
913,5 Mrd. Lebens/ Rentenversicherung |
613,8 Mrd. Spareinlagen / Sparbriefe |
460,1 Mrd. Investmentfonds |
236,3 Mrd. Aktien direkt |
246,4 Mrd. Termingeld |
144,0 Mrd. Anleihen / Schuldverschreibungen |
143,6 Mrd. Bargeld |
5210,1 Mrd. Gesamt |
Quelle: Deutsche Bundesbank, Stand 3. Quartal 2015
Dividende als alleiniges Auswahlkriterium nur bedingt geeignet
Ohne die folgenden Informationen unserer Dividendenstudie 2016 verwässern zu wollen, möchten wir aber auch noch auf einen anderen wichtigen Aspekt hinweisen:
Die Dividende ist zwar ein wichtiges aber eben nicht das alleinige Kriterium, nach dem eine Aktie beurteilt werden sollte. Das hat unter anderem die von uns vor einigen Tagen veröffentlichte Liste mit den 50 größten Kapitalvernichtern gezeigt. Immerhin 31 der 50 Unternehmen hatten in dem Fünfjahreszeitraum, den wir insgesamt betrachtet haben, mindestens einmal Dividenden gezahlt. Trotzdem bescherten sie ihren Aktionären massive Kursverluste, die durch die Dividendenzahlungen meist nicht ansatzweise kompensiert werden konnten.
Auch die Dividendenrendite, also die ins Verhältnis zum Aktienkurs gesetzte Gewinnausschüttung, ist als einzelne Kennzahl mit Vorsicht zu genießen. Schließlich ist der Börsenkurs immer der Versuch, den Unternehmensgewinn der nächsten Jahre vorherzusagen. Trüben sich die Aussichten ein, sinkt der Kurs. Bei gleichbleibender Dividendenerwartung steigt entsprechend die Dividendenrendite. Sollten sich die reduzierten Gewinnannahmen der Börsianer als wahr herausstellen und sich das Ganze zu einer handfesten Krise auswachsen, geht der Kurs noch weiter in die Knie. Selbst wenn die Gesellschaft trotz der angespannten Lage – mit Blick auf die Dividendenkontinuität – an der Höhe der Gewinnausschüttung festhält, reicht dies dann meist nicht aus, um die Kursverluste zu kompensieren. Und sollte die Gesellschaft die Probleme nicht in den Griff bekommen, folgt nach einiger Zeit fast zwangsläufig die Dividendenreduzierung oder gar der Dividendenausfall.
Eine Entwicklung, mit der bei den Ausschüttungsspitzenreitern der Dividendenstudie kaum zu rechnen ist.
Ohne allzu weit vorgreifen zu wollen, kann man sagen, dass die Dividendenzahlungen aufgrund des guten Geschäftsjahres 2015 mit insgesamt gut 42 Milliarden Euro erneut sehr üppig ausfallen werden.
Besonders erfreulich dabei: MDAX, SDAX und TecDAX stellen neue Rekorde auf. Der Trend zur Gewinnausschüttung bei kleineren Gesellschaften setzt sich – zumindest was die Indices angeht – somit weiter fort. Während die Entwicklung im DAX diesmal leicht rückläufig ist, verzeichnet der SDAX mit einem Plus von über 24 Prozent den größten Sprung bei der Dividendenzahlung. Die Gewinnausschüttungen der im MDAX notierten Gesellschaften legen kumuliert ebenfalls zweistellig zu.
Nicht ganz so rosig sieht es aus, wenn man den Blick der Ebene unterhalb der Indices zuwendet. So bleiben rund 45 Prozent der restlichen Prime Standard Werte ihren Anteilseignern eine Gewinnausschüttung schuldig. Im General Standard sind es sogar zwei Drittel der AGs, die ihren Aktionären keine Dividende zahlen.
Bei den Ausschüttungsquoten bleiben trotz der hohen Gesamtsumme aber selbst viele der Index-Unternehmen nach wie vor hinter den Erwartungen der DSW zurück. Und deshalb werden wir auch nicht müde, immer wieder zu fordern, dass rund 50 Prozent des Gewinns an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Schließlich gilt es, die Anteilseigner, die das Kapitalrisiko tragen, in angemessener Weise an dem Unternehmensgewinn zu beteiligen. Doch davon sind viele Gesellschaften auch für das Geschäftsjahr 2014 wieder ein ganzes Stück entfernt
Dabei ist und bleibt die 50-Prozent-Quote kein DSW-Dogma. So sind wir bei Unternehmen in Wachstumsperioden durchaus damit einverstanden, wenn über einen begrenzten Zeitraum nur 20-30 Prozent ausgeschüttet werden. Selbst ein Komplettausfall ist aus unserer Sicht verkraftbar, wenn Wachstum finanziert werden muss. Doch das sollte Ausnahme und nicht Regel sein. Daher werden wir auch in der laufenden Hauptversammlungssaison die Dividendenstrategie der Unternehmen kritisch hinterfragen.
Unser Ziel ist dabei eine möglichst kontinuierliche, für den Anteilseigner nachvollziehbare Dividendenentwicklung bzw. Dividendenpolitik, die eine faire Beteiligung der Anteilseigner an den erzielten Gewinnen zur Folge hat.
Besonders im Fokus der DSW werden natürlich auch die Unternehmen stehen, die trotz erzielter Gewinne keine Dividende zahlen, sowie die Gesellschaften, die ihre Ausschüttung mangels Gewinn aus der Substanz holen müssen.
Nun aber zu den versprochenen Einzelergebnissen der Untersuchung. Ich übergebe hierfür das Wort an Herrn Röhl.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.