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DSW-Aufsichtsratsstudie 2017
Teilnehmer seitens der DSW:
Jella Benner-Heinacher, Hauptgeschäftsführerin (stv.)
Christiane Hölz, Landesgeschäftsführerin NRW
Jürgen Kurz, Pressesprecher
Es gilt das gesprochene Wort
(Rednerin: Jella Benner-Heinacher, Hauptgeschäftsführerin (stv.) der DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz))
Meine Damen und Herren,
zunächst darf auch ich Sie herzlich zu unserer Pressekonferenz zur Vorstellung der DSW-Aufsichtsratsstudie begrüßen, die wir heute bereits zum 15. Mal vorlegen. Wir können also ein kleines Jubiläum feiern.
In diesen 15 Jahren hat sich die Professionalisierung der Kontrollgremien deutscher Aktiengesellschaften immer weiter fortgesetzt. Damals stand die Entwicklung weg vom freundlichen Abnick-Gremium hin zum professionell aufgestellten Kontrollgremium erst am Anfang. Heute sind wir da schon entscheidende Schritte weiter. Trotzdem gibt es natürlich immer noch Bereiche, in denen man besser werden kann.
Bereits deutlich verbessert hat sich in den letzten Jahren die Transparenz. Zu vielen Themen, die wir heute im Rahmen der Studie analysieren, lagen lange keine verlässlichen Daten vor. So etwa zur Vergütungs- oder zur Altersstruktur. Trotzdem gibt es auch hier noch weiteren Verbesserungsbedarf. Die Anzahl der Sitzungsteilnahmen einzelner AR-Mitglieder veröffentlichen zum Beispiel lediglich 15 der 30 DAX-Gesellschaften vollständig. Acht AGs machen immerhin Teilangaben, sieben machen keine Aussagen dazu. Hier wäre nicht nur mehr Transparenz dringend erforderlich, sondern auch eine einheitliche Berichterstattung. Für Aktionäre ist es schließlich nicht ganz uninteressant, welcher Aufsichtsrat wie oft an Sitzungen des Gesamtgremiums oder an Ausschusssitzungen teilgenommen hat.
Eine wichtige Rolle bei den bereits erreichten Verbesserungen spielt der Deutsche Corporate Governance Kodex, der das Aufgabenprofil und die Zusammensetzung des Aufsichtsrats zunehmend in den Fokus gerückt hat.
In der im Februar 2017 aktualisierten Fassung des Kodex finden sich zum Thema „Aufsichtsrat“ erneut einige Änderungen. So wurde unter Punkt 5.2 „Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsratsvorsitzenden“ die Anregung eingefügt, dass der Aufsichtsratschef in angemessenem Rahmen bereit sein sollte, mit Investoren Gespräche zu führen. Die DSW hat damit in dieser HV-Saison sehr positive Erfahrungen gemacht, da in solchen Gesprächen Aufsichtsratsthemen wie etwa die Nachfolgeplanung oder die Vorstandsvergütung sehr viel offener diskutiert werden können, wenn der betroffene Vorstand nicht direkt daneben sitzt.
Nun aber genug der Vorrede und zurück zur DSW-Aufsichtsratsstudie. Im Fokus der diesjährigen Studie standen neben den Machtverhältnissen und den Vergütungen der Aufsichtsräte auch wieder Corporate-Governance-Themen wie Zeitaufwand, Frauenanteil, Altersstruktur und Zugehörigkeitsdauer zum jeweiligen Gremium. Wir haben zwar den gesamten HDAX analysiert, werden uns bei der Vorstellung der Studie aber auf die im DAX30 notierten Gesellschaften konzentrieren.
Damit übergebe ich das Wort an meine Kollegin Frau Hölz, die Ihnen nun den Teil der Studie vorstellt, der sich mit der Vergütung respektive der Frage nach dem einflussreichsten Aufsichtsrat beschäftigt.
(Rednerin: Christiane Hölz, Landesgeschäftsführerin NRW der DSW)
Meine Damen und Herren,
in der diesjährigen DSW-Aufsichtsratsstudie haben wir uns natürlich wieder mit der Frage nach dem Einfluss der Aufsichtsräte beschäftigt. Maßstab ist dabei, wer in welchem Kontrollgremium welche Position einnimmt.
Ein Aufsteiger in der Liste der mächtigsten Aufsichtsräte ist der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Allianz SE, Michael Diekmann, der nach Ablauf der zweijährigen Cooling-Off-Periode den Posten des Aufsichtsratschefs bei dem Versicherungskonzern übernommen hat, und von Rang 8 im Vorjahr auf Rang 2 gesprungen ist. Daran hat auch die Tatsache nichts geändert, dass er aus dem Kontrollgremium der Linde AG ausgeschieden ist, wo er immerhin in zwei wichtigen Ausschüssen saß. Nach wie vor ist Herr Diekmann der einzige Top-Aufsichtsrat, der gleich bei vier DAX-Unternehmen als Kontrolleur aktiv ist.
Werner Brandt, AR-Vorsitzender bei ProSiebenSat.1 und bei RWE, fällt durch den Diekmann-Aufstieg von Rang zwei auf den dritten Platz zurück. Der in der Ihnen vorliegenden Liste noch punktgleich ebenfalls auf Rang 3 liegende Karl-Ludwig Kley, könnte durch die Übernahme des Aufsichtsratsvorsitzes bei der Lufthansa in der kommenden Liste sogar dem aktuell Führenden gefährlich werden.
Einflussreichster Aufsichtstrat bleibt, wie bereits im Vorjahr, Ulrich Lehner. Der Ex-Henkel-Chef sitzt nicht nur zwei Aufsichtsräten vor (Deutsche Telekom und ThyssenKrupp) und ist Aufsichtsratsmitglied bei E.ON, er leitet auch eine Vielzahl wichtiger Ausschüsse.
Ein weiterer Aufsteiger ist der ehemalige Vorstandschef der Commerzbank, Klaus-Peter Müller, der von Platz 18 auf Rang 8 vorgerückt ist. Herr Müller sitzt dem Aufsichtsrat der Commerzbank vor. Zudem leitet er drei wichtige Ausschüsse bei der Bank sowie einen bei der Fresenius SE, bei der er ebenfalls im Kontrollgremium sitzt.
Eine Frau hat es immer noch nicht ganz in die Top-Ten geschafft. Mit Ann-Kristin Achleitner taucht der erste weibliche Aufsichtsrat auf Rang 11 (Vorjahr: Rang 16) auf. Die Professorin für Betriebswirtschaftslehre sitzt bei der Deutschen Börse, Linde und der Münchener Rück im Kontrollgremium. Insgesamt finden sich unter den TOP 50 Aufsichtsräten des Rankings mittlerweile sechs (Vorjahr: fünf) Frauen.
Neben der Frage nach dem Einfluss wurden im Rahmen der Studie die Vergütung und die zugrundeliegenden Vergütungssysteme analysiert.
Insgesamt überwiesen die DAX30-Unternehmen für das Geschäftsjahr 2016 rund 83,4 Millionen Euro an ihre Aufsichtsräte. Dies entsprach einem Plus von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr, nachdem 2015 noch ein Rückgang in Höhe von 10,7 Prozent zu Buche stand. Beide Entwicklungen sind maßgeblich von der Entwicklung der Vergütung des Aufsichtsrats von Volkswagen in Folge des Abgasskandals beeinflusst. Aber auch ohne Berücksichtigung von Volkswagen wäre die Vergütung im DAX um 5,5 Prozent gestiegen.
Die höchste Vergütung überwies BMW an seine Aufsichtsratsmitglieder. Insgesamt 5,4 Millionen Euro erhielt das 20-köpfige Gremium des Automobilherstellers. Eine höhere langfristige variable Vergütung sorgte für einen Anstieg um 6,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Zweitgrößter Zahler im DAX30 war Siemens. Der Technologiekonzern zahlte 5,2 Millionen Euro an die Mitglieder seines Aufsichtsrats, was einer Steigerung von 0,6 Prozent entsprach.
An dritter Stelle folgt mit 5 Millionen Euro die Deutsche Bank. Hier lag der Anstieg bei 3,4 Prozent.
Dass man bei Volkswagen den Skandal rund um die manipulierte Abgassoftware nun langsam zu den Akten legen will, zeigt sich unter anderem an der Gesamtvergütung des Aufsichtsrats, die um gut 495 Prozent auf 4,1 Millionen Euro zulegte. Damit ist der Konzern zwar noch nicht wieder auf dem Spitzenplatz, den er lange Jahre einnahm. Für Rang fünf im Vergütungsranking reichte es aber bereits wieder. Hätte der Aufsichtsrat nicht für das Geschäftsjahr 2016 einen Teilverzicht erklärt, wäre die Vergütung mit 6,1 Millionen Euro allerdings schon wieder Spitze gewesen.
Für den zweitstärksten Zuwachs sorgte mit knapp 46 Prozent die Commerzbank. Verantwortlich dafür ist die von der Hauptversammlung 2016 beschlossene Umstellung auf eine reine Festvergütung bei gleichzeitiger Anhebung der festen Vergütungsbestandteile.
Aber auch bei Infineon Technologies (plus 33,9 Prozent) und Fresenius (plus 16,7 Prozent) wurden die Bezüge deutlich angehoben. Bei Infineon Technologies war dies neben der Erweiterung des Aufsichtsrats von zwölf auf 16 Mitglieder vor allem auf die ebenfalls erfolgte Umstellung auf eine reine Festvergütung zurückzuführen. Bei Fresenius sorgte eine höhere kurzfristige variable Vergütung für den Anstieg.
Die Bezüge eines Aufsichtsratsvorsitzenden im DAX30 lagen 2016 durchschnittlich bei rund 362.000 Euro. Dies entsprach einem Zuwachs von 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Die höchste Vergütung für ein einzelnes Aufsichtsratsmandat erhielt in 2016 wie schon im Vorjahr Paul Achleitner für seinen Posten als AR-Chef der Deutschen Bank. Der Vorsitz im Aufsichtsrat des Kreditinstituts wurde mit 800.000 Euro vergütet (minus 1,0 Prozent). Die zweithöchste Vergütung erhielt mit 610.660 Euro Norbert Reithofer, Aufsichtsratsvorsitzende von BMW (plus 7,0 Prozent). Die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden von Siemens, die aktuell Gerhard Cromme innehat, wurde mit 605.000 EUR (minus 0,5 Prozent) am dritthöchsten vergütet.
Den mit Abstand größten Vergütungszuwachs verzeichnete – wenig überraschend – der Aufsichtsratschef von Volkswagen, Hans Dieter Pötsch. Seine Vergütung stieg im Vergleich zum Vorjahr um 1.519 Prozent auf 421.000 Euro an. Zu berücksichtigen ist hier jedoch, dass die Vorjahresvergütung bei lediglich 26.000 Euro gelegen hatte. Im Ranking der TOP-Verdiener findet sich Herr Pötsch auf Rang 10 wieder.
Der zweithöchste Zuwachs konnte bei Infineon Technologies registriert werden. Im Vergleich zu 2015 stieg die Vergütung des Aufsichtsratsvorsitzenden des Halbleiterherstellers um 45,1 Prozent auf 214.000 Euro an. Eine ähnlich hohe Zuwachsrate gab es beim Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Commerzbank (plus 42,6 Prozent).
Lediglich bei der Merck KGaA lag die Vergütung des Aufsichtsratsvorsitzenden mit 97.000 Euro unterhalb der 100.000-Euro-Marke.
Die durchschnittliche Vergütung eines ordentlichen Aufsichtsratsmitglieds lag 2016 bei knapp 114.000 EUR.
Die höchste Vergütung für ein ordentliches Aufsichtsratsmitglied zahlte mit 250.000 Euro die Fresenius SE. Dies war gleichbedeutend mit einem Plus von 12,1 Prozent im Vergleich zu 2015, verursacht durch eine höhere kurzfristige variable Vergütung. Die geringste Vergütung erhielt mit 50.000 Euro ein ordentliches Aufsichtsratsmitglied von Merck.
Eine ausschließlich kurzfristige variable Vergütung verwendet im laufenden Geschäftsjahr 2017 nur noch Fresenius, wobei als Kennziffer – leider – die Dividende genutzt wird. Ab dem Geschäftsjahr 2018 wird Fresenius dann allerdings der Kodex-Empfehlung folgen und auf eine langfristige variable Vergütung, gemessen am Dreijahresdurchschnittswachstum des Konzernergebnisses, umstellen.
Beiersdorf vergütet in einer Kombination von kurzfristiger und langfristiger variabler Komponente und weitere drei Unternehmen (BMW, Continental, Fresenius Medical Care) bemessen die variable Komponente ihrer Aufsichtsratsvergütung bereits heute ausschließlich an langfristigen Faktoren.
Grundsätzlich sind solche variablen Vergütungsbestandteile nicht wünschenswert. Die Einführung einer reinen Festvergütung für den Aufsichtsrat ist unserer Ansicht nach deutlich sinnvoller. Deren Einführung darf allerdings nicht zu einer unangemessenen Erhöhung genutzt werden. Vielmehr sollte sich in der Höhe das Ergebnis einer langfristigen, rückwirkenden Betrachtung der bisherigen Vergütung widerspiegeln. Bedenklich sind außerdem solche Gestaltungsformen, die zu einer unangemessenen Vergütung von herausgehobenen Positionen führen können. Hier ist eine um den Faktor drei über der Vergütung eines einfachen Aufsichtsratsmitglieds liegenden Bezahlung für den AR-Chef im DAX30 üblich und auch nachvollziehbar. Darüber sollte sie allerdings nicht liegen.
Kritisch zu hinterfragen ist die erhöhte Vergütung, die stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden oft gezahlt wird. Obwohl mit dieser Position in der Regel keine besonderen Anforderungen verbunden sind, liegt sie in vielen Fällen um das eineinhalb- bis zweifache über der eines ordentlichen AR-Mitglieds. Unserer Ansicht nach, sollte sie die eines einfachen Mitglieds aber zumindest dann nicht übersteigen, wenn zusätzliche Vergütungskomponenten wie Ausschussvergütung oder Sitzungsgeld gewährt werden.
Sofern eine variable Vergütung für den Aufsichtsrat vom Unternehmen für sinnvoll erachtet wird, sollte diese aus Sicht der DSW weder ausschließlich an kurzfristige Kennziffern gekoppelt werden, noch sollten dieselben Kennziffern wie für die Vergütung des Vorstands zugrunde gelegt werden. Nicht geeignet ist die Dividende, da der Aufsichtsrat das Gremium ist, das die Höhe der Gewinnausschüttung festlegt. Strikt gegen eine variable Vergütung spricht sich die DSW mit Blick auf die Tätigkeit im Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats aus.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Rednerin: Jella Benner-Heinacher, Hauptgeschäftsführerin (stv.) der DSW)
Meine Damen und Herren,
nachdem wir nun wissen, wer die einflussreichsten und die am besten bezahlten Aufsichtsräte sind, werde ich mich der von den Kontrolleuren für ihre Tätigkeit aufgewendeten Zeit, ihrem Durchschnittsalter, ihrer Zugehörigkeitsdauer zum jeweiligen Aufsichtsrat und dem Frauenanteil in den Aufsichtsräten widmen.
Die Häufung von Mandaten in verschiedenen Aufsichtsräten (sog. Overboarding) führt, zumal wenn herausgehobene Positionen gehalten werden, zu einem enormen Zeitaufwand der betreffenden Mandatsträger. Obwohl eine reine Zählung der Sitzungsanzahl nicht allein Aufschluss über die Beanspruchung geben kann, ist sie doch ein Indikator für die tatsächliche Belastung.
In unserer Studie haben wir daher den Zeitaufwand der fünf Führenden im Mandatsranking anhand der Anzahl der Sitzungstermine 2016 in den DAX30-Gesellschaften exemplarisch untersucht.
Erneut hatte Herr Achleitner mit Abstand die meisten Sitzungstermine und führte zudem an 40 Terminen den Vorsitz. Das war sogar noch ein Vorsitztermin mehr als im Vorjahr. Auch die Gesamtzahl der Sitzungen hat sich für den AR-Chef der Deutschen Bank nochmals erhöht. Waren es 2015 insgesamt 90 Aufsichtsrats- bzw. Ausschusssitzungen, kam er 2016 sogar auf 104 Termine. Das macht deutlich, dass Overboarding grundsätzlich immer dann problematisch werden kann, wenn zu einer Vielzahl von Mandaten auch noch eine hohe Sitzungsfrequenz der Aufsichtsgremien hinzukommt.
Die Altersstruktur
Wegen der zunehmenden Belastung der Aufsichtsräte haben wir uns auch die in den Kontrollgremien vorherrschende Altersstruktur angesehen. Schließlich lässt selbst bei den erfolgreichsten Managern die Leistungsfähigkeit im Alter nach. Entsprechend empfiehlt der Deutsche Corporate Governance Kodex die Einführung einer Altersgrenze. Eine exakte Zahl wird allerdings nicht genannt. Es geht vielmehr darum, in den Aufsichtsräten eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema anzustoßen. Dies besonders mit Blick auf die Erhaltung der notwendigen Flexibilität für den Einzelfall, insbesondere für Unternehmen mit Anker- oder Familienaktionären.
26 der 30 DAX-Unternehmen haben eine Regelaltersgrenze für Mitglieder des Aufsichtsrats. Die Analyse zeigt, dass die DAX30-Unternehmen an unterschiedliche Zeitpunkte anknüpfen. Während einige auf den Zeitpunkt der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat abstellen, sehen andere ein maximales Alter zum Zeitpunkt der Wahl vor. Wieder andere setzen das Erreichen des Regelalters in Bezug zum Zeitpunkt der nächsten Hauptversammlung.
Über alle untersuchten Unternehmen hinweg liegt das durchschnittliche Alter eines Aufsichtsrats im DAX30 bei 58 Jahren. Insofern ist eine Überalterung nicht zu erkennen. Dabei zeigen sich allerdings deutliche Unterschiede sowohl zwischen den Bänken als auch differenziert nach Geschlecht.
Das durchschnittliche Alter eines Anteilseignervertreters beträgt 61 Jahre. Die jüngste Anteilseignerseite stellt mit durchschnittlich 54 Jahren ProSiebenSat1. Die älteste mit im Schnitt 67 Jahren Fresenius Medical Care.
Auf der Arbeitnehmerseite beträgt das Durchschnittsalter 55 Jahre.
Das durchschnittliche Alter der weiblichen Mandatsträger liegt mit 55 Jahren deutlich unter dem ihrer männlichen Kollegen (59 Jahre). Dabei ergibt sich dieser Unterschied insbesondere durch das geringere Durchschnittsalter der weiblichen Anteilseignervertreter, welches mit 57 Jahren klar unter dem ihrer männlichen Pendants (63 Jahre) liegt. Auf der Arbeitnehmerseite ist der Unterschied mit 54 gegenüber 55 Jahren sehr viel geringer.
Dauer der Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat
Für die Zugehörigkeitsdauer zum Aufsichtsrat empfiehlt der Corporate Governance Kodex ebenfalls die Festlegung einer Regelgrenze. Diese soll in den zu veröffentlichenden Zielen für die Zusammensetzung des Gremiums dargelegt werden. Denn mit jedem Zugehörigkeitsjahr wächst zwar die Expertise und Kenntnis bezüglich des Unternehmens, aber ein zu langes Aufsichtsratsmandat kann auch eine gewisse „Betriebsblindheit“ entstehen lassen.
24 der 30 DAX-Unternehmen haben eine Begrenzung der Zugehörigkeitsdauer für die Mitglieder des Aufsichtsrats eingeführt, die in der Regel bei 15 Jahren liegt. Die restlichen sechs Gesellschaften haben eine entsprechende Abweichung zur Kodex-Empfehlung erklärt.
Tatsächlich ist die durchschnittliche Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat eines DAX30-Unternehmens hiervon weit entfernt. Sie beträgt 2017 6 Jahre. Dabei zeigt sich in der Zugehörigkeitsdauer auf Seiten der Anteilseigner bzw. Arbeitnehmer kein wesentlicher Unterschied. Insgesamt ist in der durchschnittlichen Zugehörigkeitsdauer eine leichte Zunahme von 5,5 auf 6 Jahre im Vergleich zum Vorjahr festzustellen. Die Aufsichtsratsvorsitzenden der DAX-Unternehmen sitzen im Schnitt 5,8 Jahre in den Gremien. Im Vorjahr lag der Wert bei 5,3 Jahren.
Die Aufsichtsräte mit der längsten Amtszugehörigkeit sitzen in den Gremien von BMW und SAP. Manfred Schoch (BMW) und Wilhelm Haarmann (SAP) sind jeweils seit 1988 in dem jeweiligen Aufsichtsrat vertreten.
Obwohl die Zahlen zur Altersstruktur und zur Zugehörigkeitsdauer belegen, dass in den Kontrollgremien gegenwärtig weder ein echtes Überalterungsproblem besteht, noch eins der akuten Betriebsblindheit, gibt es durchaus Optimierungsbedarf. Ein Problem liegt in der Synchronität der Amtsperioden. Dies führt dazu, dass es – ist der Aufsichtsrat erst einmal bestellt – kaum noch personelle Veränderungen gibt. Dabei sind neue Ideen und neue Herangehensweisen nicht nur alle fünf Jahre hilfreich. Zu lösen wäre das mit der Einführung unterschiedlich langer Amtszeiten.
Frauenanteil
Last but not least, noch ein Blick auf den Frauenanteil in den Kontrollgremien der DAX30-Gesellschaften. Hier hat sich in den vergangenen Jahren einiges bewegt. Lag der Frauenanteil im Jahr 2006, in dem wir das Thema erstmals im Rahmen der Studie beleuchtet haben, auf beiden Bänken zusammen bei 11,7 Prozent, ist dieser bis 2017 auf 31,9 Prozent angestiegen. Wobei der Anstieg auf der Anteilseignerseite von 5,0 auf 30,1 Prozent noch deutlich massiver ausgefallen ist, als der auf der Arbeitnehmerseite, wo eine Zunahme von 18,2 Prozent im Jahr 2006 auf 33,9 Prozent im Jahr 2017 zu verzeichnen war.
Insgesamt wird also das 30-Prozent-Ziel erfüllt. Dies trifft allerdings lediglich auf die Gesellschaften zu, deren Aufsichtsrat paritätisch besetzt ist. Nur diese sind gesetzlich zur Einhaltung verpflichtet. Ein Blick auf TecDAX und SDAX zeigt allerdings, dass insbesondere bei den nicht gesetzlich verpflichteten Unternehmen noch Nachholbedarf besteht.
Aber selbst bei den Gremien, die das 30-Prozent-Ziel einhalten, werden die wirklich machtvollen Positionen, also die Mitgliedschaften respektive Vorsitze in Ausschüssen oder gar die Posten als Aufsichtsratschef, in der Regel von Männern besetzt. So wird lediglich der Aufsichtsrat der Henkel KGaA von einer Frau, Simone Bagel-Trah, geleitet. Und 80,2 Prozent der Ausschussmitglieder in den DAX30-Aufsichtsräten sind männlich.
Damit nicht genug, oft sitzen in den verschiedenen Ausschüssen auch immer dieselben Personen. Statt also bei der Besetzung der Ausschüsse die gesamte Bandbreite der Leistungsfähigkeit des Aufsichtsrats zu nutzen, bleiben einige wenige Mitglieder lieber unter sich. Hier wäre mehr Variabilität auf jeden Fall wünschenswert. Und wenn dann noch mehr Frauen in die Ausschüsse kämen, umso besser.
Bevor ich endgültig zum Schluss komme, noch ein Wort zum Thema Vergütung. Wie gesehen, können mittlerweile auch Aufsichtsräte, wenn sie denn in mehreren Unternehmen in den Kontrollgremien sitzen, durchaus auf Gesamtvergütungen kommen, die der 1-Millionen-Euro-Grenze nahekommen. Was wir allerdings nicht festgestellt haben, sind konzerninterne Extremfälle wie etwa der des Vorstandschefs des Baukonzerns Hochtief. Im Rahmen der Vorstandsvergütungsstudie, die wir ja am 4. Juli hier in Frankfurt vorgestellt hatten, lag Hochtief-Boss Marcelino Fernández Verdes mit gut 4,8 Millionen Euro auf Rang 10 der Liste der im MDAX notierten Unternehmen. Das war das Ergebnis aus den Vergütungstabellen gemäß dem Kodex. Allerdings wurden dabei die Bezüge von rund 2,4 Millionen Euro nicht berücksichtigt, die Herr Verdes von der australischen Hochtief-Tochtergesellschaft CIMIC (vormals Leighton) für seine Tätigkeit als CEO und Chairman erhält. Das ist ein echtes Manko in der Darstellung der Vergütung. Bei ganzheitlicher Betrachtung wäre Herr Verdes mit einer Gesamtsumme von 7,3 Millionen Euro im MDAX-Rating immerhin auf Rang 3 gelandet, statt auf Rang 10. Im DAX30 hätte die Vergütung für Rang 5 gereicht.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!