Dividendenstudie 2019

Teilnehmer:

Marc Tüngler, DSW-Hauptgeschäftsführer

Prof. Dr. Dr. habil. Eric Frère, FOM Dekan und Direktor des isf – Institute for Strategic Finance

W. Röhl, DividendenAdel

Jürgen Kurz, Pressesprecher

 

Es gilt das gesprochene Wort

 

(Redner: Marc Tüngler)

Meine Damen und Herren,

auch ich darf Sie herzlich zu unserer heutigen Pressekonferenz zur Vorstellung der diesjährigen Dividendenuntersuchung begrüßen, die wir wieder in bewährter Kooperation mit der FOM Hochschule und der Research Plattform DividendenAdel durchgeführt haben. Ich freue mich sehr, die Ergebnisse gemeinsam mit Herrn Professor Frère und Herrn Röhl vorstellen zu dürfen, die ich ebenfalls herzlich begrüße.

Wir können heute sogar ein kleines Jubiläum feiern: Und zwar 15 Jahre Dividendenstudie. 2004 hat die DSW die Studie erstmals veröffentlicht. Der DAX lag damals irgendwo um die 4.000 Punkte. Obwohl die Tiefststände unterhalb von 2.500 Punkten, auf die der DAX nach dem Neue-Markt-Debakel gefallen war, schon wieder eine ganze Zeit zurücklagen, konnte von einer echten Rückkehr des Vertrauens in den Aktienmarkt noch nicht gesprochen werden.

Die Dividende erlebte zu dieser Zeit aber eine echte Renaissance. Während der Hochphase des Neuen Marktes galt sie ja eher als hoffnungslos rückständig und wurde mehr als Zeichen mangelnder Innovationskraft verstanden, denn als Hinweis auf ein gut funktionierendes, ertragreiches Geschäftsmodell.

Das änderte sich in der Folge dramatisch. Zum einen waren es in erster Linie die soliden Dividendenwerte aus der sogenannten „alten“ Industrie, die den Aufschwung nach dem kollektiven Zusammenbruch am schnellsten schafften. Zum anderen fielen die Zinsen im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise immer stärker und machten verzinsliche Anlagealternativen zunehmend unattraktiv.

Immerhin: Seit dieser Zeit ist die Dividende als wichtiger Bestandteil einer Aktieninvestition in den Köpfen eines Großteils der Privatanleger wieder fest verankert. Und das ist gut so – birgt aber durchaus auch Gefahren. Zum Beispiel, wenn Dividenden als der neue Zins bezeichnet werden und die Höhen von Dividendenrenditen mit der von festverzinslichen Wertpapieren oder Tagesgeldkonten verglichen werden. Dabei fällt nicht nur unter den Tisch, dass die Geldanlage in Aktien strategisch etwas völlig anderes ist, als die in verzinsliche Produkte. Auch die – je nach verzinslicher Anlageform – deutlich unterschiedliche Risikostruktur bleibt unerwähnt.

Besonders ärgerlich ist aber, dass der Eindruck erweckt wird, die Dividendenrendite sei eine feste Größe, ein Art Festzins auf die Aktienanlage. Dabei ist sie nur eine Momentaufnahme auf Basis des aktuellen Kurses und eines erwarteten Dividendenwertes. Steigende Dividendenrenditen können – etwas holzschnittartig formuliert – schließlich zwei Gründe haben: Eine Erhöhung des erwarteten Gewinns oder fallende Aktienkurse. Insofern sollten hohe Dividendenrenditen von Anlegern immer kritisch hinterfragt werden. Oft genug sind sie nur die Vorboten für schlechte Zeiten.

Viel entscheidender als die Dividendenrenditen sind daher Dividendenkontinuität sowie Pay-Out-Ratio. Oder – einfacher formuliert – kontinuierlich steigende Gewinnausschüttungen bei gleichzeitig zumindest proportional wachsenden Gewinnen. 

Nun aber zurück zur aktuellen Studie, bei der es im kommenden Jahr ebenfalls ein Jubiläum geben wird. Dann feiert unsere Kooperation mit der FOM und Herrn Röhl ihren zehnten Geburtstag. 2010 haben wir die Studie erstmals in dieser Konstellation erstellt.

Analysiert wurden die Gewinnausschüttungen aller im regulierten deutschen Aktienmarkt – bestehend aus Prime-, und General-Standard sowie Freiverkehr – notierten Gesellschaften. Damit legen wir sicher auch in diesem Jahr wieder eine der umfassendsten Dividendenanalysen vor. Der TecDAX ist seit der Umstrukturierung im September 2018 durch die Deutsche Börse erstmals nicht mehr bei den Auswahlindices aufgeführt. Die dort notierten Gesellschaften sind seitdem ja nicht mehr exklusiv im TecDAX notiert, sondern parallel auch in anderen Indices vertreten.

Meine Damen und Herren, der Dividendenjahrgang 2019 wird als weiterer Rekordjahrgang in die Geschichte eingehen. Über 57 Milliarden Euro werden deutsche Aktiengesellschaften an ihre Anteilseigner ausschütten. Damit wird die Rekordsumme des vergangenen Jahres nochmals deutlich übertroffen. Diese robuste Verfassung der deutschen Wirtschaft im vergangenen Jahr ist eindeutig eine gute Nachricht.

Sicher war das Geschäftsjahr 2018 von etlichen positiven Rahmenbedingungen geprägt. Zu nennen wären hier der moderate Dollarkurs, der Rohölpreis, der zwar nicht mehr ganz auf dem niedrigen Niveau von 2015 oder 2016 lag, aber immer noch klar unter den Höchstpreisen aus den Jahren 2011 bis 2013. Hinzu kamen die niedrigen Zinsen und der geringe Inflationsdruck. Auf der anderen Seite war 2018 aber auch ein Jahr der großen politischen Unsicherheiten. Der schwankende Riese China, die permanente Brexit-Angst, der drohende Handelskrieg mit den USA oder der Regierungswechsel in Italien sind nur einige der Themen, die die Agenda bestimmten.

Da verwundert es nicht, dass es trotz des Rekords durchaus erste Wolken am derzeit noch blauen Dividendenhimmel gibt: Die wirtschaftlichen Rahmendaten verschlechtern sich zusehends. Die Folge: Schon jetzt treten einige AGs bei ihren Prognosen für das laufende Geschäftsjahr deutlich auf die Euphoriebremse und wir haben bereits etliche Gewinnwarnungen gesehen. Zudem verlagert sich der Fokus bei vielen Gesellschaften wieder verstärkt von der Top-Line hin zur Bottom-Line. Oder – einfacher gesagt –, da es zunehmend schwerer wird, Gewinne über ein starkes Umsatzwachstum zu generieren, wird verstärkt auf die Kostenseite geschaut.

Ein weiteres Signal für eine Eintrübung der Erwartungen könnte die Entwicklung der durchschnittlichen Ausschüttungsquote sein. Die in den Auswahlindices notierten AGs geben durchschnittlich gerade einmal 40 Prozent ihres Gewinns an ihre Anteilseigner weiter. Im Vorjahr waren es noch 42 Prozent. Offenbar bauen die Unternehmen mit Sicht auf schlechtere Zeiten jetzt lieber ein Finanzpolster auf, statt ihre Aktionäre angemessen am Gewinn zu beteiligen.

Vor diesem Hintergrund steht zu befürchten, dass das Jahr 2019 vorerst das letzte Dividendenrekordjahr war. Uns ist allerdings durchaus bewusst, dass das Jammern auf hohem Niveau ist.

Die DSW fordert von Gesellschaften eine Ausschüttungsquote von 50 Prozent – insofern war bereits 2018 kein wirklich perfektes Jahr. Sicher kann es gerade bei Unternehmen, die starkes Wachstum finanzieren müssen, Gründe geben, deutlich weniger als die Hälfte des Gewinns auszuschütten. Das Bilden eines weichen Kapitalkissens für den Vorstand ist allerdings kein ausreichender Grund für die Zurückhaltung bei der Dividende. Wie schon im Vorjahr fällt die Dividendensumme trotz der Rekordhöhe also eigentlich zu niedrig aus.

Einen Wechsel gab es bei den Top-Dividenden-Zahlern. Mit rund 3,8 Milliarden hat die Allianz sich auf den ersten Rang geschoben. Der Versicherungskonzern schüttet 12,5 Prozent mehr aus als im Vorjahr. Um 11 Prozent nach unten, auf knapp 3,5 Milliarden Euro, ging es dagegen für den Vorjahres-Primus Daimler. Rang drei belegt mit gut 3,3 Milliarden Euro, was einem Plus von 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht, die Deutsche Telekom.

Bei den kleineren Gesellschaften, die insgesamt knapp 4,3 Milliarden Euro an Dividenden auszahlen, ist der Anteil der AGs, die Gewinne an die Aktionäre auskehrt, von gut 55 Prozent im Vorjahr auf nun 58 Prozent gestiegen. Das war und ist zu wenig. Bei den Auswahl-Indices liegt der Anteil der ausschüttenden Gesellschaften bei 88 Prozent. Besser stehen die kleineren Unternehmen dagegen bei der Ausschüttungsquote da, die mit im Schnitt 47 Prozent deutlich über der der Auswahlindices liegt.

Nun aber zu den versprochenen Einzelergebnissen der Untersuchung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Dividendenstudie 2019