DSW fordert Lehren aus der Krise zu ziehen
Die Finanzkrise hat an den Kapitalmärkten weltweit zu großen Verwerfungen geführt. Erste Bürgerpflicht ist es nun, die Lage zu stabilisieren. „Deshalb begrüßen wir das Rettungspaket der US-Regierung ausdrücklich“, meint Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V.). Dennoch darf diese Krise nicht ohne Folgen bleiben. „Es müssen Lehren gezogen werden, damit sich die Exzesse die zum Kollaps des US-Bankensystems geführt haben, nicht wiederholen“, so Hocker. Die DSW fordert auch für Europa eine schärfere Regulierung und mehr Transparenz. Konkret stellt sie sechs Kernforderungen auf:
1. Verbot für ungedeckte Leerverkäufe
In den vergangenen Monaten haben Spekulanten durch solche Wetten auf fallende Kurse die Kurse vieler Finanzwerte tatsächlich so sehr nach unten bewegt, dass sich deren Schieflage dramatisch zugespitzt hat. „Es kann nicht sein, dass Spekulanten ohne eigenes Risiko einen derartigen Einfluss auf die Märkte haben, dass diese kaum noch kontrollierbar sind“, sagt der DSW-Hauptgeschäftsführer. Deshalb muss das provisorische Verbot für ungedeckte Leerverkäufe bei Finanzwerten beibehalten werden und soll frühestens nach zwei Jahren überprüft werden.
2. Verlagerung der Risiken bei Derivaten
Der Fall Lehman Brothers hat gezeigt, dass das Risiko eines Totalverlustes bei Zertifikaten für Privatanleger nicht nur theoretisch besteht. „Hier besteht Regulierungsbedarf“, so Hocker. So fordert die DSW, dass bei jeder Emission eines Zertifikates die Risiken – zumindest zum Teil – mit Eigenkapital des Emittenten unterlegt werden müssen.
3. Back to Basics
In den vergangenen Tagen sind bei der DSW Hunderte Zertifikatebesitzer vorstellig geworden, die wissen wollten, ob sie eine Chance haben, ihren Einsatz aus den Lehman-Produkten zurückzubekommen. Auffallend war, dass kaum jemand wirklich wusste, wie das Zertifikat, in das er investiert hatte, eigentlich aufgebaut war und wie es funktionierte. Gekauft hatten viele einzig wegen des Versprechens, einer sicheren und hohen Rendite. „Die Transparenz der Produkte ist mehr als mangelhaft“. Dies gilt besonders dann, wenn mit „Garantieversprechen geworben wird. „Hier müssen wir zurück zu Zertifikaten, die jeder versteht“, so Hocker.
4. Bessere Beratung bei der Bank
Die gesetzlichen Grundlagen und EU-Richtlinien für die Beratung des Kunden durch die Bank sind offenbar immer noch nicht ausreichend. Immer noch werden Produkte verkauft, die bei näherer Betrachtung überhaupt nicht der Risikoneigung des Käufers entsprechend. Zugleich ist falsche Kundenberatung den Banken später nur schwer zu beweisen. „Es muss mittelfristig zu einem Wandel in der Anlagepolitik der Banken kommen“, so Hocker. Einerseits sollten Banken bei jeder Erstberatung eines Kunden und bei Änderungen der Risikoneigung ein Protokoll führen müssen und dem Kunden eine Durchschrift aushändigen müssen. Schritt zwei: „Optimal wäre, wenn die Banken beweisen müssten, dass sie korrekt beraten haben und nicht umgekehrt“, so Hocker. Bisher müssen die Anleger die Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Bankberater beweisen.
5. Verbriefung einschränken
Noch ist das ganze Ausmaß der Krise nicht absehbar, doch im Kern fußt sie zum Teil darauf, dass viele Banken ihre Risiken gebündelt weiterverkauft haben. Solche „Verbriefungen“ haben enorm an Popularität gewonnen. Vor diesem Hintergrund unterstützt die DSW ausdrücklich die Forderung von Finanzminister Steinbrück, dass Emittenten bei Verbriefungen 20 Prozent aufs eigene Buch nehmen müssen. Dann müssen die Banken ihr eigenes Risiko begrenzen und beschränken auch das Risiko für andere Marktteilnehmer.
6. Zusätzlicher Risikopuffer für Privatanleger
„Privatanleger werden weltweit an den Märkten als Schock-Absorber genutzt. Sie tragen einen Großteil der Risiken. Dafür muss der Staat ihnen aber im Gegenzug auch eine ansprechende Rendite ermöglichen“, so Hocker. Deshalb fordert die DSW, die Abschaffung der Spekulationsfrist rückgängig zu machen. Langfristige Kapitalanlagen müssen steuerfrei bleiben.