Prokon: Schicksalswahl für Anleger
Beim insolventen Windenergie-Konzern Prokon ist die Zeit der Entscheidung angebrochen. Bis Ende der Woche haben Prokon-Anleger die Möglichkeit zu wählen, wie es ihrer Ansicht nach weitergehen soll. Auf der einen Seite gibt es ein Übernahmeangebot des Energiekonzerns EnBW, auf der anderen Seite die Idee, dass Anleger verbindlich Mitglied einer neuen Genossenschaft werden. So können sie ihre Genussrechtsforderung als Sacheinlage in die „neue“ Prokon eG und damit eine Genossenschaft einbringen.
Die DSW warnt davor, die Zustimmung zu diesem Modell unreflektiert abzugeben: „Schon die Gesellschaftsform Genossenschaft ist Neuland für viele Anleger. Insofern sind auch viele offene Fragen mit der Entscheidung verbunden“, erläutert Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW. Genossenschaft, das hört sich zunächst gut an. Aber die Anleger sollten sich fragen, wie lange sie sich damit binden. Wird es Ausschüttungen geben? Wie sicher ist das Geschäftsmodell? Kann man die Genossenschaftsanteile später veräußern und wenn ja, über welchen Weg und mit welchem Vorlauf? Erhält man dann den jeweiligen Zeitwert oder nur den Nominalbetrag?
Viele dieser Aspekte werden sich auch erst in den nächsten Jahren klären, da es heute noch nicht einmal einen Wertpapier-Prospekt gibt. Gleichzeitig drängt die Zeit: Prokon-Anleger müssen bis Ende der Woche ihre Entscheidung treffen, ob sie das Genossenschaftsmodell unterstützen. Sie haben eine entsprechende Aufforderung erhalten, eine verbindliche Zustimmungserklärung zu diesem Modell bis zum 26. Juni 2015 (Eingang) abzugeben.
Bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz rät man im Zweifel dazu, dieser Aufforderung nicht nachzukommen und damit die Zustimmungserklärung nicht abzugeben – wenn Anleger immer noch unsicher sind: „Dies kann nur eine Option sein für die Anleger, die sich bewusst über viele Jahre binden wollen und vollends verstehen, welche Verpflichtung und welches Risiko sie damit eingehen“, so Tüngler. Es bestehen aus seiner Sicht zu viele Unwägbarkeiten, die sachlich und damit wirtschaftlich betrachtet eine Beteiligung an der Genossenschaft wahrlich nicht risikoarm erscheinen lassen.
Allein auf die Zahlen bezogen, erscheint die Wahl für das Genossenschaftsmodell vielleicht leicht im Vorteil, allerdings gilt dies nur, wenn man unterstellt, dass die Genossenschaft auch die positive Entwicklung nimmt, die in den Plänen unterstellt wird. Hier verbergen sich viele Gefahren, deren Verwirklichung heute niemand abzuschätzen vermag.
Daher plädiert die DSW: „Lieber kurzfristig den respektablen sogenannten Spatz in der Hand zu wählen, also das mit der EnBW-Offerte verbundene Investorenmodell, anstelle der erst in vielen Jahren wertmäßig aufschließenden Taube auf dem Dach, also dem Genossenschaftsmodell“, erläutert DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler.