Entsenderecht für den Großaktionär von ThyssenKrupp?

Frage: Kürzlich berichten Sie über die bei Thyssen-Krupp geplante Einführung eines Entsenderechts für den Großaktionär, die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung. Ich teile Ihre Kritik zu 100 Prozent, meine Frage aber ist: Was macht die DSW, um dieses Entsenderecht zu verhindern?

Herbert J. aus Berlin

 

Antwort: Am 19. Januar 2007 findet die Hauptversammlung der ThyssenKrupp AG in Bochum statt. Unter Tagesordnungspunkt acht soll der von Ihnen erwähnten Stiftung ein Recht zur Entsendung von Mitgliedern in den Aufsichtsrat der Gesellschaft eingeräumt werden. Bei einer Beteiligung von über 25 Prozent soll die Stiftung dann drei Mitglieder entsenden dürfen. Aktuell liegt der Anteil der Stiftung an der AG bei 25,1 Prozent, so dass die formalen Voraussetzungen erfüllt wären. ThyssenKrupp folgt damit dem Negativbeispiel Volkswagen, bei dem sich das Land Niedersachsen über das so genannte VW-Gesetz ein ähnliches Entsenderecht hat einräumen lassen. Dieses verstößt aus Sicht von Corporate-Governance-Experten allerdings klar gegen EU-Recht und wird wohl vor dem Europäischen Gerichtshof bald fallen. Die DSW hat Opposition gegen den Beschlussvorschlag eingelegt. Aus unserer Sicht ist die Wahl von Mitgliedern in den Aufsichtsrat eine der wichtigsten Aufgaben der Hauptversammlung. Mit der Einführung eines Entsenderechts für einen Großaktionär wird also gegen den wesentlichen Grundsatz „eine Aktie – eine Stimme“ verstoßen. Hinzu kommt, dass die Hauptversammlung für die Zukunft bei der Wahl dieser Aufsichtsratsmitglieder auch noch entmündigt wird. Schließlich müssten sich nicht mehr alle Mitglieder des Kontrollgremiums, die der Kapitalseite zuzurechnen sind, dem Votum der Aktionäre stellen.

Jella Benner-Heinacher