Wertpapierleihe

Frage: „Immer weniger Aktionäre gehen zur Hauptversammlung“, so war jetzt wieder zu lesen. Und das zeigt sich ja auch an den erneut rückläufigen Präsenzen auf den deutschen Hauptversammlungen. Liegt das Grundproblem aber nicht woanders? Nämlich daran, dass zu wenig Fonds ihre Aktien vertreten lassen? Wo sind die Gründe für die geringe Präsenz der Fonds?

Thomas L. aus Düren

Antwort: Ein wesentlicher Grund dafür, dass inländische und ausländische Fonds ihre Aktien nicht in vollem Umfang bei den Aktionärsversammlungen vertreten, ist, dass die Wertpapiere zu diesem Zeitpunkt häufig verliehen sind. Damit gehen die Stimmrechte an den über, der die Papiere ausgeliehen hat. Die Wertpapierleihe erfolgt meist zum Zwecke des Dividendenstrippings und ist inzwischen eine wichtige Einkunftsquelle für die Fondsgesellschaften geworden. Der Entleiher kommt in den Genuss der Dividendenzahlung und zahlt hierfür eine Gebühr an den Fonds. Da der Zeitpunkt der Dividendenberechtigung mit dem Tag der Stimmberechtigung zusammenfällt, geht dies meist zu Lasten des Stimmrechtes.

Die DSW hat zahlreiche Vorschläge unterbreitet, um diesen Konflikt in Zukunft zu verhindern. So sollte jeder Fonds oder auch der BVI als Dachverband der Fondsgesellschaften klare Grundsätze für die Wertpapierleihe entwickeln und diese den Fondsinvestoren zugänglich machen. Daneben sind detaillierte Regeln für die zugrunde liegenden Leihverträge erforderlich. Hier muss klargestellt werden, wann der Entleiher der Aktien ein Rückrufrecht hat, um seine Stimmrechte ausüben zu können. Schließlich muss die Fondsgesellschaft auch die Einhaltung der Grundsätze und der Leihverträge besser überwachen und gegenüber dem Fondsinvestor offen legen, wie hoch die Erlöse aus der Wertpapierleihe sind.

Jella Benner-Heinacher