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DSW-Stellungnahme zum Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) bedankt sich für die Einladung zur öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie am 07. September 2015.
Zugleich danken wir Ihnen für die Möglichkeit, dass wir als Deutschlands älteste und mitgliederstärkste Anlegervereinigung bereits im Vorfeld zu einzelnen Aspekten Stellung beziehen können.
Bei dem Aufbau unserer Stellungnahme haben wir das Ziel verfolgt, unsere Hinweise und Verbesserungsvorschläge in wenige Themenblöcke einzuordnen, was hoffentlich unsere Sichtweise direkter zu vermitteln mag. Insofern haben wir uns auch nur auf die aus unserer Sicht wichtigen Aspekte konzentriert.
Dies sind:
1. Neuregelung der Meldefristen für Stimmrechtsmitteilungen
2. Sanktionsregime bei fehlerhaften oder unterbliebenen Stimmrechtsmitteilungen
3. Quartalsberichterstattung und Fristenregelung für Halbjahresberichte
4. Neuregelung des Delisting
Wir haben uns bemüht, in Teil 4 den erst unter dem 1. September 2015 vorgestellten informellen Änderungsantrag hinsichtlich einer Regelung des Delisting intensiv zu würdigen.Wir hätten uns sehr gefreut, wenn dieses doch sehr einschneidende und für alle Beteiligten wichtige Thema nicht erst so kurzfristig vor Ablauf der Stellungnahmefrist eingebracht worden wäre. Dies gilt hier ganz besonders, da die vorgeschlagene Regelung unserer Ansicht nach sogar eine Verschlechterung der derzeitigen, gesetzlich nicht regulierten Situation darstellt.
Bereits an dieser Stelle möchten wir unterstreichen, dass die vorgeschlagene Regelung zum Delisting für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz keinen gangbaren Weg darstellt,um einen Interessenausgleich sachgerecht herzustellen. Dazu folgen weitere Ausführungen in Teil 4 unserer Stellungnahme. Folgende Hinweise möchten wir zu den einzelnen Regelungsvorschlägen vortragen:
1. Neuregelung der Meldefristen für Stimmrechtsmitteilungen
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz begrüßt grundsätzlich ein höchstmögliches Transparenzniveau bei der Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse über die verschärfte Normierung von Stimmrechtsmitteilungen. Wir erkennen sicher auch den Mehrwert, wenn – wie im Entwurf vorgesehen – nicht erst auf die Erfüllung, sondern bereits auf das Kausalgeschäft der Transaktion abgestellt wird. Dies gilt sicherlich erst recht, wenn die Bedingungen für einen Übergang der Stimmrechte alleine von dem Erwerber bestimmt werden bzw. der Übergang allein von ihm ausgelöst werden kann. Die DSW fragt sich jedoch zugleich, ob darüber hinaus ein regelmäßiges Abstellen auf das schuldrechtliche Kausalgeschäft immer der richtige Anknüpfungspunkt ist. Die in dem Regierungsentwurf als Begründung angeführte Harmonisierung der entsprechenden Regelung im europäischen Raum ist insofern differenziert zu betrachten, da das Abstraktionsprinzip nicht allen Rechtssystemen bekannt ist. Zudem geben wir zu bedenken, dass durch die Anknüpfung der Meldepflicht an das Kausalgeschäft die im deutschen System bestehende Harmonie mit übernahmerechtlichen Meldepflichten durchbrochen wird. Hier könnte es zu Mehrfachmeldungen aufgrund des gleichen Sachverhaltes kommen, was den Markt eher irritieren sollte. Dies gilt es zu vermeiden
2. Sanktionsregime bei fehlerhaften oder unterbliebenenStimmrechtsmitteilungen
Auch das Sanktionsregime bei fehlerhaften oder unterbliebenen Stimmrechtsmitteilungen soll neu geregelt werden. Grundsätzlich ist die DSW der Ansicht, dass entsprechende Meldepflichten nur dann ihre Wirkung voll werden entfalten können, wenn auch das Sanktionsregime entsprechend nachhaltig ausgestaltet ist. Hinsichtlich der Wirkung der Sanktionen vertreten wir grundsätzlich den Ansatz, dass diese immer auch nur die Adresse treffen sollten, die fehlerhaft oder gar nicht ihrer Mitteilungspflicht nachgekommen ist. Vor diesem Hintergrund sollte die Drittwirkung des Sanktionsregimes nochmals genauer untersucht werden und insbesondere geklärt werden,ob wirklich immer nur derjenige von den Sanktionen getroffen wird, der sich pflichtwidrig verhält. So sind durchaus Fallkonstellationen denkbar, bei denen Sanktionen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen wirken, die ihrerseits den Meldepflichten vollständig nachgekommen sind.
Das aktuelle System hinsichtlich der Meldepflichten stellt auf die Aktie als Anknüpfungspunkt ab. Gegebenenfalls sollten hier Regelungen getroffen werden, die mehr oder ausschließlich den Meldepflichtigen im Fokus haben und nicht das Wertpapier. Eine weitere Drittwirkung tritt bei der Verletzung von Meldepflichten unter Umständen bei der Emittentin von Aktien und damit den börsennotierten Aktiengesellschaften auf. Die Flut an Stimmrechtsmitteilungen in den letzten Jahren hat dazugeführt, dass auch auf Hauptversammlungen die Frage diskutiert wird, ob jeder Aktionär, der auf der Hauptversammlung sein Stimmrecht ausübt,auch tatsächlich dazu berechtigt ist. Diese Fragen werden deutlich lauter gestellt werden, wenn nunmehr gemäß dem vorliegenden Gesetzesentwurf auch eine Strahlwirkung aus nur teilweise falsch gemeldeten Beständen normiert wird. Hier ergeben sich erhebliche Risiken für die Emittenten der Wertpapiere,die sie unmittelbar ins Mark treffen können, ohne dass sie eine Kontrolle gegenüber ihren meldepflichtigen Aktionären ausüben oder aber überhaupt ein System implementieren könnten, die Veränderung von Stimmrechten eigenständig zu überwachen. Die Anfechtungsgefahr würde also durch die Neuregelung nochmals deutlich ansteigen. Dies empfinden wir nicht als ausgewogen, da damit auch die Interessen der von Meldepflichten befreiten oder aber ihren Meldepflichten nachgekommenen Aktionären erheblich beeinträchtigt werden können. Die Folgen der Sanktionen gegenüber einem pflichtwidrig handelnden Aktionär würden also das gesamte Unternehmen und vor allem auch die ordnungsgemäß handelnden Aktionäre treffen.
Die Einschränkung des Anfechtungsrechts würde hier zunächst auf der Hand liegen. Würde man dieses jedoch pauschal ausschließen, würde man damit auch zugleich die Möglichkeit eröffnen, dass Beschlüsse, die mit Stimmen, die eigentlich einem Stimmrechtsverbot unterliegen, die Mehrheit erlangt haben und vielleicht zum Nachteil der Gesellschaft gereichen, nicht aus der Welt geräumt werden können. Hier muss ein Ausgleich gefunden werden, der dem Unternehmensinteresse und dem Interesse der ordnungsgemäß handelnden Aktionäre gerecht wird. Nach Ansicht der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sollte ein solcher Ausgleich aber nicht durch das weitere Einschränken des Anfechtungsrechts ermöglicht werden. Vielmehr geht es darum, hier wie bei den etablierten Freigabeverfahren im Wege eines einstweiligen Rechtschutz zur Klärung beizutragen. Der teilweise vorgetragene Ansatz, dass eine Anfechtung nur dann möglich sein soll, wenn der Gesellschaft oder dem Versammlungsleiter bekannt oder fahrlässig unbekannt war, dass Stimmrechtsmitteilungen fehlerhaft abgegeben oder gänzlich unterlassen wurden, wirkt auf den ersten Blick ebenfalls angemessen, da durch die Bösgläubigkeit des Unternehmens in Bezug auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Stimmrechtsmitteilung der Emittent nicht schützenswert erscheint. Allerdings deckt diese Lösung gerade nicht den Fall ab, dass ein Aktionär bewusst, gewollt und vor allen Dingen verdeckt unrechtmäßig seine Stimmrechte ausübt und damit eine Beschlusslage herbeiführt, die für das Unternehmen und die sonstigen Aktionäre nachteilig wirkt.
Die DSW präferiert daher den Weg über den einstweiligen Rechtschutz, im Rahmen dessen zügig geklärt werden kann, ob tatsächlich gegen Meldepflichten verstoßen worden ist.
3. Quartalsberichterstattung und Fristenregelung für Halbjahresberichte
In dem Entwurf wird geregelt, dass zukünftig keine gesetzliche Verankerung und Vorgabe zu der Veröffentlichung von Quartalsberichten im Regulierten Markt mehr besteht. Faktisch entfällt damit die Quartalsberichterstattung. Die Anleger erhalten nur noch zum Halbjahr entsprechende Berichte. Die Diskussion über die Sinnhaftigkeit und die Wirkung von Quartalsberichten wird nun schon sehr lange geführt und nicht zuletzt hat die Deutsche Börse AG im Zusammenhang mit der Einstellung der Quartalsberichterstattung durch die Porsche AG vor vielen Jahren deutlich betont, dass ein hohes Maß an Transparenz (auch mittels Quartalsberichten) entscheidend für die Qualitätssegmente der Deutsche Börse zu sein scheint.
Der allgemeine Trend und Wille, die Investoren mehr zu langfristig und nachhaltig orientierten Anlegern zu erziehen, kann aus Sicht der DSW jedoch nicht dadurch erreicht werden, dass ihnen wichtige Informationsquellen genommen werden. So sind es nicht die Quartalsberichte, die ein kurzfristig orientiertes Denken bei den Anlegern fördern. Auch sind es nicht Quartalsberichte, die Vorstände allein von Quartal zu Quartal denken lassen. Vielmehr geben Quartalsberichte den Anlegern im Mehrjahresvergleich wertvolle Anhaltspunkte dafür, wie gut sich ein Unternehmen entwickelt und welchen Zyklen die Geschäftsentwicklung unterliegt. Nach Wertung der DSW sind also nicht die Quartalsberichte als solche als Problem zu werten, sondern vielmehr und allein die Ausrichtung verschiedener Anleger, die gegebenenfalls die Quartalsberichte fehlerhaft oder zum Schaden anderer als Anlass nehmen, ihre Anlageentscheidung kurzfristig auszurichten. Unseres Erachtens wird aber die Abschaffung von Quartalsberichten nicht dazu führen, gerade diese Anleger zu bekehren und zu langfristig orientierten Investoren umzuschulen.
Dies vorweg gestellt, sieht die DSW grundsätzlich kritisch, dass die gesetzliche Verankerung der Quartalsberichterstattung mit dem Gesetzesentwurf in Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie entfällt. Richtig ist, dass zu erwarten ist, dass die Börsen gerade im Bereich der Qualitätssegmente weiterhin eine Quartalsberichterstattung oder eine Mitteilungspflicht unterjährig in den Börsenordnungen vorsehen werden. Ohne gesetzliche Verankerung der Quartalsberichterstattung kann dies von uns oder auch von anderen Marktbeteiligten aber allein als Wunsch oder Appell verstanden werden. Insofern hoffen wir auf die Weitsicht insbesondere der Deutsche Börse AG bei einer möglichen Neugestaltung der Börsenordnung und dass sie dabei nicht nur die vermeintlichen Interessen der Emittenten, sondern auch der Anleger sachgerecht in einen Ausgleich bringt und weiterhin eine Quartalsberichterstattung vorschreibt. Diese sollte mit qualifizierten Anforderungen ausstattet werden, damit die Anleger auch weiterhin unterjährig vergleichbare Informationen erhalten.
In diesem Zusammenhang kann die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz aber nicht nachvollziehen, warum zugleich das Fristenregime für die Veröffentlichung von Zwischenmitteilungen und damit Halbjahresberichten von zwei auf drei Monate verlängert wird.Derartige Zugeständnisse sind aus Anlegersicht nicht nachvollziehbar, zumal die Praxis zeigt, dass die Einhaltung der Zwei-Monats-Frist ohne weiteres möglich ist. Erst recht sollten die Halbjahresberichte aber früher veröffentlicht werden müssen,wenn die Anleger auf der anderen Seite auf Quartalsberichte zu verzichten haben.
4. Neuregelung des Delisting
Bereits zu Beginn dieser Stellungnahme haben wir unsere ablehnende Haltung gegenüber der vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung des Delisting vorgetragen. Im Folgenden möchten wir unsere Wertung konkretisieren. Unabhängig davon, dass wir uns bemüht haben, trotz der kurzfristigen Einbringung des wohl noch informellen Ergänzungsantrages, eingehend Stellung zu beziehen, fragen wir uns zugleich, ob die beteiligten Interessengruppen nochmalig die Gelegenheit erhalten werden, sich intensiv mit der Thematik und vor allen Dingen einem gesetzlichen Vorschlag auseinanderzusetzen oder ob aufgrund der zeitlichen Dichte hinsichtlich der Umsetzung des Gesetzes zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie dazu keine weitere Möglichkeit mehr bestehen wird. Dies würden wir als ausgesprochen bedenklich befinden und regen daher an, eine gesetzliche Regelung des Delisting zunächst zurückzustellen und hier eher Sorgfalt vor Geschwindigkeit walten zu lassen. Dies möchten wir auch deshalb unterstreichen, da wir der Ansicht sind,dass der derzeit vorliegende Antrag bzw. Vorschlag nicht vermag, die Problematik sach- und interessengerecht zu regeln bzw. zu lösen.
Zusammenfassend möchten wir zu dem eingebrachten Vorschlag Folgendes vorbringen: Ein einem Delisting vorgeschaltetes, aber nicht justiziables und zudem nicht am Ertragswert orientiertes Übernahmeangebot kann die freien Aktionäre nicht angemessen schützen. Zwar erkennt die DSW den Willen der CDU/CSU- sowie der SPD-Fraktion, einen Ausgleich der Interessen herbeizuführen. Die vorgeschlagene Lösung vermag aber schon im Ansatz nicht, die Vermögensinteressen der freien Aktionäre sachgerecht zu berücksichtigen, da ein Übernahmeangebot und die Preisfindungsmechanismen für ein solches Angebot gemäß WpÜG nicht ausreichen, um das für die freien Aktionäre sehr einschneidend wirkende Delisting zu kompensieren.
Positiv werten wir, dass die Fraktionen von CDU/CSU und SPD die freien Aktionäre als schutzbedürftig ansehen und damit zugleich erkennen, dass aktuell eine zu schließende Lücke im Anlegerschutz besteht. Diese nach der Frosta-Entscheidung entstandene Lücke allerdings damit zu schließen,dass nunmehr der Schutz über ein dem Börsenrückzug vorgeschaltetes Übernahmeangebot als ausreichend gesehen wird, ist nicht nachvollziehbar. Ein Schutz über das WpÜG beim Delisting sieht die DSW als schlichtweg unzureichend an. Dies kann die Interessen der freien schützenswerten Aktionäre nicht sachgerecht abbilden.
Wir möchten grundsätzlich daran erinnern, dass im Rahmen der Einschränkung des Anfechtungsrechts die freien Aktionäre bewusst auf ihr Vermögensinteresse reduziert wurden. Und es war genau diese Reduzierung auf das Vermögensinteresse, die seinerzeit bei der Abwägung von subjektivem Rechtschutz und objektiver Rechtskontrolle zu erheblichen Einbußen bei den Kontrollrechten und damit Mitgliedschaftsrechten des einzelnen Aktionärs geführt hat. Wenn dies weiterhin als systematisch richtig angesehen wird, darf bei der Findung einer (Neu-)Regelung für das Delisting das Vermögensinteresse dann nicht auch noch in den Hintergrund gedrängt werden. Hat der Anleger ein berechtigtes und damit schützenswertes Vermögensinteresse, hat sich der Anlegerschutz beim Delisting auch daran zu orientieren. So kann man den Anleger nicht zunächst bei der Anfechtung auf seine Vermögensinteressen reduzieren, diese Vorgabe dann aber beim Delisting ignorieren. Dies gilt erst recht für die unter Nummer 2 über den Ergänzungsantrag eingebrachte Variante, dass im Nachgang eines Übernahmeangebotes innerhalb von sechs Monaten ein Delisting ohne weitere Maßnahmen bzw. Bedingungen möglich sein soll. Dieser neue Regelungsvorschlag verschlimmert nach Ansicht der DSW die aktuelle, bereits arg missliche Situation für die Streubesitz-Aktionäre nochmals erheblich gegenüber den aktuell geltenden Regeln (Fristenregelung gemäß Börsenordnungen). So haben die allermeisten Börsenordnungen zum Inhalt, dass über eine Fristenregelung dafür Sorge getragen wird, dass die Streubesitz-Aktionäre ausreichend Zeit erhalten,ihre Aktien – möglichst kursschonend – über den Markt zu veräußern. Selbst dieser Schutz wird den freien Aktionären nunmehr genommen,wenn im Nachgang eines Übernahmeangebotes ein Delisting ohne Weiteres möglich sein soll. Hier werden die Fristen unnötig und unzumutbar zum Nachteil der freien Aktionäre verkürzt. In der Realität werden wir den Vorschlag für eine Neuregelung so umgesetzt sehen, dass nach jedem halbwegs gelungenen Übernahmeangebot ein Delisting als möglich gewertet wird. Als „gelungen“ wird ein Übernahmeangebot von dem Übernehmer allerdings im Fall eines geplanten Delistings vor allem dann empfunden werden, wenn er möglichst wenige Stücke zu einem möglichst noch geringeren Preis erhalten hat, wobei ja selbst die Verweigerung der Angebotsannahme durch die Aktionäre ein Delisting möglich machen würde. Besonders misslich erachten wir insofern dabei den Umstand, dass bereits bei einer sehr geringen Beteiligungsquote ein Delisting möglich sein soll. DSW-Lösungsvorschlag:Hier wäre für die DSW durchaus denkbar, dass die Möglichkeiteines Delisting an die Erreichung einer qualifiziertenAnnahmequote des Übernahmeangebotes gekoppelt wird. Eineähnliche Lösung wurde bereits im Rahmen der Diskussionen umdas Spruchverfahrensgesetz erörtert. Seinerzeit sollte einÜbernahme- bzw. Abfindungsangebot als für alle freien Aktionärebindend und nicht gerichtlich überprüfbar gelten, wenn sich eineüberwältigende Mehrheit der freien Aktionäre (90 Prozent) für dieAnnahme des Angebotes entschieden hatte.Eine solche Lösung sehen wir auch beim Delisting als grundsätzlichgangbar und angemessen an.Sollte die qualifizierte Mehrheit aber nicht erreicht werden, ist ausSicht der DSW ein Spruchverfahren zur Überprüfung derAngemessenheit der Abfindung zwingend geboten.Insgesamt kann die DSW nicht nachvollziehen, warum esübernahmebereiten Adressen so einfach gemacht werden soll, denAusverkauf der deutschen, kapitalmarktorientierten Industrie zuermöglichen.Schon jetzt wird allgemein bemängelt, dass es zu wenige Börsengänge andeutschen Börsenplätzen gibt. Erleichtert man nunmehr die Möglichkeiteines Delisting, anstelle dieses stärker zum Schutze der freien Aktionäreeinzuschränken, wird sich die Zahl der börsennotierten Unternehmennochmals deutlich reduzieren. Zudem wird verhindert, dass geradekleinere und mittelgroße Unternehmen überhaupt auf eineinvestitionsbereite Anlegerschaft treffen. Letztendlich wird durch dieRegelung des Delisting in der vorgeschlagenen Art und Weise die Tür fürneue Börsengänge in dem Small- und Midcap-Bereich zugeschlagen.Damit steht der Vorschlag der Bundesregierung auch dem Bestreben derEuropäischen Kommission, eine Kapitalmarktunion in Europa zu etablieren,diametral entgegen.Die Erfahrungen der DSW zeigen, dass die allermeisten Delisting nachÜbernahmen beziehungsweise größeren Wechseln bei den Hauptaktionärenstattfinden. Da diese Wechsel meistens mittels Übernahmeangebotenerfolgen, würde die neue Regelung gemäß Nummer 2 zwangsläufig dazuführen, dass die Aktionäre in ihrer Entscheidung über die Annahme oderaber das Ablehnen eines Übernahmeangebotes nicht mehr frei sind, da derDruck beziehungsweise die Sorge vor einem Delisting deutlich dieEntscheidungsfindung dominieren wird.Eine freie Entscheidung, die es unseres Erachtens gerade durch denGesetzgeber zu schützen gilt, würde dann nicht mehr möglich sein, so dassdie neue, vorgeschlagene Regelung den Anlegerschutz reduziert und nicht– wie eigentlich gewollt – erhöht.DeutscheSchutzvereinigung fürWertpapierbesitz e.V.Postfach 35 01 63D-40443 Düsseldorf- 9 -Die besonders negative Wirkung einer Anknüpfung an ein vorausgehendesÜbernahmeangebot zeigt sich ungeschminkt, wenn man sich diefreiwilligen oder aber auch pflichtigen Übernahmeangebote der letztenJahre genauer anschaut. So besteht der erhebliche Nachteil einesÜbernahmeangebotes – nicht nur, aber in erster Linie bei freiwilligenAngeboten – für die Angebotsadressaten darin, dass der Zeitpunkt für einsolches Angebot von dem Übernehmer bewusst und gewollt zu seinemVorteil bestimmt werden kann. Dies gilt natürlich nur, wenn ein solchesAngebot beziehungsweise das gesamte Prozedere gut orchestriert unddamit gut vorbereitet wird. Hiervon dürfen wir jedoch gerade bei dengrößeren Fällen, wie wir sie mit Hochtief oder Celesio gesehen haben, inder Nachschau stark ausgehen. Zudem erkennen wir nicht, warum geradeder Übernehmer hier schützenswerter sein soll als die freien Aktionäre.Denn wenn der Übernehmer in der Situation ist, den Zeitpunkt desÜbernahmeangebotes zu bestimmen, bestimmt er damit auch letztendlichdie Höhe des Preises für die Übernahmeofferte, die nach den Vorgaben deszur Diskussion stehenden Antrages auch noch die Tür öffnen soll für denRückzug von der Börse.Dass die Börsenkurse nicht zwangsläufig einen fairen Wert darstellen, hatinsbesondere in den letzten Wochen der merkliche Einbruch der Märktedurch die Gerüchte um ein Abschwächen der chinesischen Wirtschaftgezeigt. Noch intensiver offenbart sich die Diskrepanz, wenn man sich denVerfall der Börsenkurse im Rahmen der Finanzkrise genauer anschaut. Sowaren es bei den voranstehenden Fällen eben nicht dieunternehmensspezifischen Daten und Fakten, die den Börsenkursbeeinflussten, sondern die Marktstimmung und die makroorientierenFaktoren, die die Kurse deutlich nach unten trieben.Die nicht zur Abgabe ihrer Anteile bereiten Aktionäre wären dann faktischgezwungen, ihre Anteile zu einem Kurs abzugeben, der noch nicht einmalim Ansatz dem eigentlichen Wert ihres Investments entspricht. Nun magman anführen, dass ein Delisting ja gerade nicht bedeutet, dass dasEigentum an den Aktien verlustig geht. Bei lebensnaher Betrachtung mussman aber sehr wohl eingestehen, dass eine Aktie ohne Börsennotiz fürviele Investoren schlichtweg kein geeignetes Investment darstellt. Dies giltaus Sicht der DSW eigentlich bereits für Unternehmen, die sich nicht denhohen Transparenzstandards des Prime Segments verpflichtet haben.Ohne Transparenz kann keine sachgerechte Kontrolle stattfinden. Damitentfällt zugleich die Möglichkeit, überhaupt eine nachhaltige und denindividuellen Bedürfnissen angepasste Anlageentscheidung treffen zukönnen. Letztendlich sieht sich der Anleger bereits aufgrund dermangelnden Transparenz gezwungen, sich aus dem Investmentzurückzuziehen. Freiwillige Zugeständnisse hinsichtlich der Transparenzmag es zwar auch bei nicht börsengelisteten Unternehmen geben.Entscheidend ist aber, dass die Unternehmen verpflichtet sind, eingewisses oder besser zuverlässiges Maß an Transparenz zu bieten. Ausdieser Pflicht resultieren dann wiederum entsprechende Sanktionen, umdie Transparenz einzufordern und durchzusetzen.DeutscheSchutzvereinigung fürWertpapierbesitz e.V.Postfach 35 01 63D-40443 Düsseldorf- 10 -Durch die Möglichkeit, ein Delisting bis zu sechs Monate nach einemÜbernahmeangebot umzusetzen, wird zudem ein unnötiger „Deckel“ aufden Kurs der Aktie der Zielgesellschaft gelegt. Das Damoklesschwertnamens Delisting wird in der Form wirken, dass es nach einemÜbernahmeangebot keinerlei Partizipation der Aktionäre an positivenEntwicklungen - seien diese operativ oder aber marktgetrieben - gebenwird. Auch dies ist schlichtweg nicht nachvollziehbar und ermöglicht alleindem Übernehmer die preisgünstige Fortsetzung seines Übernahmeplans.Auch diesbezüglich kann die DSW nicht nachvollziehen, warum derÜbernehmer als schützenswerter gesehen wird als die Aktionäre, diebereits im Unternehmen investiert waren oder aber ggf. erst nach demÜbernahmeangebot eingestiegen sind.Wenn davon ausgegangen wird – wie auch die Begründung desErgänzungsantrages dies klar erkennen lässt –, dass nach derAnkündigung eines Delisting die Kurse deutlich absinken, und diesem„künstlich“ herbeigeführten Absinken zukünftig ein Übernahmeangebotentgegengestellt werden soll, so stellt sich für uns die Frage, warum diesesnicht zugleich justiziabel ausgestaltet sein sollte.Nur über ein am Ertragswert orientiertes, der Höhe nachgerichtlich überprüfbares Übernahmeangebot wird es möglich sein,einen sachgerechten, verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleichder höchst unterschiedlich ausgestalteten Interessenlagen vonÜbernehmer und freien Aktionären herbeizuführen.Sollte eine solche gerichtliche Überprüfung nicht vorgesehen werden,würde die Neuregelung allein die Schwächen des seit der Frosta-Entscheidung vorherrschenden Status und die der Entscheidungzugrundeliegenden falschen Tatsachenwertung perpetuieren.Wir hatten bisher den Eindruck, dass der Anspruch einer Neuregelunggerade darin liegt, die unbefriedigende Ist-Situation nach dem Frosta-Urteil einer für alle Beteiligten gerechteren Lösung zuzuführen. DiesenAnspruch sehen wir als nicht erfüllt an.Abschließend möchten wir in Erinnerung rufen, dass unseres Erachtenseine Regulierung des Delisting in den letzten zehn Jahren unterblieben ist,da die freien Aktionäre über die Entscheidung in Sachen Macrotron von derBundesregierung als ausreichend geschützt angesehen wurden. DieserSchutz ist nun durch die Frosta-Entscheidung nicht mehr gegeben. AusSicht der DSW ist nur konsequent, diese Lücke im Sinne der Macrotron-Entscheidung zu schließen. Der eingebrachte Antrag geht leider einenanderen Weg mit der Konsequenz, dass das Anlegerschutzniveau absinkt.Ohne ein der Höhe nach gerichtlich überprüfbares Übernahme- oderAbfindungsangebot sehen sich die von einem Delisting betroffenen freienAktionäre schutzlos den Übernahmeplänen eines Dritten ausgesetzt.DeutscheSchutzvereinigung fürWertpapierbesitz e.V.Postfach 35 01 63D-40443 Düsseldorf- 11 -Wir freuen uns auf den Austausch sowie die Diskussion mit Ihnen und denweiteren Mitgliedern des Finanzausschusses.Mit freundlichen GrüßenDEUTSCHE SCHUTZVEREINIGUNG FÜR WERTPAPIERBESITZ e.V.Marc TünglerHauptgeschäftsführerDeutscheSchutzvereinigung fürWertpapierbesitz e.V.Postfach 35 01 63D-40443 Düsseldorf
DSW-Stellungnahme_Transparenzrichtlinie_und_Delisting_03092015.pdf