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Grünbuch Finanzinstitute
Stellungnahme der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) zum Grünbuch Corporate Governance in Finanzinstituten und Vergütungspolitik der Europäischen Kommission
1. Die Zusammensetzung, die Rolle und das Funktionieren des Verwaltungsrates
1.1 Soll die Zahl der von Verwaltungsratsmitgliedern angehäuften Mandate (z.B. auf maximal drei) begrenzt werden?
Antwort:
Prinzipiell ist es bereits aus Zeitgründen sinnvoll, die Anzahl der Mandate von Verwaltungsratsmitgliedern in Finanzinstituten zu begrenzen. Die zunehmende Professionalisierung des Verwaltungsrates erfordert deutlich mehr Zeit, um den gestiegenen Anforderungen an die Aufgaben eines Mitglieds des Verwaltungsrates gerecht zu werden. Hinzu kommt das Konkurrenzproblem: So kann z.B. ein Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank wegen des Wettbewerbsverbotes nicht gleichzeitig auch im Aufsichtsrat der Commerzbank sitzen.
Zusätzlich sollte in Betracht gezogen werden, welche Position das jeweilige Verwaltungsratsmitglied in dem Gremium hält. So sind prinzipiell der Vorsitzende des Gesamtaufsichtsrates sowie die Vorsitzenden der jeweiligen Ausschüsse in besonders herausragenden Positionen. Deren Aufgaben sind gewichtiger als die eines Mitglieds des Aufsichtsrates, der nicht in einem Ausschuss vertreten ist. Diese besondere Gewichtung des Vorsitzes und der Ausschussmitgliedschaften sollte entsprechend bei dem Zeitumfang, den ein Verwaltungsratsmitglied zur Wahrung seiner Aufgaben benötigt, berücksichtig werden. Sinnvoll wäre es vor diesem Hintergrund speziell die Anzahl der Vorsitzmandate bzw. Ausschussvorsitzpositionen zu beschränken.
1.2 Soll die Kumulierung von Mandate als Verwaltungsratsvorsitzender und Generaldirektor in Finanzinstituten verboten werden?
Antwort:
Ja, nach dem Deutschen Aktiengesetz, welches das System des Two Tier Board umsetzt, darf ein Vorstandsvorsitzender bzw. ein Mitglied des Vorstandes nicht gleichzeitig auch Vorsitzender bzw. Mitglied des Aufsichtsrates derselben Gesellschaft sein. Eine solche Kumulierung von Mandaten ist bereits durch das zweistufige System von Aufsichtsrat und Vorstand in Deutschland nicht möglich.
1.3 Sollen im Rahmen der Personalpolitik die Aufgaben und das Profil der Verwaltungsratsmitglieder und des Verwaltungsratsvorsitzenden genau definiert und ausreichende Befähigungen der Verwaltungsratsmitglieder sowie Vielfalt bei der Zusammensetzung des Verwaltungsrates gewährleistet werden? Falls ja, auf welche Weise?
Antwort:
a) Es ist grundsätzlich wünschenswert die Aufgaben und das Profil der Verwaltungsratsmitglieder und des Vorsitzenden genau zu definieren. Die Erarbeitung
eines solchen Anforderungsprofils ist im Übrigen die wesentliche Aufgabe eines Nominierungsausschusses innerhalb des Aufsichtsratsgremiums. Speziell bei dem Verwaltungsrat von Finanzinstituten ist zudem eine ausreichende Befähigung der Verwaltungsratsmitglieder unabdingbar. Die Finanzkrise und die Entwicklungen bei den öffentlichrechtlich–organisierten Landesbanken in Deutschland hat gezeigt, dass hier offensichtlich ein Defizit besteht. Es ist daher dringend notwendig, dass speziell für die Verwaltungsratsmitgliedschaft bei Finanzinstituten vorher genau definiert wird, welche Befähigungen ein Mitglied in den Verwaltungsrat mitbringen soll.
b) Dabei sollte der Aspekt „Vielfalt“ speziell bei der Neubesetzung des Verwaltungsrates auch entsprechend Berücksichtigung finden. Aus Sicht der Aktionäre wichtig ist, dass sowohl das Anforderungsprofil als auch der Befähigungsnachweis der Verwaltungsratsmitglieder entsprechend transparent gegenüber den Eigentümern der Gesellschaft erläutert wird. Vor diesem Hintergrund plädiert die DSW für eine entsprechende Dokumentationspflicht gegenüber den Investoren.
1.4 Teilen Sie die Auffassung, dass eine höhere Anzahl von Verwaltungsratsmitgliedern weiblichen Geschlechts und unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft das wirksame Funktionieren Verwaltungsräte verbessern könnte?
Antwort:
Die bisherigen Erfahrungen mit dem Thema Vielfalt zeigen, dass durchaus positive Effekte festzustellen sind. Letztlich wird es aber bei dem Funktionieren der Verwaltungsräte in allererster Linie auf deren Qualifikation ankommen. Hier kommt wiederum dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates bei deren Auswahl und dem Zusammenspiel eine wichtige Aufgabe zu.
1.5 Soll die Bewertung des Funktionierens des Verwaltungsrates durch einen externen Prüfer verbindlich vorgeschrieben werden? Soll das Ergebnis dieser Bewertung den Aufsichtsbehörden und/oder den Aktionären mitgeteilt werden?
Antwort:
a) Es ist grundsätzlich zu begrüßen, wenn das Funktionieren des Verwaltungsrates entsprechend geprüft und bewertet wird. Eine solche „Board Evaluation“ kann durchaus Defizite im Funktionieren des Verwaltungsrates zu Tage fördern. Die DSW unterstützt schon seit vielen Jahren die in Deutschland durch den Corporate Governance Kodex eingeführte „Effizienzprüfung“ für den Aufsichtsrat. Allerdings sollte es dem Unternehmen bzw. seinen Räten überlassen werden, welche Art der Evaluierung intern oder extern sie wählen.
b) Speziell bei den nicht börsennotierten Finanzinstituten, die ansonsten keine Kontrolle von außen, also z.B. durch die Hauptversammlung und die Öffentlichkeit erfährt, kann durchaus die verbindliche Einschaltung eines externen Prüfers sinnvoll sein. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften sollten jedoch auch andere Möglichkeiten der Evaluierung durchaus zugelassen werden, die dann auf der HV von den Eigentümern hinterfragt werden können.
1.6 Soll die Einrichtung eines Risikoausschusses innerhalb des Verwaltungsrates vorgeschrieben werden und sollen Regeln zur Zusammensetzung und zum Funktionieren dieses Ausschusses festgelegt werden?
Antwort:
Im heutigen System der Finanzinstitute in Deutschland gibt es bereits zahlreiche Ausschüsse, wie den Kreditausschuss und den Prüfungsausschuss. Diese könnten durchaus auch noch zusätzliche Aufgaben wie die eines Risikoausschusses wahrnehmen. Aus Gründen der Effizienz scheint deshalb die Bildung eines zusätzlichen Risikoausschusses wenig überzeugend. Hinzu kommt, dass die Zunahme von Ausschüssen das Gesamtplenum Aufsichtsrat nicht aus ihrer Verantwortung und damit aus der Haftung entbinden soll.
1.7 Soll die Beteiligung eines oder mehrerer Mitglieder des Prüfungsausschusses an diesem Risikoausschuss – und umgekehrt – verbindlich vorgeschrieben werden?
Antwort:
Bereits heute befassen sich die Mitglieder des Prüfungsausschusses in deutschen börsennotierten Aktiengesellschaften speziell mit dem Thema Risikomanagement. Die DSW befürwortet daher den Vorschlag, beispielsweise den Prüfungsausschuss ebenfalls mit den Aufgaben eines Risikoausschusses zu betrauen.
Wichtig ist hierbei, dass die Behandlung der Risiken in einem solchen Ausschuss das Gesamtplenum nicht von der Haftung bereit. Vielmehr befürwortet die DSW eine intensive Berichterstattungspflicht des jeweiligen Ausschusses über die Risiken an das Gesamtplenum. Dies kann z.B. auch durch die Übersendung des Protokolls dieser Ausschusssitzungen an alle Aufsichtsratsmitglieder erfolgen.
1.8 Soll der Vorsitzende des Risikoausschusses der Hauptversammlung rechenschaftspflichtig sein?
Antwort:
Bereits heute ist die Berichterstattung über die Risiken im Risikobericht Teil des Rechenschaftsberichtes, der auf der Hauptversammlung diskutiert wird. Vor diesem Hintergrund ist eine weitergehendere Berichterstattungspflicht des Ausschussvorsitzenden gegenüber der Hauptversammlung nicht erforderlich.
1.9 Welche Rolle sollte dem Verwaltungsrat in der Risikostrategie und dem Risikoprofil eines Institutes zukommen?
Antwort:
Die Festlegung der Risikostrategie und des jeweiligen Risikoprofils eines Finanzinstitutes ist grundsätzlich als Geschäftsführungsmaßnahme zu qualifizieren. Allerdings muss diese Geschäftsführungsmaßnahme regelmäßig dem Aufsichtsrat zur Abstimmung vorgelegt werden. Bewährt hat sich in der Praxis insbesondere die Diskussion mit dem jeweils zuständigen Ausschuss, z.B. dem Prüfungsausschuss. Zu befürworten ist aber in jedem Fall, bei neu auftauchenden wesentlichen Risiken für ein Finanzinstitut, die entsprechende Unterrichtung des Gesamtaufsichtsrates einzuholen.
1.10 Soll eine Erklärung über die Beherrschung der Risiken eingeführt und veröffentlicht werden?
Antwort:
Bereits heute ist der Vorstand einer börsennotierten AG in Deutschland verpflichtet, über die Risiken des Institutes genau zu berichten. Damit haftet er auch ausdrücklich für diese Erklärung. Eine weitergehendere Erklärung und Veröffentlichung scheint daher nicht erforderlich.
1.11 Soll ein Verfahren zur Billigung neuer Finanzprodukte durch den Verwaltungsrat eingeführt werden?
Antwort:
Im zweistufigen System von Vorstand und Aufsichtsrat ist zu unterscheiden zwischen der Einführung neuer Finanzprodukte und dem möglicherweise durch diese neuen Finanzprodukte erhöhten Risikos. Die Einführung neuer Finanzprodukte ist als Geschäftsführungsmaßnahme einzustufen, die nicht durch den Aufsichtsrat genehmigt werden muss. Sollten jedoch durch diese neuen Finanzprodukte erhöhte, wesentliche Risiken entstehen, so ist die Zustimmung des Aufsichtsrates einzuholen. Dabei sind die wichtigsten Bankkennziffern, wie z.B. das Verlustrisiko im Verhältnis zum Eigenkapital etc. von großer Bedeutung.
1.12 Soll der Verwaltungsrat verpflichtet werden, die Aufsichtsbehörden über die im gegebenenfalls bekannten materiellen Risiken zu unterrichten?
Antwort:
Eine solche Unterrichtungspflicht sollte allenfalls bei Existenz bedrohenden Risiken eingeführt werden. Da bereits heute umfangreiche Kompetenzen der Aufsichtsbehörden bei Finanzinstituten in Deutschland existieren, scheint eine solche Ausweitung der Haftungstatbestände für den Verwaltungsrat wenig praktikabel.
1.13 Soll der Verwaltungsrat ausdrücklich verpflichtet werden, den Interessen der Einleger und anderen Beteiligten bei Entscheidungen Rechnung zu tragen („Sorgfaltspflicht“)?
Antwort:
Aus Sicht der Aktionäre ist es grundsätzlich nicht geboten, einzelne Gruppen, wie in diesem Fall die Einleger oder andere Beteiligte zu bevorzugen. Ein Unternehmen wie ein Finanzinstitut ist grundsätzlichen allen Stakeholderinteressen gleichermaßen verpflichtet. Dies beinhaltet automatisch und gleichermaßen die Berücksichtigung von Interessen der Einleger, der Kunden, der Eigentümer sowie der Mitarbeiter.
Es scheint daher nicht sinnvoll, eine zusätzliche Sonderverpflichtung bzw. Sonderregelung für den Verwaltungsrat einzuführen. Dies gilt auch deshalb, da bereits aufgrund der bestehenden Einlagesicherungssysteme ein ausreichender Schutz der Einleger gegeben ist.
2. Risikomanagement
2.1 Wie kann die Stellung des Risikomanagers gestärkt werden? Soll der Risikomanager einem dem Finanzvorstand mindestens ebenbürtigen Status haben?
Antwort:
Es ist grundsätzlich wichtig, die Stellung des Risikomanagers bei einem Finanzinstitut zu stärken. Die Einführung der Position eines eigenen Risikovorstandes neben dem Finanzvorstand scheint dagegen nicht notwendig. Wichtiger ist es die Verantwortung und Unabhängigkeit des Risikomanagers gegenüber dem Gesamtvorstand zu stärken (vgl. 2.2).
2.2 Wie kann die Kommunikation von der Risikomanagementfunktion zum Verwaltungsrat verbessert werden? Sollte ein Verfahren eingeführt werden, um Konflikte/Probleme zur Lösung an die Hierarchie zu verweisen?
Antwort:
Die Stellung des Risikomanagers gegenüber dem Finanzvorstand kann vor allem dadurch gestärkt werden, dass er eine direkte Berichterstattungspflicht gegenüber dem Verwaltungsrat bzw. dem zuständigen Ausschuss erhält. Diese direkte Pflicht zur Berichterstattung durch den Chief Risk Officer würde dann auch eventuelle Hierarchieprobleme lösen.
2.3 Soll der Risikomanager die Befugnis haben, den Verwaltungsrat einschließlich Risikoausschuss unmittelbar zu unterrichten?
Antwort:
Aus Sicht der DSW ist dies genau der richtige Weg, die Stellung des Risikomanagers zu stärken. Es sollte sich allerdings nicht nur um eine Befugnis, sondern um eine Verpflichtung zur Unterrichtung des Verwaltungsrates des Risikomanagers handeln.
2.4 Soll die Informatik perfektioniert werden, um die Qualität und Geschwindigkeit der Übermittlung von Informationen über erhebliche Risiken an den Verwaltungsrat zu verbessern?
Keine Antwort
2.5 Sollen die Geschäftsführer verpflichtet werden, einem Bericht über die Angemessenheit der internen Kontrollsysteme zuzustimmen?
Antwort:
Nach dem Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) ist sowohl der Vorstand als auch der Aufsichtsrat einer Gesellschaft verpflichtet die Angemessenheit der internen Kontrollsysteme zu prüfen. Vor diesem Hintergrund besteht kein weitergehender Regulierungsbedarf.
3. Externe Revisoren bzw. Wirtschaftsprüfer
3.1 Soll die Zusammenarbeit zwischen externen Revisoren und Aufsichtsbehörden vertieft werden? Falls ja, auf welche Weise?
Keine Antwort
3.2 Sollen die Revisoren in stärkerem Maße verpflichtet werden, den Verwaltungsrat und/oder den Aufsichtsgremien über gegebenenfalls in Ausübung ihrer Tätigkeit festgestellte schwerwiegende Umstände zu unterrichten?
Antwort:
Es ist grundsätzlich sinnvoll, wenn die Wirtschaftsprüfer verpflichtet werden stärker als bisher den Verwaltungsrat über festgestellte schwerwiegende Umstände zu unterrichten. Inwieweit eine weitergehendere Verpflichtung gegenüber den Aufsichtsgremien notwendig ist, kann hier nicht beurteilt werden.
3.3 Soll die von den externen Revisoren ausgeübte Kontrolle auf risikorelevante Finanzinformationen ausgedehnt werden?
Antwort:
Bereits heute umfasst der Prüfungsauftrag bei börsennotierten Finanzinstituten einen erheblichen Prüfungsumfang. Alle Informationen, die in dem zu veröffentlichen Risikobericht enthalten sind, sind vom Prüfer zu berücksichtigen. Sinnvoll wäre deshalb eine solche Ausweitung der Kontrolle durch externe Prüfer in erster Linie bei nicht börsennotierten Instituten.
4. Rolle der Aufsichtsbehörden
4.1. Soll die Rolle der Aufsichtsgremien in der internen Governance von Finanzinstituten neu definiert und gestärkt werden?
Keine Antwort
4.2. Sollen die Aufsichtsgremien ermächtigt und verpflichtet werden, das ordnungsgemäße Funktionieren des Verwaltungsrates und der Risikomanagementfunktion zu überprüfen? Wie kann dies in der Praxis umgesetzt werden?
Keine Antwort
4.3. Sollen die Kriterien für die Auswahl von Verwaltungsratsmitgliedern („Fit and Proper Test“) auf fachliche und berufliche Kompetenzen sowie auf typische Verhaltensmuster der Kandidaten ausgedehnt werden? Wie könnte dies in der Praxis geschehen?
Keine Antwort
5. Kontrolle der Finanzinstitute durch die Aktionäre
5.1. Soll die Offenlegung der Abstimmungsstrategie und des Abstimmungsverhaltens der institutionellen Anleger verbindlich vorgeschrieben werden? In welchem Rhythmus soll gegebenenfalls die Bekanntgabe erfolgen?
Antwort:
a) Die Offenlegung der Abstimmungsstrategie eines institutionellen Anlegers, also der sog. Voting Principles sollte ein Mindeststandard für alle institutionellen Anleger sein. Aufgrund der völlig unterschiedlichen einzelstaatlichen Regelungen ist es dringend notwendig für alle EU-Mitgliedsstaaten eine verbindliche Regelung zu schaffen.
b) Darüber hinausgehend ist aber auch die Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens durch diese institutionellen Anleger von großer Bedeutung. Das geplante Abstimmungsverhalten sollte rechtzeitig zur Information aller anderen Anleger und der Gesellschaft vor der Hauptversammlung (zwei Wochen vorher) offen gelegt werden. Diese Information sollte auf der öffentlich zugänglichen Website der jeweiligen institutionellen Anleger eingestellt werden und leicht zugänglich sein. Über das geplante Abstimmungsverhalten des institutionellen Anlegers vor der Hauptversammlung hinausgehend, interessiert aber auch die tatsächlich erfolgte Abstimmung in der Hauptversammlung. Diese sollte, ohne schuldhaftes Verzögern, nach der Hauptversammlung publiziert werden.
5.2. Sollen die institutionellen Anleger auf einen (nationalen oder internationalen) Verhaltenskodex, wie z.B. das International Corporate Governance Network ICGN verpflichtet werden? Nach diesem Kodex sind die Unterzeichner verpflichtet ihre Investitions- und Abstimmungspolitik darzulegen und zu veröffentlichen, Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu treffen und ihr Stimmrecht verantwortungsvoll zu nutzen.
Antwort:
Die DSW begrüßt es ausdrücklich, wenn die institutionellen Anleger auf einen Verhaltenskodex verpflichtet werden. Um eine entsprechende Verbindlichkeit auf europäischer Ebene zu erzielen, sollte es sich hierbei mindestens um einen internationalen Verhaltenskodex handeln. Noch besser wäre die Aufnahme einer solchen Verpflichtung in einer EU-Richtlinie. Die DSW unterstützt es ausdrücklich, wenn ein solcher Kodex die Unterzeichner verpflichtet, ihre Investitions- und Abstimmungspolitik darzulegen und zu veröffentlichen sowie Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu treffen und ihr Stimmrecht verantwortungsvoll zu nutzen. Aus Sicht der DSW ist dies allein aber noch nicht ausreichend, sondern es sollten die Neuregelungen des britischen Stewardship Code in vollem Umfang übernommen werden. Diese enthalten klare Definitionen und einen gut verständlichen Pflichtenkreis der institutionellen Anleger. Ebenfalls bedenkenswert ist der Ansatz des Stewardship Code, diese verbindlichen Verpflichtungen auch den Proxy Agencies aufzuerlegen, die im Auftrag des institutionellen Anlegers handeln. Auch hier scheint eine erhöhte Transparenz durchaus sinnvoll und wünschenswert.
5.3. Soll die Identifizierung der Aktionäre erleichtert werden, um den Dialog zwischen den Gesellschaften und ihren Anteilseignern zu erleichtern und die mit dem „empty voting“ einhergehende Missbrauchsgefahr zu verringern?
Antwort:
Die erleichterte Identifizierung der Aktionäre ist ein wichtiges Thema, um den Dialog zwischen den Gesellschaften und den Anteilseignern aber auch zwischen den Anteilseigner untereinander zu ermöglichen. Hierbei sollten allerdings die verschiedenen Aktienarten, also einmal die Namensaktie auf der einen Seite und die Inhaberaktie auf der anderen Seite, berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund befürwortet die DSW auch Maßnahmen, die die mit „ungedeckten“ Leerverkäufen einhergehende Missbrauchsgefahr verhindern können.
5.4. Mit welchen weiteren Maßnahmen könnten Aktionäre dazu motiviert werden, sich in die Corporate Governance von Finanzinstituten einzubringen?
Antwort:
Die Corporate Governance im Verhältnis von Aktionären zu Finanzinstituten kann bereits dadurch deutlich verbessert werden, dass die Bedeutung der Hauptversammlung eine weitere Stärkung erfährt. Hierfür ist es erforderlich, die Aktionäre mit den entsprechenden Rechten auszustatten. Darüber hinausgehend könnte die Präsenz der Aktionäre auf den Hauptversammlungen dadurch erhöht werden, dass bei einer entsprechenden Vertretung der Stimmrechte auf der Hauptversammlung ein entsprechender Bonus von der Gesellschaft an die Aktionäre gezahlt wird, so wie dies z.B. in Spanien übliche Praxis ist. Auch die Einrichtung eines gesellschaftsübergreifenden Aktionärsforums kann den Austausch zwischen den Anteilseignern deutlich vereinfachen. Dies ermöglicht den Aktionären im Vorwege der Hauptversammlung einen verstärkten Informationsaustausch über wesentliche Themen der jeweiligen Hauptversammlung. Damit kann auch die Meinungsbildung als Grundlage einer späteren Abstimmungsentscheidung durch die Aktionäre gefördert werden.
6. Verbesserung der Anwendung von Corporate Governance Grundsätzen
6.1 Sollte unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die strafrechtlichen Vorschriften auf europäischer Ebene nicht harmonisiert sind, die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung der Verwaltungsratsmitglieder verschärft werden?
Antwort:
Die nicht vorhandene Harmonisierung der strafrechtlichen Vorschriften auf europäischer Ebene hat sich als ein klares Defizit herausgestellt. Vor diesem Hintergrund ist es wünschenswert die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung der Verwaltungsmitglieder weiter zu verschärfen und vor allen Dingen zu vereinheitlichen.
Die DSW plädiert damit ganz klar für die Einführung einer einheitlichen Regelung für eine erhöhte Haftung der Verwaltungsratsmitglieder (KapInHaG). Unabdingbar ist auch die Einführung einer direkten Klagemöglichkeit eines geschädigten Aktionärs gegen die verantwortlichen Mitglieder der Verwaltung der Gesellschaft. Eine solche Klagemöglichkeit sollte über ein Sammelverfahren ermöglicht werden, so wie dies bei zahlreichen Verfahren in den Niederlanden bereits erfolgreich praktiziert wird (Beispiel: Royal Dutch Shell, Ahold etc.).
7. Die Vergütung von Managern börsennotierter Gesellschaften
7.1 Was könnten mögliche zusätzliche Maßnahmen auf EU-Ebene im Bezug auf die Vergütung der Manager börsennotierter Gesellschaften beinhalten und welche verbindliche oder unverbindliche Form könnten sie annehmen?
Antwort:
Die nicht hinreichende Umsetzung der bereits bestehenden EU-Empfehlung zum Thema „Vergütung von Managern börsennotierter Gesellschaften“ hat gezeigt, dass es wünschenswert ist, verbindliche Regelungen für alle EU-Mitgliedsstaaten beim Thema Vergütung zu finden. Die Bundesrepublik Deutschland hat dies bereits über die Umsetzung des Vorstandsvergütungsangemessenheitsgesetzes (VorstAG) sowie entsprechende Änderungen des deutschen Corporate Governance Kodex vollzogen. Nun wäre es geboten, dass auch alle anderen EU-Mitgliedsstaaten diesem Beispiel folgten, damit ein EU-einheitliches, verbindliches Regelwerk besteht. Des Weiteren plädiert die DSW dafür, diese Vergütungsregelungen auch auf nicht börsennotierte
Gesellschaften, wie die Landesbanken in Deutschland auszuweiten.
7.2 Sollte die Problematik der Vergabe von Aktienoptionen an Manager behandelt werden? Falls ja, wie? Sollten Aktienoptionen auf Gemeinschaftsebene geregelt bzw. sogar verboten werden?
Antwort:
Es ist grundsätzlich sinnvoll die Vergabe von Aktienoptionen an Manager EU-einheitlich zu regeln. Eine Empfehlung ist offensichtlich nicht ausreichend. Die Einführung eines Verbotes von Aktienoptionen an Manager scheint dagegen wenig praktikabel.
7.3 Sind Sie vor dem Hintergrund, dass die Zuständigkeiten der Mitgliedsstaaten zu wahren sind, der Ansicht, dass die günstige steuerliche Behandlung von Aktienoptionen und ähnlichen Vergütungen durch einige Mitgliedsstaaten dem Eingehen übermäßiger Risiken Vorschub leistet? Falls ja, sollte diese Frage auf Gemeinschaftsebene erörtert werden?
Antwort:
Aktuell ist festzustellen, dass einige EU-Mitgliedsstaaten steuerliche Begünstigungen für Aktienoptionen und ähnliche Vergütungen vorsehen und damit möglicherweise auch das Eingehen übermäßiger Risiken unterstützt. Vor diesem Hintergrund sollte die Abschaffung solcher steuerlicher Begünstigungen in Einzelstaaten der EU angestrebt werden. Dies ist allerdings nur sinnvoll, wenn dies verbindlich für alle EU-Mitgliedsstaaten gilt.
7.4 Sollten die Aktionäre, aber auch die Beschäftigten und ihre Stellvertreter, bei der Gestaltung der Vergütungspolitik eine wichtigere Rolle spielen?
Antwort:
Mit dem neuen Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) hat Deutschland in der Hauptversammlungssaison 2010 gute Erfahrungen gemacht. Immerhin 26 von 30 Dax-Gesellschaften haben freiwillig das Vergütungsvotum auf ihre Tagesordnung setzen lassen und diese 26 Gesellschaften haben ihre Aktionäre hierüber abstimmen lassen. Dies ist der richtige Weg, um die Corporate Governance im Hinblick auf die Vorstandsvergütung entsprechend zu verbessern. Sollte sich allerdings in der nahen Zukunft erweisen, dass lediglich die großen Gesellschaften, wie die DAX30 von dieser neuen gesetzlichen Möglichkeit freiwillig Gebrauch machen, die mittleren und kleinen Unternehmen aber nicht, so sollte auf EU-Ebene die Einführung eines solchen Vergütungsvotum auf der Hauptversammlung für alle börsennotierten Aktiengesellschaften verbindlich in allen EU-Mitgliedsstaaten sinnvoll sein. Im Hinblick auf die Einbeziehung der Beschäftigten bzw. deren Stellvertreter ist zumindest die Situation in Deutschland so, dass diese über ihre Vertreter im Aufsichtsrat bzw. sogar in den entsprechenden Personalausschüssen hinreichend bei der Entscheidungsfindung einbezogen sind.
7.5 Wie denken Sie über Abfindungen („Goldener Handschlag“)? Sollten Abfindungen auf Gemeinschaftsebene geregelt bzw. sogar verboten werden? Falls ja, wie? Sollten durch die Zahlung von Abfindungen nur tatsächliche Leistungen der Geschäftsführung vergütet werden?
Antwort:
Zunächst sollte die EU dazu übergehen, den Begriff Abfindungen genau zu definieren. Hier ist zu unterscheiden zwischen Sonderzahlungen, die über die Vertragslaufzeit hinaus gehen und Zahlungen, die sich als Verpflichtung aus der Vertragslaufzeit ergeben. Es ist wünschenswert, auf EU-Gemeinschaftsebene einheitliche Regelungen zu Abfindungen zu finden. Allerdings ist unklar, wie z.B. die Zahlung von Abfindungen für nur tatsächliche Leistungen der Geschäftsführung gemessen werden sollen. Hier besteht erheblicher Erläuterungsbedarf.
7.6 Sind Sie der Meinung, dass in Finanzinstituten, die öffentliche Mittel erhalten haben, der variable Vergütungsanteil verringert oder ausgesetzt werden sollte?
Antwort:
Nein, die Erfahrung in der Vergangenheit hat gezeigt, dass es grundsätzlich nicht erstrebenswert ist, den fixen Anteil der Vergütung weiter anzuziehen. Im Gegenteil, der variable Vergütungsanteil sollte künftig bei Finanzinstituten so gestaltet werden, dass er einen Anreiz schafft auf mittlere und kurze Sicht so gut zu wirtschaften, dass das jeweilige Finanzinstitut keine öffentlichen Mittel mehr benötigt. Eine entsprechende gestaltete variable Vergütung kann hier ein geeignetes Mittel sein. Dies ist allerdings nur möglich, wenn der Aspekt der Nachhaltigkeit beispielsweise über eine mehrjährige Bemessungsgrundlage dort Eingang findet.
8. Interessenkonflikte
8.1 Was könnten mögliche zusätzliche Maßnahmen auf EU-Ebene zur besseren Vermeidung und Bekämpfung von Interessenkonflikten im Finanzdienstleistungssektor beinhalten?
Antwort:
Grundvoraussetzung für die Vermeidung und Bekämpfung von Interessenkonflikten im Finanzdienstleistungssektor ist zunächst einmal, aus Sicht der DSW, eine klare Definition des Begriffes „Interessenkonflikte“ durch die EU-Kommission. Erst wenn hier eine entsprechende EU-einheitliche Regelung gefunden ist, kann mit einer Bekämpfung begonnen werden.
8.2 Teilen Sie die Auffassung, dass es nötig wäre, den Inhalt und die Einzelheiten der gemeinschaftlichen Vorschriften zu Interessenkonflikten unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechts- und Wirtschaftmodelle zu harmonisieren, damit die verschiedenen Finanzinstitute je nach dem, ob sie die Bestimmungen der Mifid- Richtlinie, der Eigenkapital-Richtlinie, der Ogaw-Richtlinie oder der Solvency II-Richtlinie anwenden müssen, ähnlichen Regeln unterliegen?
Antwort:
Ja, die DSW unterstützt diese Harmonisierungsbestrebungen ausdrücklich.
Düsseldorf, den 30. August 2010
Die Geschäftsführung
Jella Benner-Heinacher