StaRUG: Offener Brief der DSW-Geschäftsführung an Aufsichtsrat und Vorstand der Endor AG

 

Ihre Ad-hoc-Mitteilung vom 26. April 2024

Anwendung des Gesetzes über den Stabilisierungs- und

Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG)

 

 

Sehr geehrte Frau Nadarevic,

sehr geehrte Herren,

 

als Deutschlands älteste und mitgliederstärkste Anlegervereinigung sind wir im intensiven Austausch mit verschiedenen Aktionären Ihrer Gesellschaft.

 

Insbesondere Ihre Ad-hoc-Mitteilung vom 26. April 2024 hat zu merklicher Aufmerksamkeit und deutlicher Unruhe geführt.

 

Diese Unruhe bezieht sich konkret auf den Passus, dass es neben der Zuführung von Eigenkapital durch eine Kapitalerhöhung insbesondere auch eine Option ist, dass über einen Investoreneinstieg mit den Instrumenten nach dem Gesetz über die Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen, dem sog. StaRUG, eine Lösung gefunden werden könnte.

 

In diesem Zusammenhang möchten wir Sie im Namen Ihrer Aktionäre darauf hinweisen, dass Ihnen das StaRUG zwar grundsätzlich die Möglichkeit einräumt, im Vorfeld einer formellen Insolvenz mit Hilfe der Optionen, die Ihnen das StaRUG bietet, die Passivseite Ihrer Bilanz zu restrukturieren.

 

Zugleich entbindet Sie das StaRUG jedoch nicht von Ihren aktienrechtlichen Verpflichtungen. Im Gegenteil: Das StaRUG weist Ihnen – dies gilt sowohl für die Mitglieder des Vorstandes als auch für die Mitglieder des Aufsichtsrates – in § 1 des StaRUG merklich ausgeweitete und erhöhte Pflichten zu.

 

Dabei möchten wir auch darauf hinweisen, dass die Regularien des StaRUG nicht nur die Gläubiger, sondern gerade auch die Eigentümer und damit Ihre Aktionäre schützen sollen.

 

Ihre Aufgabe und Ihre Pflicht ist es, die für das Unternehmen beste Lösung in der aktuell angespannten Situation zu finden. Zugleich aber sind Sie – und das gilt auch wieder so uneingeschränkt für den Vorstand und nochmals erhöht für den Aufsichtsrat – verpflichtet, die Interessen Ihrer Eigentümer und damit Ihrer Bestandsaktionäre zu wahren.

 

Dabei ist es insbesondere notwendig, dass Sie gemäß § 1 des StaRUG rechtzeitig und damit in einem frühen Stadium der sich anbahnenden Krise alle Optionen prüfen und dabei bewusst berücksichtigen, dass die Rechte der Aktionäre möglichst gewahrt werden.

 

Hinweisen möchten wir an dieser Stelle darauf, dass die Restrukturierung der Leoni AG hier für Sie keine Blaupause darstellen kann. So haben nach Ansicht sehr vieler Aktionäre und insbesondere unserer Ansicht nach der Vorstand sowie der Aufsichtsrat der Leoni AG pflichtwidrig gehandelt, indem die Organe die Aktionäre an der rettenden Kapitalerhöhung nicht haben teilnehmen lassen. Das Vorliegen eines pflichtwidrigen Handelns von Vorstand und Aufsichtsrat wurde auch durch ein Gutachten des renommierten Restrukturierungs- und StaRUG-Experten, Herrn Professor Werner Gleißner, bestätigt.

 

Das StaRUG regelt ausdrücklich, dass eine Bevorzugung einzelner Aktionäre oder von einer Restrukturierung betroffenen Personen gemäß § 65 Abs. 5 StaRUG zu einer Versagung des Restrukturierungsplans durch das zuständige Gericht führen muss.

 

Vor diesem Hintergrund fordern wir Sie ausdrücklich auf, Ihre Aktionäre bei der Rekapitalisierung Ihres Unternehmens teilhaben zu lassen und damit die Möglichkeit zu eröffnen, an einer Zukunft des Unternehmens weiterhin zu partizipieren.

 

Wie zu vernehmen ist, liegen Ihnen verschiedene Optionen zur Rekapitalisierung des Unternehmens vor. Ihre Pflicht ist es, den Weg zu wählen, der die Rechte Ihrer Aktionäre bestmöglich berücksichtigt und damit gewährleistet. Insbesondere ist zunächst einmal zu prüfen, ob nicht die Aktionäre durch eine Kapitalerhöhung das erforderliche Risikodeckungspotenzial zur Restrukturierung bereitstellen wollen, um an dem Wertsteigerungspotenzial der Restrukturierung zu partizipieren.

 

Hinweisen möchten wir abschließend darauf, dass wir dieses Schreiben aufgrund des hohen öffentlichen Interesses als offenen Brief vorgesehen haben. Zugleich möchten wir darauf hinweisen, dass wir dieses Schreiben zudem an das Bundesministerium der Justiz weiterleiten, damit man auch dort über die Situation der Endor AG informiert ist.

 

Für einen Austausch stehen wir sehr gerne zur Verfügung und verbleiben

mit freundlichen Grüßen aus Düsseldorf

 

DSW Geschäftsführung

 

 

Kontakt:

DSW (Deutsche Schutzvereinigungfür Wertpapierbesitz e.V.)

Erik Bethkenhagen (Pressesprecher)

Tel.: 0211 / 6697-61

e-mail: erik.bethkenhagen@dsw-info.de

 

 

 

Mitglieder wenden sich bitte an die zuständigen DSW-Mitarbeiter.

Ansprechpartner für die Presse: Erik Bethkenhagen, Pressesprecher