DSW-Vorstandsvergütungsstudie 2024

Teilnehmer:

Marc Tüngler, DSW-Hauptgeschäftsführer

Professor Dr. Gunther Friedl, Technische Universität München, Lehrstuhl für Controlling

Christiane Hölz, DSW-Geschäftsführerin und -Vergütungsexpertin

Erik Bethkenhagen, DSW-Pressesprecher

 

Es gilt das gesprochene Wort

 

(Redner: Marc Tüngler)

 

Meine Damen und Herren,

ich darf Sie herzlich zur Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung unserer aktuellen Vorstandsvergütungsstudie 2024 begrüßen.

In diesem Jahr legen wir die Vergütungsstudie zum 25. Mal vor. Bereits im Jahr 2000 hat die DSW das erste Mal die Vorstandsgehälter deutscher Aktiengesellschaften analysiert. Die Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Controlling der TU München von Professor Friedl startete im Jahr 2007. Auch an dieser Stelle herzlichen Dank für das hervorragende Miteinander.

Bevor meine Geschäftsführungskollegin, Frau Christiane Hölz, sowie Herr Professor Gunther Friedl die konkreten Ergebnisse unserer diesjährigen Vergütungsstudie vorstellen, möchte ich einige Aspekte beleuchten, die für uns von übergeordneter Bedeutung sind, wenn wir uns die Ergebnisse genauer anschauen.

Ohne der Kollegin und dem Kollegen vorgreifen zu wollen, möchte ich gleich zu Beginn nicht versäumen anzumerken, dass wir für das Jahr 2023 vermelden müssen, dass die aus unserer Sicht zumindest symbolisch wichtige Grenze von 10 Millionen Euro Vergütung für einen einzelnen Vorstandsvorsitzenden überschritten wurde. Sicherlich ist Oliver Blume mit seinem Doppel-Mandat bei Volkswagen und Porsche AG ein „Sonderfall“. Wir als DSW sehen die 10-Millionen-Euro-Schallmauer aber durchaus und weiterhin als einen eigentlich etablierten Deckel in der gesellschaftlichen Debatte an, der auch seinen Niederschlag in vielen Vergütungssystemen der DAX-Konzerne als Maximalvergütung gefunden hat.

Stichwort „Transparenz“

Wohl in kaum einem anderen Bereich ist Transparenz so wichtig wie bei der Vergütung der Topmanager. Das hat gerade in der öffentlichen Wahrnehmung und Debatte ganz viel mit Glaubwürdigkeit und letztlich auch vermittelter Nachvollziehbarkeit zu tun. Die Transparenz der Vorstandsvergütung in den DAX-Unternehmen ist individuell betrachtet zwar weiterhin nominell auf einem guten Niveau. Alle Unternehmen legen die Vergütung auf Personenebene offen. Auch über die Bemessungsgrundlagen wird von den meisten Gesellschaften umfangreich berichtet.

Jedoch mangelt es an einer vergleichbaren Darstellung über die Gesamtheit der Unternehmen hinweg. Dies liegt vor allem an der Abschaffung der Kodex-Tabellen und gesetzlichen Änderungen, die den Unternehmen sehr viel Freiheit bei der Darstellung gewähren. Insgesamt hat sich die Transparenz aus Investorensicht im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert, ist aber de facto weiterhin deutlich schlechter als für die Geschäftsjahre vor 2021.

Im DAX haben sich die Unternehmen (selbstverständlich) an die regulatorischen Anforderungen gehalten, manche berichten zudem weiterhin (zusätzlich) unter Verwendung der Mustertabellen des Deutschen Corporate Governance Kodex 2017. Die Berichte umfassen in der Regel Angaben zu den einzelnen Vergütungsbestandteilen, zur Zielvergütung, zur Maximal- und Minimalvergütung, zur Zusammensetzung und Berechnung der einzelnen Komponenten sowie zu der gewährten und geschuldeten Vergütung. Der Detaillierungsgrad der Beschreibungen der individuellen Vergütungssysteme variiert allerdings zwischen den Unternehmen.

Was also fehlt, ist eine Standardisierung der Berichte, um einen Vergleich ohne große Mühen möglich zu machen.

Auch über die Bemessungsgrundlagen wird von den meisten Unternehmen umfangreich berichtet. So legen inzwischen alle DAX-Unternehmen die konkreten Zielwerte und die tatsächliche Zielerreichung zumindest für die wichtigsten Leistungsindikatoren im Vergütungsbericht nachträglich offen.

Das ist wichtig für Investoren, lässt sich doch nur so nachvollziehen, ob die Vergütung tatsächlich im Einklang mit der Unternehmensperformance steht.

Innerhalb der Bemessungsgrundlagen für die variable Vergütung spielt Nachhaltigkeit eine wachsende Rolle. Alle DAX-Unternehmen verwenden mindestens eines der drei sogenannten ESG-Kriterien, die Umwelt-, soziale und Governance-Aspekte beinhalten. Dies geschieht durch Kennzahlen wie beispielsweise die Reduzierung von CO2-Emissionen, das Mitarbeiterengagement oder Ziele im Bereich Compliance oder Datenschutz.

Zu bemängeln bleibt weiterhin die Transparenz hinsichtlich der individuellen Zielerreichung, da nicht bei allen DAX-Unternehmen erkennbar ist, in welchem Maße das jeweilige Vorstandsmitglied die individuellen (z.B. segmentspezifischen) Ziele erreichen konnte.

Mit den Angaben zu den Zusagen zu Versorgungsleistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich inzwischen – trotz auch hier weiterhin mangelnder Vergleichbarkeit – ein gutes Bild der tatsächlichen Zusagen. Angesichts der Komplexität der Pensionszusagen sind tabellarische Darstellungen sehr zu begrüßen, die von den meisten DAX-Unternehmen auch genutzt werden. Einige Unternehmen geben zudem die derzeitige Höhe der einzelnen Ruhegehälter der Vorstandsmitglieder bei sofortigem Eintritt des Versorgungsfalls (im Falle leistungsorientierter Pensionspläne) bzw. den derzeitigen Wert des Versorgungskontos (bei beitragsorientierten Plänen) an.

Nach wie vor liegt Intransparenz bei den Zahlungen nach Beendigung der Vorstandsaktivität vor, die in den seltensten Fällen eindeutig genannt oder nur in Fußnoten dargestellt werden. Bei einem vorzeitigen Ausscheiden erhalten die Vorstandsmitglieder häufig ihre Bezüge bzw. eine Abfindung für den Zeitraum bis zum Ende der ursprünglichen Vertragslaufzeit.

Darüber hinaus werden oft weitere Vergütungen, z.B. zur Abgeltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots vereinbart.

Die erhaltenen Zahlungen können sich über mehrere Jahre erstrecken und verzerren dadurch einen Unternehmensvergleich. Die DSW fordert daher von den Unternehmen eine deutlich erhöhte Transparenz über die Details solcher Vereinbarungen und die Aufschlüsselung in die Elemente: Abfindung, Restzahlung des Vertrags, Umfang der einzelnen Zahlungen.

Das eigentliche Problem ist und bleibt die Komplexität der Vergütungssysteme und daraus folgend die auch sicherlich nicht triviale Darstellung über sehr viele - und ich möchte unterstreichen: zu oft zu viele - Seiten in den Vergütungsberichten.

Woran liegt das?

Auf der einen Seite formulieren Investoren weltweit klare und damit auch immer konkretere Anforderung an die Vergütungssysteme. Das ist ihre Aufgabe. Müssen sie doch auf den Hauptversammlungen über die Vergütungssysteme abstimmen.

Auf der anderen Seite befinden sich die Unternehmen, die diesen Anforderungen sicherlich zunächst gerecht werden wollen, um auf der Hauptversammlung ordentliche Ergebnisse bei der Zustimmung zu den Vergütungssystemen zu erlangen.

Zugleich aber müssen diese Systeme auch zum jeweiligen Unternehmen, zu dem Geschäftsmodell sowie dem jeweiligen Risikoprofil passen.

Die Quadratur des Kreises - denn diese beiden Welten korrelieren nicht unbedingt miteinander und so werden die Vergütungssysteme durch zahlreiche Ergänzungen und Anpassungen an die teils sehr unterschiedlichen Anforderungen der Investoren - neben den gesetzlichen Vorgaben - immer komplexer und breiter.

In der Folge sehen wir stark verästelte Vergütungssysteme, deren Komplexität zwar Gerechtigkeit und Angemessenheit vermitteln sollen, tatsächlich aber weit davon entfernt sind.

Der Grund für diese Entwicklung ist auch ein massiv vorherrschendes Misstrauen in Bezug auf die Vergütungssysteme sowie gegenüber einer verantwortungsvollen Umsetzung dieser durch die Aufsichtsräte.

Investoren gewähren den Aufsichtsräten nahezu keinen Spielraum bei der Vergütung der Vorstände. Dies macht es notwendig, jegliche Eventualitäten bereits in den Vergütungssystemen vorzusehen, was die Systeme wiederum noch komplexer macht.

Am Ende ist damit das Grundproblem in die Diskussion um eine angemessene Vergütung und Incentivierung von Vorständen die fehlende Freiheit aufgrund des mangelnden Vertrauens der Investoren in die Aufsichtsgremien.

Mehr Freiheit ist also eigentlich die Lösung für weniger komplexe Vergütungssysteme, wofür es aber mehr Vertrauen der Investoren benötigt.

Dieses Vertrauen müssen sich die Vorstände und Aufsichtsräte aber erst wieder erarbeiten sowie verdienen.

Dies wiederum ist allein durch eine uneingeschränkte Transparenz möglich, was nochmals unterstreicht, wie wichtig verständliche Vergütungssysteme und insbesondere Vergütungsberichte heute sind und auf die Zukunft wirken.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Redner: Professor Dr. Gunther Friedl)

 

Jahr 2023: Herausforderungen und Rückgänge - Deutsche Wirtschaft kämpft mit schwacher Performance

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

zuallererst möchte ich Ihnen einen Überblick über das der Studie zugrundeliegende Geschäftsjahr 2023 geben. Das Jahr war für deutsche Unternehmen von anhaltenden geopolitischen Spannungen, insbesondere durch den Krieg in der Ukraine und den Auseinandersetzungen im Nahen Osten sowie makroökonomischen Herausforderungen durch hohe Inflation, restriktive Geldpolitik und der Energiekrise geprägt. Trotz dieser Herausforderungen gelang dem DAX im Jahr 2023 eine positive Entwicklung.

DAX: Schwache Umsätze, steigende Inflation – DAX trotzt den Widrigkeiten mit 20 % Wachstum

Über das Gesamtjahr 2023 kam es im Vergleich zum Vorjahr zu einer Senkung des preis- und kalenderbereinigten BIPs von  – 0,3 % bei einer Inflationsrate von im Jahresdurchschnitt +5,9 %. Dabei sank die Inflation von 8,7 % im Januar auf 3,7 % im Dezember 2023. Die EZB erhöhte den Leitzins in mehreren Schritten bis September auf insgesamt 4,5 %.

Während diese Indikatoren das abgeschlossene Jahr bereits als durchwachsen deuten lassen, sahen die Anleger auf den Kapitalmärkten die Zukunft optimistischer. Der Leitindex DAX schloss year-on-year mit einem Gewinn von +20,31 %. Die DAX-Konzerne verzeichneten 2023 eine schwache Umsatzentwicklung und einen Gewinnrückgang, ihr Umsatz legte um +1,0 % zu und ihr operativer Gewinn sank um –1,5 %.

Vorstandsvergütung: Durchschnitt steigt

Schaut man auf die Entwicklung der Vorstandsvergütung, so stellen wir zunächst einmal fest, dass die durchschnittliche Gesamtvergütung pro Vorstand inklusive Vorsitzenden im DAX im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 5,8 % gestiegen ist. Das Median-Vorstandsgehalt stieg um 10,1 % an.

Diese Steigerungen ziehen sich mehr oder minder gleichmäßig durch alle wichtigen Vergütungsbestandteile: Gegenüber 2022 ist die Fixvergütung im Durchschnitt um 5,8 % gestiegen, die kurzfristige variable Vergütung und die langfristige variable
Vergütung sind um 6,2 % bzw. 5,7 % gestiegen. Die Erhöhung der variablen Vorstandsvergütung lässt sich einerseits durch gestiegene Zielvergütungsbeträge und andererseits mit der Entwicklung ihrer Bemessungsgrundlage begründen.

Merck an der Spitze

Ein Vorstandsmitglied im DAX (inkl. Vorsitzende) verdiente somit im Jahr 2023 durchschnittlich 3,593 Mio. Euro. An der Spitze finden wir die Vorstände von Merck mit 6,655 Mio. Euro.

Die Vorstandsvorsitzenden der DAX-Unternehmen verdienten mit durchschnittlich 5,698 Mio. Euro allerdings noch einmal deutlich mehr als ihre Vorstandskollegen (durchschnittliche Gesamtvergütung pro Vorstand exkl. Vorsitzende: 3,096 Mio. Euro).

Spitzenverdiener im Jahr 2023 sind, wie erwähnt, die Vorstandsmitglieder von Merck, obwohl ihre durchschnittliche Vergütung im Vergleich zu 2022 leicht um 0,3 % auf 6,655 Mio. Euro gesunken ist.

Die Vorstände der Deutschen Bank folgen mit 6,581 Mio. Euro auf dem zweiten Rang. Sartorius zahlte mit 1,251 Mio. Euro im Jahr 2023 die geringsten Bezüge im DAX, was insbesondere darauf zurückzuführen ist, dass die Zielvergütung im Vergleich zum DAX unter dem Durchschnitt liegt und zusätzlich ein Großteil der Ziele der kurzfristigen variablen Vergütungskomponente verfehlt wurde, sodass der Auszahlungsgrad 0 % betrug.

Die stärksten relativen Anstiege bei der durchschnittlichen Gesamtvergütung verzeichneten Zalando mit +316,9 %, Adidas mit +216,6 % und Porsche AG mit +31,0 %. Dem gegenüber stehen die stärksten Abnahmen bei Fresenius mit -46,7 %, Brenntag mit -34,2 % und BASF mit -23,9 %.

Blume bricht Schallmauer

Im Jahr 2023 verdiente Oliver Blume (Volkswagen) mit einer Gesamtvergütung von 10,322 Mio. Euro im DAX am meisten.
76,2 % seiner Vergütung besteht dabei aus variablen Vergütungsbestandteilen. Aufgrund der Konzernbetrachtung enthält dieser Wert auch die Vergütung, welche durch die Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender der Porsche AG (einem Tochterunternehmen der Volkswagen AG) verdient wurde.

Es folgen Bjørn Gulden (Adidas) mit 9,181 Mio. Euro und Christian Sewing (Deutsche Bank) mit 9,001 Mio. Euro. Auf den Plätzen vier und fünf liegen Christian Klein (SAP) mit 8,809 Mio. Euro und Dr. Roland Busch (Siemens) mit 8,485 Mio. Euro.

Bei den Finanzvorständen führt James von Moltke (Deutsche Bank) das Vergütungsranking an: Er erhielt eine Gesamtvergütung in Höhe von 7,677 Mio. Euro. Es folgen Dr. Arno Antlitz (Volkswagen) mit 6,178 Mio. Euro und Prof. Dr. Ralf P. Thomas (Siemens) mit 5,328 Mio. Euro auf den Rängen zwei und drei.

40x mehr

Wie stehen die Top-Manager im Vergleich zu den „normalen“ Mitarbeitenden heute da? Die durchschnittliche Gesamtvergütung eines Vorstandsmitglieds der DAX-Unternehmen liegt im Vergleich zu den durchschnittlichen Personalaufwendungen pro Mitarbeitenden beim Faktor 40 (2022: Faktor 39).

Sie ist somit nur leicht gestiegen. Dies liegt daran, dass die Vorstandsvergütungen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind, während der durchschnittliche Personalaufwand pro Mitarbeitenden konstant geblieben ist.

Mit Blick auf die Struktur der Vorstandsvergütung finden wir im Jahr 2023 folgendes Bild: Mit 31,7 % wurde ein knappes Drittel als Fixvergütung gezahlt; 25,5 % beliefen sich auf die kurzfristige variable Vergütung und 42,9 % auf die langfristige variable Vergütung.

Deutschland liegt international nicht an der Spitze

Blicken wir über unsere Landesgrenzen hinaus, können wir – erneut – feststellen, dass die deutschen Top-Manager mit ihrer Vergütung intenational nicht an der Spitze liegen. Sie liegen mit einer durchschnittlichen Gesamtvergütung von 5,698 Mio. Euro deutlich unterhalb der im französischen CAC40 geleisteten Vergütung (6,860 Mio. Euro) und der in der Schweiz von den SMI-Unternehmen gewährten Vergütung (7,581 Mio. Euro). Auch die im EuroStoxx 50 ohne Einbeziehung der deutschen Unternehmen (ex-DE) gezahlte Durchschnittsvergütung von 6,879 Mio. Euro liegt klar über dem Gehaltsniveau im DAX. Nochmals signifikant höhere Bezüge als die europäischen CEOs erhalten auch in 2023 die CEOs in den USA (24,175 Mio. Euro).

Männer haben mehr – Internationale Manager etwas weniger

Natürlich haben wir auch in diesem Jahr die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen in den DAX-Vorständen ausgewertet. Dabei zeigt sich, dass männliche Vorstände mit durchschnittlich 3,828 Mio. Euro (inkl. Vorsitzende) 22,6 % mehr als ihre weiblichen Kollegen verdienen, die auf 3,123 Mio. Euro (inkl. Vorsitzende) kommen. Dieser Unterschied lässt sich unter anderem auf eine Diskrepanz zwischen Männern und Frauen in der Besetzung der Funktion des bzw. der Vorstandsvorsitzenden zurückführen. Betrachtet man die Vergütung exklusive Vorsitzenden, so ist der prozentuale Unterschied geringer wenngleich immer noch erheblich: Hier verdienen Männer mit durchschnittlich 3,402 Mio. Euro 12,1 % mehr als Frauen mit durchschnittlich 3,034 Mio. Euro.

Aufschlussreich sind auch die Ergebnisse im Hinblick auf die Nationalität. Nicht-deutsche Vorstandsmitglieder verdienen mit durchschnittlich 3,579 Mio. Euro (inkl. Vorsitzende) etwas weniger als deren deutsche Kollegen, welche auf 3,708 Mio. Euro (inkl. Vorsitzende) kommen.

Jahr 2023: Herausforderndes Marktumfeld -> zunehmende Vergütung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die internationalen Unternehmen des DAX im Geschäftsjahr 2023 signifikante Herausforderungen zu bewältigen hatten. Trotz durchschnittlich niedrigem Umsatzwachstum und einem leichten Rückgang beim Gewinn entwickelte sich der Aktienindex stark positiv. Schlussendlich erhöhte sich auch die Vergütung der Vorstandsmitglieder im Vergleich zum Vorjahr.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

 

(Rednerin: Christiane Hölz)

 

Vielen Dank Herr Professor Friedl,

meine Damen und Herren,

Herr Tüngler hat ja bereits darauf hingewiesen, dass die Transparenz bei der Darstellung der Vorstandsvergütung in Deutschland in den letzten Jahren leider nicht zugenommen, sondern eher gelitten hat. Hauptgrund hierfür ist die Abschaffung der sog. Kodex-Tabellen, also der Tabellen, die von der Deutschen Corporate Governance Kommission eingeführt worden waren. In anderen Ländern sieht dies ganz anders aus. So müssen US-amerikanische Unternehmen beispielsweise anhand von standardisierten Tabellen des Regulators SEC die Vergütung ihrer Boardmitglieder offenlegen. Viel Spielraum für Auslegungen bleibt den Unternehmen hier nicht. Ähnlich sieht es in Frankreich aus, wo es zwar keine regulatorischen Vorgaben gibt, aber standardisierte Tabellen des dortigen Corporate Governance Kodex, die von den CAC40-Unternehmen angewandt werden.

Die deutsche Kodex-Kommission hat seinerzeit in vorauseilendem Gehorsam die etablierten Tabellen zur Darstellung der Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung mit Blick auf zu erwartende Tabellen aus Brüssel abgeschafft. Meines Erachtens ist es an der Zeit, diese wieder einzuführen, um die Transparenz für die Investoren zu erhöhen.

Meine Damen und Herren,

ich möchte nun eine internationale Einordnung der in Deutschland geleisteten Vorstandsvergütung geben. Darüber hinaus möchte ich beleuchten, welchen Einfluss Nachhaltigkeits-Parameter auf die Vergütung in der Chefetage tatsächlich haben.

Internationaler Vergleich

Wo steht Deutschland, wo stehen die DAX-Vorstände mit ihrer Vergütung im internationalen Vergleich?

Untersucht wurden in der Studie jeweils die Bezüge der Vorstandsvorsitzenden (CEOs) der Unternehmen in den Leitindizes Dow Jones Industrial Average (USA), CAC40 (Frankreich) und SMI (Schweiz) sowie die Bezüge der Vorstandsvorsitzenden der EuroStoxx 50-Unternehmen. Analysiert wurden – vergleichbar zu der DAX-Analyse – das Grundgehalt inkl. Nebenleistungen sowie die kurzfristige und die langfristige variable Vergütung. Pensions- und sonstige Vorsorgeleistungen haben wir in unserem internationalen Vergleich unberücksichtigt gelassen.

Deutschland im Vergleich mit geringsten Vergütungen

Die Vorstandsvorsitzenden der DAX-Unternehmen erhalten im Jahr 2023 mit einer durchschnittlichen Gesamtvergütung von 5,698 Mio. Euro im internationalen Vergleich erneut eine unterhalb aller anderen untersuchten Indizes angesiedelte Vergütung. Die durchschnittlich im SMI gewährte Vergütung liegt 2023 bei 7,581 Mio. Euro, im EuroStoxx 50 bei 6,981 Mio. Euro, im EuroStoxx 50 (ex-DE) bei 6,879 Mio. Euro und im CAC40 bei 6,860 Mio. Euro.

Nochmals signifikant höhere Bezüge als die europäischen CEOs erhalten auch in 2023 die CEOs der im US-Index DJIA notierten Unternehmen in den USA mit 24,175 Mio. Euro.

Dabei entwickelten sich die Vergütungen in den verschiedenen Indizes uneinheitlich. Während die Vergütung der Vorstandsvorsitzenden der in DJIA (minus 0,9 %) und EuroStoxx 50 (ex-DE) (minus 13,7 %) gelisteten Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr rückläufig war, stieg sie bei den im Schweizer SMI gelisteten Unternehmen (plus 6,6 %) sowie im CAC40 (plus 7,2 %) und im DAX an. Der Anstieg im DAX war mit 9,9 % dabei am deutlichsten und verringerte damit auch den Rückgang im EuroStoxx 50, bezieht man die dort enthaltenen deutschen Unternehmen ein, deutlich (minus 7,2 %).

Bei der Bewertung ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Rückgang im EuroStoxx 50 von der deutlich geringeren Vergütung des CEOs von Anheuser-Busch InBev beeinflusst ist. Die Vergütung von Michel Doukeris betrug 2023 rund 16,1 Mio. Euro nach 51,3 Mio. Euro in 2022 (minus 68,7 %).

Langfristig nicht so wichtig?

Während in den USA in 2023 nahezu drei Viertel der Gesamtvergütung in langfristiger Form gewährt wurden (73,9 %), machte diese Vergütungskomponente in den anderen Indizes in etwa die Hälfte der Gesamtvergütung (zwischen 43,4 % (EuroStoxx 50) und 54,3 % (SMI)) aus. Die Festvergütung beträgt in den USA dagegen nur 9,0 % der Gesamtvergütung, in den übrigen von uns untersuchten Indizes liegt sie zwischen
20,7 % (CAC40) und 29,3 % (DAX). Um auch die deutschen Vorstände stärker an eine nachhaltige Unternehmensentwicklung zu binden, wäre aus unserer Sicht eine Erhöhung des langfristigen Anteils der Vergütung wünschenswert.

Software ganz vorn

Die höchste Gesamtvergütung in Europa über die von uns untersuchten Indizes hinweg erhielt mit 46,724 Mio. Euro der Vorstandsvorsitzende des im CAC40 gelisteten Softwareentwicklers Dassault Systèmes, Bernard Charlès. Seine Vergütung bestand zu 94 % aus langfristigen Vergütungselementen, dem höchsten relativen Wert in den europäischen Indizes. Dassault Systèmes möchte seinen Vorstandsvorsitzenden unternehmerisch und vergleichbar einem Gründer binden und damit sein langjähriges berufliches Wirken für das Unternehmen anerkennen. Aus diesem Grund erhält Bernard Charlès seit 2005 jährlich 1,5 Mio. Performance Shares zugeteilt, deren Wert zum Zuteilungszeitpunkt 2023 (29,21 Euro/Aktie) im Vergleich zum Vorjahr (19,91 Euro/Aktie) deutlich angestiegen ist, was den Zuwachs seiner Gesamtvergütung um 41,9 % erklärt. Allerdings sind auch der TSR von Dassault Systèmes (+32,7 %) und das EPS (+12,7 %) gestiegen.

Auf Position zwei des europäischen Rankings liegt mit deutlichem Abstand Carlos Tavares, CEO von Stellantis. Ihm wurde 2023 eine Vergütung von 17,796 Mio. Euro gewährt. Michel Doukeris, CEO der belgischen Brauereigruppe Anheuser-Busch InBev, erhielt eine Gesamtvergütung von 16,064 Mio. Euro und liegt damit auf Platz drei unserer Rangliste. Der am höchsten vergütete Vorstandsvorsitzende im DAX, Oliver Blume (Volkswagen), findet sich mit einer Vergütung von 10,322 Mio. Euro im europäischen Vergleich aller untersuchten Indexunternehmen lediglich auf Platz zwölf wieder. [Die Vergütung von Oliver Blume enthält auch die Vergütung, welche ihm für seine Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender der Porsche AG gewährt wurde, da wir im Rahmen der Studie eine Konzernbetrachtung vornehmen.]

Die geringste Vergütung unter den europäischen Top-Lenkern erhielten 2023 die Co-CEOs Pieter van der Does und Ingo Uytdehaage von Adyen. Ihre ausschließlich fixe Vergütung betrug jeweils 0,725 Mio. Euro (plus 8,0 %). Das Unternehmen gewährt derzeit keine variable Vergütung an seine Co-Vorstandsvorsitzenden.

Die höchste Gesamtvergütung im DJIA und auch die mit Abstand höchste Vergütung eines CEOs/Vorstandsvorsitzenden in allen von uns untersuchten Indizes erhielt mit 58,385 Mio. Euro bzw. 63,187 Mio. USD erneut Tim Cook von Apple, obwohl seine Vergütung im Vergleich zu 2022 um 41,3 % rückläufig war. Auf Rang zwei folgt mit deutlichem Abstand Satya Nadella, Chairman und CEO von Microsoft, mit einer Gesamtvergütung von 44,815 Mio. Euro (minus 18,4 %) bzw. 48,501 Mio. USD.

Der Chairman und CEO von Salesforce, Marc Benioff, erhielt für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Vergütung von 36,625 Mio. Euro (plus 29,3 %) bzw. 39,637 Mio. USD, gefolgt von American Express-Chairman und CEO Stephen J. Squeri mit einer Vergütung von 32,678 Mio. Euro (minus 31,6 %) bzw. 35,366 Mio. USD. JPMorgan Chase & Co-Chairman und CEO James Dimon, dem eine Vergütung von 32,385 Mio. Euro (minus 7,0 %) bzw. 35,049 Mio. USD für 2023 gewährt wurde, landet 2023 auf Rang fünf unseres Rankings.

Nur ein CEO im DJIA erhielt weniger als 10 Mio. Euro: Die variablen Vergütungsbestandteile von Amazon-Chef Andrew R. Jassy entfielen für 2023 komplett, sodass er lediglich feste Vergütungskomponenten in Höhe von 1,255 Mio. Euro bzw. 1,357 Mio. USD erhielt.

Im CAC40 überstieg die Vergütung der CEOs von fünf Unternehmen den Betrag von 10 Mio. Euro (Dassault Systèmes, Stellantis, Teleperformance, L’Oréal und Sanofi), im SMI waren es die Vergütungen von vier CEOs (UBS, Novartis, Alcon und Nestlé) und im EuroStoxx 50 die von sechs CEOs (Stellantis, Anheuser-Busch InBev, L’Oréal, Sanofi und Volkswagen).

Diese Daten deuten darauf hin, dass die Vergütungsstrukturen in Deutschland insgesamt moderater als in anderen Ländern sind und sich die 10-Millionen-Euro-Schallmauer als gesellschaftliche Grenze etabliert hat.

Aus Sicht der DSW ist es entscheidend, dass ein Gleichgewicht zwischen angemessener Vergütung, gesellschaftlichen Erwartungen und langfristiger Unternehmensführung gefunden wird.

Erneut wurde in der Studie daher darüber hinaus auch die Vertikalität der Vergütung der Vorstandsvorsitzenden, der im DJIA gelisteten Unternehmen untersucht. Diese sind verpflichtet, die sogenannte CEO Pay Ratio offenzulegen. Zwar ist auch in Europa die Vergütung der Vorstände im Verhältnis zu den Arbeitnehmenden offenzulegen, hier hat sich bisher aber kein europaweit einheitlicher Standard herausgebildet, sodass ein Vergleich nicht zielführend wäre. Auch ist eine Vergleichbarkeit der Daten aus den USA mit den Werten für die Vorstandsmitglieder der DAX-Unternehmen nicht gegeben, da wir in dieser die durchschnittliche Gesamtvergütung des Vorstands insgesamt und nicht die des Vorstandsvorsitzenden betrachten. Dennoch geben die Werte einen Anhaltspunkt dafür, dass die Vertikalität in den USA deutlich über der in Deutschland (40) liegt. Diese beträgt im DJIA durchschnittlich 416 und rangiert zwischen 1.799 (Coca-Cola) und 37 (Amazon).

ESG rules… jedenfalls ein bisschen

Das Thema Nachhaltigkeit hat in den vergangenen Jahren stetig an Relevanz gewonnen und spielt inzwischen auch in der Vorstandsvergütung eine bedeutende Rolle.

Dabei wird Nachhaltigkeit über die sogenannten ESG-Kriterien, die sich aus Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) zusammensetzen, integriert. Im Geschäftsjahr 2023 hatten erstmalig alle 40 DAX-Unternehmen mindestens ein ESG-Ziel in der Vorstandsvergütung verankert (2022: 98 %).

Dieser Trend wurde sowohl durch den Druck von Investoren als auch durch regulatorische Anforderungen zur nachhaltigen und langfristigen Ausrichtung der Vorstandsvergütung vorangetrieben. Hierbei haben die Unternehmen unterschiedliche Ansätze gewählt, um Nachhaltigkeitsaspekte in der kurzfristigen variablen Vergütung (STI) und/oder der langfristigen variablen Vergütung (LTI) zu berücksichtigen. So können die ESG-Kriterien einen genauen Prozentanteil des STI/LTI ausmachen oder als Multiplikator bzw. als Zu-/Abschlag auftreten. Allein dies macht eine Analyse bereits anspruchsvoll.

Im Rahmen dieser Studie wurde auf Basis einer Untersuchung der Vergütungsberichte die Integration von ESG-Kriterien in die im Geschäftsjahr 2023 für die Vorstandsmitglieder der DAX-Unternehmen geltenden Vergütungssysteme beleuchtet.

Umwelt und Soziales gehen vor

16 Unternehmen bilden alle drei ESG-Komponenten in der Vergütung ab, die Kriterien „Umwelt“ und „Soziales“ spielen allerdings eine deutlich größere Rolle als „Unternehmensführung“. So integrierten jeweils 37 von 40 Unternehmen Umwelt- bzw. soziale Kriterien, Unternehmensführungs-Aspekte wurden lediglich von 17 Unternehmen aufgenommen.

Es fällt auf, dass ESG-Kriterien, werden sie als Performancekennziffer integriert, im LTI im Durchschnitt mit einem höheren prozentualen Anteil (26 %) als im STI (19 %) berücksichtigt werden. Treten Nachhaltigkeitsziele als Multiplikator auf, beträgt der Durchschnitt sogar 57 % (STI) bzw. 81 % (LTI).

Das indiziert, dass langfristige ESG-Ziele aufgrund einer höheren prozentualen Gewichtung bei der Vergütung der Vorstände eine größere Bedeutung im Vergleich zu kurzfristigen ESG-Zielen einnehmen. Das ist nachvollziehbar, soll doch eine langfristige nachhaltige Unternehmensentwicklung incentiviert werden.

Umweltkriterien werden nur von 18 DAX-Unternehmen in der kurzfristigen variablen Vergüung verankert, in der langfristigen variablen Vergütung berücksichtigen diese hingegen 31 Unternehmen.

Bei den sozialen Kriterien ist es umgekehrt. Diese werden häufiger im STI (27 Unternehmen) als im LTI (22 Unternehmen) berücksichtigt. Diese unterschiedliche Einordnung ist nachvollziehbar, erfordern Umweltziele, wie die Verbesserung der Energieeffizienz langfristige Planungen und Investitionen, während Verbesserungen der Mitarbeiterzufriedenheit oder der Arbeitssicherheit schneller umgesetzt werden können. Governance-Kriterien werden im Übrigen sogar dreimal so häufig im STI (15) im Vergleich zum LTI (5) einbezogen.

Es gibt neun Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitskriterien ausschließlich in der kurzfristigen variablen Vergütung verankert haben und fünf Unternehmen, die diese nur in der langfristigen variablen Vergütung berücksichtigen.

Der größte Anteil der DAX-Unternehmen (26 Unternehmen) integriert ESG-Ziele allerdings sowohl in STI und LTI. Aus Sicht der DSW sollten ESG-Ziele idealerweise sowohl in die kurzfristige als auch in die langfristige variable Vergütung von Vorständen integriert werden, mit einem Schwerpunkt auf der langfristigen Vergütung. Dies stellt sicher, dass Führungskräfte sowohl kurzfristige als auch langfristige ESG-Ziele verfolgen und so eine nachhaltige Wertsteigerung und positive gesellschaftliche Auswirkungen gefördert werden.

CO2-Reduktion und zufriedene Mitarbeitende wichtig

Innerhalb von Umwelt-Zielen ist das häufigste Merkmal die Reduktion von Emissionen, meist CO2. Bei den sozialen Aspekten sind die am meisten vertretenen Ziele die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und/oder der Kunden sowie eine Stärkung der Diversität, z.B. des Frauenanteils in Führungspositionen.

Beim ESG-Unterpunkt Unternehmensführung sind häufig genannte Kriterien die Nachfolgeplanung oder Compliance-Ziele. Einige Unternehmen integrierten auch allgemeine ESG-Ziele, die nicht klar E, S oder G zuzuordnen sind, wie zum Beispiel das Abschneiden in bestimmten ESG-Rankings. Neben diesen eher generellen Kriterien gibt es auch unternehmens- bzw. branchenspezifische Themen, wie die Anzahl abgesetzter eTrucks und eBuses (Daimler Truck) oder den durchschnittlichen Primärenergiebedarf der Neubauten (Vonovia).

Während standardisierte ESG-Kriterien eine gute Grundlage für Vergleichbarkeit schaffen, können branchen- oder unternehmensspezifische Nachhaltigkeitsziele direkt auf die wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte des Unternehmens zugeschnitten werden. Die DSW befürwortet daher eine Kombination von standardisierten und branchen- bzw. unternehmensspezifischen ESG-Kriterien in der Vorstandsvergütung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Tabellen DSW-Vorstandsvergütungsstudie 2024